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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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hatte einen sehr starken Willen. Noch vor fünfundzwanzig Jahren, als er bereits in die Jahre kam, bestand Gelasius darauf, das Kreuz von Clonmacnoise in die Schlacht bei Ballyconnell zu tragen, die Schlacht, in der Diarmuid Mac Aodh den Sieg über die Uí Fidgente errang. Gelasius war mitten im Schlachtgetümmel, und er hatte keine andere Waffe, um sich zu verteidigen, als das Kreuz Christi.«
    Fidelma unterdrückte ein Seufzen, denn ganz Irland kannte diese Geschichte. Durch sie war der Name des alten Mönchs in allen fünf Königreichen Éireanns zum Symbol für Moral und Mut geworden.
    »Dennoch sind fünfundzwanzig Jahre immerhin ein Vierteljahrhundert, und wir sprechen hier über einen Mann, der bereits recht hinfällig war.«
    »Wie ich schon sagte, er war trotzdem willensstark.«
    »Du glaubst also tatsächlich, dass der Ehrwürdige Gelasius, als er seltsame Geräusche in der Kapelle hörte, sein Bett verließ und sich den Dieben entgegenstellte, ohne vorher jemanden zu wecken. Und dass die Diebe ihn dann überwältigten und ihn in seiner Zelle erhängten?«
    »Das habe ich doch schon gesagt.«
    »Kommt es dir nicht auch seltsam vor, dass die Diebe, als sie von dem alten Mann gestört wurden, ihn zurück in seine Zelle brachten und ihn dort erhängten? Ein überraschter Dieb würde doch in seiner Furcht sicher eher um sich schlagen und fliehen. War Gelasius ein großer Mann, sodass er trotz seiner Gebrechlichkeit wie eine Bedrohung hätte wirken können?«
    Pater Maílín schüttelte den Kopf.
    |361| »Er war vom Alter gebeugt.«
    »Dann hätte der Ehrwürdige Gelasius die Flucht der Diebe nicht verhindern und sie nicht einmal verfolgen können. Warum sollten sie sich die Mühe machen, ihn gefangen zu nehmen und sich von ihm extra den Weg zurück zu seiner Zelle zeigen zu lassen, um ihn dort zu ermorden?«
    »Wer weiß schon, was im Hirn von Dieben und Mördern vorgeht?«, schnaubte Pater Maílín. »Ich lege dir nur die Tatsachen dar. Ich versuche nicht, die Gedanken der Täter nachzuvollziehen.«
    »Aber ich tue das. Denn indem man nach dem ›Warum?‹ und ›Zu welchem Zweck?‹ fragt, findet man häufig auch die Antwort auf das ›Wie?‹ und das ›Wer?‹.« Sie hielt einen Moment lang inne, und als er nichts entgegnete, fuhr sie fort: »Nach dieser barbarischen Freveltat sollen die Diebe, so steht es in deinem Bericht, auch noch Gelasius’ Rosenkranz entwendet haben und seelenruhig in die Nacht verschwunden sein.«
    »Auf jeden Fall waren die Söldner am nächsten Morgen verschwunden, als einer unserer Brüder aufgebracht zu ihrem Lager ging. Die Gemütsverfassung der Söldner kann ich jedoch nicht beurteilen. Das überlasse ich dir.«
    »Nun gut. Du sagst, Bruder Gormgilla habe die Leiche des Ehrwürdigen Gelasius entdeckt?«
    »Bruder Gormgilla weckte den Ehrwürdigen Gelasius jeden Morgen.«
    »Ach richtig. Ich möchte gern mit Bruder Gormgilla sprechen.«
    »Aber ich habe dir doch bereits alles gesagt, was …«
    Fidelma hob eine Augenbraue und starrte ihn aus kühlen grünen Augen an.
    Pater Maílín zögerte und zuckte dann mit den Schultern. Er griff nach einer Handglocke und läutete. Ein Mönch trat ein, |362| aber als ihn Pater Maílín darum bitten wollte, Bruder Gormgilla herbeizurufen, sagte Fidelma: »Ich werde Bruder Gormgilla selbst aufsuchen. Ich habe schon genug von deiner kostbaren Zeit verschwendet, Pater Maílín.«
    Sie wollte ihm keine Gelegenheit geben, sich in ihre Befragung einzumischen.
    Der Klostervorsteher erhob sich unglücklich. Fidelma verließ mit dem Mönch zusammen den Raum.
    Bruder Gormgilla war ein stämmiger Mann mit einem runden Gesicht, auf dem ständig ein leidender Ausdruck lag. Schwester Fidelma stellte sich ihm kurz vor.
    »Kanntest du den Ehrwürdigen Gelasius schon seit längerem?«, fragte sie dann.
    »Seit fünfzehn Jahren. Diese ganze Zeit über war ich sein Helfer. Er wäre bald neunzig geworden.«
    »Du hast ihn also sehr gut gekannt?«
    »Das habe ich. Er war ein Gelehrter von unendlicher Weisheit.«
    Fidelma lächelte flüchtig.
    »Ich kenne seinen Ruf. Er galt als einer unserer bedeutendsten Theologen, nicht nur in diesem Königreich, sondern in allen fünf Königreichen Éireanns. Den lateinischen Namen Gelasius hat er einst angenommen. Weißt du, warum?«
    Bruder Gormgilla hob die Schultern, als wäre die Frage nicht von Bedeutung.
    »Es war eine Latinisierung des Namens, den er erhalten hatte, als er in die Kirche aufgenommen wurde – Gilla

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