Todesfahrt: Thriller (German Edition)
diesem Schiff hier ihren Willen aufzwingen?«, fragte sie daher.
Ihr Stellvertreter schüttelte den Kopf. »Nein! Nachdem wir erfahren haben, was mit der Lady of the Sea passiert ist, haben wir die Antriebsaggregate und sämtliche Generatoren bis auf einen zerstört. Den letzten brauchen wir jedoch für die Suchscheinwerfer.« Abt al Latifs Gesicht nahm einen ängstlichen Ausdruck an, denn unter den vernichteten Maschinen waren auch jene Geräte gewesen, die den Strom für die Ladekräne des Schiffes erzeugt hatten, und ohne die war es ihnen nicht möglich, die Container von Bord zu schaffen. Daher würde ihnen nichts anderes übrigbleiben, als diese aufzuschneiden und den Inhalt stückweise an Land zu bringen. Ein paar Container waren auf seinen Befehl bereits geöffnet worden, um mit den darin enthaltenen Waffen und der Munition die Abwehr zu verstärken.
Zu seiner Erleichterung dachte Sultana Sayyida nicht über die defekten Generatoren nach, sondern musterte ihre Krieger mit einem zufriedenen Blick. Sie hatte über fünfhundert Mann auf dem Schiff und darum herum zusammengezogen. Außerdem befanden sich mehr als zweihundert Frauen und Kinder an Bord, die den Bewaffneten als menschliche Schutzschilde dienen würden.
»Der Feind kann kommen«, sagte sie. »Wir werden diese Ungläubigen in die tiefste Dschehenna schicken.«
»Das werden wir!«, versprach ihr Stellvertreter inbrünstig.
Genau wie seiner Herrin war Abt al Latif klar, dass sich in dieser Nacht etliche Ferngläser auf dieses Schiff richten würden. Sogar Diya Baqi Majid, ihr unzuverlässiger Verbündeter, war nach Laasqoray gekommen, um mit eigenen Augen zu sehen, wie Sayyida und ihre Dulbahante-Miliz sich gegen die deutschen Soldaten behaupten würden.
SIEBEN
U
m siebzehn Uhr konnte Henriette die elektrische Anlage der MIG testen. Sofort brannten ein paar Sicherungen durch, und der Geruch verschmorter Kabel stieg ihr in die Nase. Mit einem nicht gerade druckreifen Kommentar schaltete sie alles wieder ab und machte sich auf die Fehlersuche.
»Petra, ich brauche unbedingt einen Schaltplan für das Cockpit«, rief sie ihrer Kollegin zu. »Außerdem müssen die kaputten Sicherungen überbrückt werden. Wir haben keinen Ersatz.«
»Das mache ich schon«, erklärte Hans und half ihr, die Abdeckung der Cockpitanzeigen abzuschrauben.
»Uns bleibt nicht mehr viel Zeit!« Henriette fauchte wie eine gereizte Katze, doch da legte Hans ihr den künstlichen Arm auf die Schulter.
»Du darfst dich nicht selbst unter Druck setzen. Wenn es klappt, klappt es, und wenn nicht, haben wir wenigstens alles versucht, was in unserer Macht stand.«
»Hier ist der Plan.« Petra reichte ihnen mehrere Blätter Papier hoch.
»Danke!« Henriette nahm diese entgegen und verfolgte die Drähte und ihre Anschlüsse.
»Ah, hier ist ein Fehler! Da hat vor Jahren ein Mechaniker zwei Drähte miteinander verwechselt.« Erleichtert, weil sie die Quelle für die Kurzschlüsse so rasch entdeckt hatte, tauschte Henriette die Drähte aus und wollte die Abdeckung wieder befestigen.
»Prüfe lieber auch die anderen Leitungen«, riet Hans ihr. »Wenn es noch einen Fehler gibt, musst du die Platte wieder abschrauben und verlierst Zeit.«
Henriette nickte ihm dankbar zu und suchte weiter. Tatsächlich fand sie eine weitere Stelle, an der ein schlecht ausgebildeter oder uninteressierter Techniker mehrere Drähte falsch angeschlossen hatte.
»Bei der Bundeswehr würde so einer wegen Sabotage vor Gericht gestellt«, erklärte sie kopfschüttelnd.
»Wir sind hier aber nicht bei der Bundeswehr, sondern in einem Land, das es laut UNO-Satzung gar nicht gibt und das keine eigene Luftwaffe hat. Die Mechaniker hier können einen defekten Lastwagen, der bei uns längst in der Schrottpresse gelandet wäre, zum Fahren bringen und sind auch sonst nicht auf den Kopf gefallen. Doch um ein Flugzeug wie das hier zu reparieren, braucht man eine Ausbildung, die in diesem Land keiner hat.« Hans wollte Henriette, die vor Nervosität immer mehr durchzudrehen schien, beruhigen, wurde aber von ihr angeraunzt.
»Wir haben ja auch keine Ausbildung für diesen uralten Kasten!«
»Du bist Pilotin und hast ein technisches Studium absolviert, Petra hat ein Diplom in Maschinenbau, und ich bin ausgebildeter Elektroniker und Mechaniker. Allein würde es wahrscheinlich keiner von uns schaffen, aber gemeinsam …« Hans ignorierte das beleidigte Schnauben Petras, die sich und ihre Talente nicht richtig
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