Todesfee
Gesetze und haben wir eine gute Regierung?«
Fidelma lachte leise.
»War es nicht Aristoteles, der gesagt hat, dass gute Gesetze, an die sich niemand hält, noch lange keine gute Regierung ausmachen?«
Laisran ließ sich von dem Humor seiner jungen Base anstecken.
»Ich hätte mir denken können, dass du als Anwältin so antwortest«, neckte er sie. »Aber im Ernst, hat dir der Aenach von Carman gefallen?«
Sie bejahte das, fügte jedoch hinzu: »Obwohl ich mich oft gefragt habe, warum er so genannt wird. War Carman nicht eine böse Frau, die mit ihren drei Söhnen alle Ernten in Éireann vernichtete, bis die Kinder der Danu sie besiegten und außer Landes trieben? Wie ist es da möglich, dass das Volk von Laighin ihr zu Ehren sein wichtigstes Fest nach ihr benennt?«
Laisrans Augen funkelten belustigt.
»Nun, wenn ich dir das erzähle …«
»Abt Laisran!«
Ein Mann kam auf sie zugerannt. Der Abt verstummte sofort. Der Mann war gut gekleidet und trug eine Amtskette.
»Lígach, der Stammesfürst der Laisig«, erklärte Laisran Fidelma rasch im Flüsterton. »Die Laisig sind von alters her die Organisatoren und Ordner des Jahrmarktes.«
Der Mann kam etwas atemlos vor dem Abt zum Stehen. Er wirkte verstört.
»Abt Laisran …« Er schnappte nach Luft.
»Beruhige dich, Lígach. Komm erst einmal zu Atem, und dann erzähle uns in Ruhe, was los ist.«
Der Stammesfürst atmete mehrmals tief durch.
|326| »Wir benötigen deine Dienste. Ruisín ist tot. Ich habe nach einem Apotheker geschickt, aber wir können auf dem Gelände keinen finden. Ich weiß, dass du einige medizinische Kenntnisse besitzt, ehrwürdiger Abt.«
»Ruisín ist tot? Wie ist das denn passiert?«
»Ruisín?«, mischte sich Fidelma ein, deren Interesse durch Laisrans Besorgnis geweckt worden war. »Wer ist das?«
»Er ist … Er war«, korrigierte sich Laisran, »der Krieger der Osraige, der in den Wettkämpfen gesiegt hatte.« Er wandte sich wieder an Lígach. »Was ist geschehen? Ein Unfall?«
Lígach schüttelte den Kopf.
»Wir nehmen an, dass er zu viel getrunken hat.«
Fidelma hob fragend eine Augenbraue.
»Er hat an einem Wetttrinken mit Ale teilgenommen. Crónán, der Wettbewerbssieger von den Fidh Gabhla, hatte ihn dazu herausgefordert. Ruisín hatte gerade seinen ersten Krug geleert, als er plötzlich zusammenbrach. Wir trugen ihn in sein Zelt, aber als wir ihn niederlegten, stellten wir fest, dass sein Puls nicht mehr schlug.«
»Ein Wetttrinken?« Fidelmas Gesicht drückte Missbilligung aus. Alkohol in Maßen, ein guter Wein zum Essen, es gab nichts Besseres. Aber trinken bis zur Bewusstlosigkeit? Das war erbärmlich, und sie hatte es niemals verstehen können.
Lígach hatte das Gefühl, sich verteidigen zu müssen.
»Solche Wetten finden oft zwischen den Wettbewerbssiegern der Clans statt. Ein Clan kann seine Ehre verlieren, wenn sein bester Krieger versagt.«
Sie schniefte angewidert.
»Es liegt mir fern, jemanden zu verurteilen, der auf dem Totenbett liegt, aber mein Lehrer, Brehon Morann, hat immer gesagt, dass Alkohol am Morgen Blei, am Mittag Silber und zur Nacht Gold ist. Und auf Gold folgt unausweichlich wieder |327| Blei. Somit ist übermäßiges Trinken nichts weiter als die Jagd eines Narren nach falschem Gold.«
»Bitte, ehrwürdiger Abt«, drängte Lígach. Fidelma ignorierte er. »Komm mit mir, um Ruisíns Tod zu bestätigen und die letzten Riten des Glaubens durchzuführen. Seine Frau Muirgel ist bei ihm, und sie ist sehr verstört.«
»Dann führe mich zu seinem Zelt«, sagte Laisran. Er blickte seine Base an. »Vielleicht möchtest du mitkommen, Fidelma? Möglicherweise findest du ja ein paar tröstende Worte für die Witwe. Ich fühle mich nicht in der Lage, unter solchen Umständen angemessenen Trost zu spenden.«
Widerwillig schloss sich Fidelma dem Abt an. Wie Abt Laisran hatte sie keine Vorstellung, was man sagte, um eine Frau zu trösten, deren Mann sich um einer Wette willen zu Tode getrunken hatte. Sie folgten dem nervösen Stammesfürsten zu dem Bereich des Festgeländes, wo die Zelte der Jahrmarktsteilnehmer aufgestellt waren. Vor einem der Zelte hatte sich eine kleine Menschenansammlung gebildet; dort lag Ruisíns Leichnam. Die Gruppe von Männern und Frauen teilte sich, um sie durchzulassen.
Lígach betrat als Erster das Zelt.
Drinnen kniete eine Frau neben dem Körper eines Mannes. Sie war noch jung und recht hübsch. Sie blickte hoch, als sie eintraten. Fidelma fiel auf, dass ihr
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