Todesfahrt: Thriller (German Edition)
Frau Waitl? Dann werde ich später darüber lachen. Sie wissen genauso gut wie wir, dass wir bislang nur die notwendigste Ausrüstung im Haus haben – und dazu gehört nach Ansicht der Planer nicht einmal ein Getränkeautomat.«
»Die Versorgung mit Flüssigkeit und Kalorien ist für mein Gehirn lebensnotwendig!«, antwortete Petra Waitl. »Daher haben Henriette und ich die Initiative ergriffen und einen gebrauchten Kühlschrank und eine Espressomaschine besorgt. Bis die Küche eingerichtet werden soll, dauert es nämlich noch zwei Wochen.«
»Eigentlich hätte ich ja erwartet, Sie mit Ihren Fähigkeiten manipulieren die Computer des Küchenausstatters so, dass er diese Arbeit vorzieht«, konterte Wagner und freute sich, weil es ihm gelungen war, wenigstens bei ihr das letzte Wort zu behalten.
Petra drehte sich abwinkend um und ging vor den anderen in den Vortragsraum hinüber, während Henriette in der improvisierten Küche verschwand und mit mehreren Dosen Cola und einigen Tüten zurückkehrte.
»Wie Sie sehen, sind wir recht gut ausgestattet, Herr Wagner«, sagte sie spöttisch und reichte Cola und Erdnüsse an Torsten sowie an Hans Borchart weiter. Petra erhielt zu ihrer Cola einen großen Beutel Popcorn, und die letzte Dose behielt Henriette für sich.
»Und was ist mit mir?«, beschwerte Wagner sich.
»Tut mir leid, aber als ich Sie vorgestern fragte, ob Sie unserer Versorgungsgemeinschaft beitreten wollen, haben Sie gemeint, Sie hätten keine Zeit für einen solchen Unsinn«, gab Petra zuckersüß zurück.
»Ich dachte, Sie hätten Lottogemeinschaft gesagt«, knurrte Wagner verärgert. Ihr neues Hauptquartier befand sich am Rand eines Industriegebiets in einem der nordöstlichen Vororte Münchens. Von ihren Büros aus konnten sie den Flughafen Franz Josef Strauß mit dem Auto in wenigen Minuten erreichen. Eine Bäckerei aber war erst in mehr als zweitausend Metern Fußmarsch zu finden, und ein brauchbarer Supermarkt versteckte sich in vierfacher Entfernung hinter ausgedehnten Wohnvierteln, in denen man nur Tempo 30 fahren durfte.
»Ich werde mir eine Pizza samt Cola vom Pizzaservice bringen lassen!« Wagner versuchte, Souveränität zu zeigen, und brachte die beiden Frauen damit zum Kichern.
»Was ist jetzt schon wieder los?«
»Der nächste Pizzadienst fährt dieses Kaff erst ab einer Bestellmenge von fünfundzwanzig Euro an. Ob eine Pizza und eine Cola da reichen?«, antwortete Henriette vergnügt. Auch wenn es nur eine kindische Revanche dafür war, von Wagner für diesen Einsatz nicht mit ausgewählt worden zu sein, machte es ihr Spaß, ihren Vorgesetzten zu veralbern.
»Hier! Ich will ja nicht so sein.« Hans Borchart reichte Wagner seine Coladose und verschwand in Richtung Vorratsraum, um sich eine neue zu holen.
»Vergiss aber nicht, deinen Strich zu machen!«, rief Petra ihm nach und schaltete ihren Computer an.
»Also, Leute«, begann sie, »wie Major – oder, besser gesagt, Herr Wagner! – vorhin schon sagte, habe ich einen kleinen Vortrag über die Verhältnisse am Horn von Afrika und speziell über Somalia zusammengestellt. Hier seht ihr die Karte des Landes nach seiner Unabhängigkeit im Jahr 1960. Das, was wir Somalia nennen, ist damals durch den Zusammenschluss der Kolonien Britisch-Somaliland im Norden und Italienisch-Somaliland im Süden entstanden.
Dem neuen Staat gehören jedoch nicht alle Somalis an. Deren Siedlungsraum war durch willkürliche koloniale Grenzziehungen so geteilt worden, dass der Issa-Teilstamm der Dir-Somalis in Djibouti lebt, andere Teile des Dir-Stamms sowie der Isaaq, der Daroud und der Hawije in Äthiopien und weitere Daroud in Kenia.«
Petra projizierte die Umrisse der Länder mit den Siedlungsgebieten der somalischen Stämme auf eine Leinwand und stärkte sich mit einer Handvoll Popcorn, bevor sie ihren Vortrag fortsetzte.
»Die Aufteilung der Somalis in mehrere Staaten ist seither ein Unruhefaktor und hat 1977 zu einem offenen Krieg zwischen Somalia und Äthiopien um die von Somalis bewohnte Provinz Ogaden geführt. Auch an Djibouti, damals noch Französisch-Somalia, und Kenia wurden Forderungen erhoben, die von Aufständischen – oder nach anderer Sichtweise von Freiheitskämpfern – in den vom Hauptteil des Siedlungsgebietes abgetrennten Teilen unterstützt worden sind.
Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass in der Geschichte des Volksstammes der Somalis auch vorher kein Reich existiert hat, welches alle Teile dieses Volkes umfasste. Es
Weitere Kostenlose Bücher