Todesfahrt: Thriller (German Edition)
Biergeschmack dazu. Allerdings müssen wir sparsam damit umgehen. Ich möchte morgen nicht noch einmal zum Brunnen gehen. Irgendjemandem könnte ich doch auffallen.« Bei den letzten Worten reichte Omar Schmitt Torsten die noch halbvolle Plastikflasche.
Obwohl dieser durstig war, musste er sich zwingen, die von der Hitze des Tages warme Brühe hinunterzuwürgen. Immer noch durstig, gab er die Flasche zurück. »Ich hoffe, mein nächster Einsatzort ist in Grönland. Dort ist es wenigstens nicht so heiß!«
»Wenn Sie es kalt haben wollen, müssen Sie nur noch ein wenig Geduld haben. Spätestens um Mitternacht werden Ihnen die Zähne klappern«, spottete Omar, obwohl er und Torsten bereits eine Nacht in der Steppe verbracht hatten und er selbst stärker gefroren hatte als sein Begleiter.
Torsten erhob sich, um die Umgebung ihres Lagerplatzes noch einmal mit dem Fernglas nach potenziellen Gefährdungen abzusuchen. Doch um sie herum regte sich nichts.
Da Schmitt die erste Wache halten sollte, setzte er sich auf und nickte seinem Begleiter zu. Torsten wickelte sich in seine Decke und legte sich hin. Doch er war noch zu angespannt, um schlafen zu können, daher gesellte er sich nach einer Weile zu dem Halbsomali.
Eine Zeit lang sagte keiner von ihnen ein Wort. Dann zeigte Omar zu den Sternen empor. »Sie haben recht, Renk. Es ist eine wunderschöne Nacht. Wenn ich mir das da oben ansehe, kann ich auch nicht begreifen, dass es so viel Neid und Missgunst auf der Welt gibt.«
Er holte tief Luft. »Ich bin vor drei Jahren von Deutschland weggegangen, weil ich das Gefühl hatte, nicht dorthin zu gehören. Doch in diesem Land, in dem ich wegen meiner Hautfarbe wirklich nicht auffalle, geht es mir nicht anders. Mein Vater hat sich zeit seines Lebens als Somali gefühlt, und auch ich bin mit der Überzeugung aufgewachsen, hierherzugehören. Aber als ich hier ankam, machte man mir schnell klar, dass ich vor allem der Sohn eines Mannes vom Stamm der Isaaq bin. Für Sie dürfte es schwer verständlich sein, wie es in Somalia aussieht.«
»Ich weiß es zumindest ungefähr.«
»Wirklich? Es ist, als würde Deutschland zunächst in seine sämtlichen Bundesländer zerbrechen und diese gegeneinander Krieg führen. Dann würden sich in Nordrhein-Westfalen die Westfalen vom Rheinland trennen. Im Süden des Rheinlands würden die Kölner ihre eigene Republik ausrufen, um von Düsseldorf unabhängig zu werden. Das wiederum würde die Aachener dazu bringen, sich von Köln loszusagen, und weil dies den Bewohnern des Kreises Heinsberg nicht passt, würden diese ihre eigene Selfkant-Republik gründen. Können Sie sich das vorstellen, Renk?«
»Ehrlich gesagt: nein!«
»Ich habe es mir auch nicht vorstellen können. Aber es ist so. Somalia zerfällt an seinen Stammesgrenzen, und einige der Stämme teilen sich in Unterstämme auf, die einander ebenfalls bekriegen. Auch in Somaliland haben wir etliche Probleme dieser Art. Im Osten des von uns beanspruchten Gebiets leben Teile der Warsangeli- und Dulbahante-Daroud, die wiederum mit den Majerten-Daroud von Puntland verwandt sind. Puntland will daher deren Gebiete für sich gewinnen. Doch die beiden Teilstämme haben in den Grenzgebieten ihre eigenen Republiken ausgerufen und kämpfen sowohl gegen die Majerten wie auch gegen uns Isaaq. Gerade das macht es uns so schwer, zu erkennen, wer derzeit unser Grenzland verheert.
Dazu leben in unserer westlichsten Provinz Leute vom Stamm der Dir-Somalis. Von diesen fordern viele ihre Unabhängigkeit und wiederum andere den Anschluss ihres Gebiets an Djibouti, das von den dort lebenden Dir-Somalis beherrscht wird. Ich frage mich wirklich, weshalb die Welt so verrückt ist.«
»Das glaube ich Ihnen. Ich hoffe sehr, dass die Menschen hier irgendwann zur Vernunft kommen und begreifen, dass Krieg und Feindschaft nichts bringen.«
»Sie sind wirklich ein Idealist, Renk.« Omar Schmitt lachte freudlos auf und winkte dann ab. »Wahrscheinlich müssen Sie das sein, um Ihren Job machen zu können. Auch ich habe die Hoffnung noch nicht verloren, in meinem etwas bewegen zu können. Aber jetzt sollten Sie sich hinlegen. Immerhin bekommen wir beide heute Nacht ohnehin nur den halben Schlaf!«
ZWÖLF
D
i etrich von Tarow hatte gehofft, in Djibouti mehr über ihren Einsatz zu erfahren. Doch kaum war die A400 gelandet, wurde er mitsamt seinen Männern und der Ausrüstung zum Hafen gefahren, in dem die Fregatte Sachsen bereits auf sie wartete. An Bord des
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