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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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durfte.
    »Du bist doch ein kluger Mann, Pater Maílín«, sagte Fidelma auf einmal. Pater Maílín entging der herablassende Unterton in ihrer Stimme.
    Er starrte sie an, unsicher, wie er ihre Worte deuten sollte.
    »Ich brauche deinen Rat.«
    Pater Maílín rutschte auf seinem Stuhl hin und her, verwirrt von der plötzlichen Veränderung ihres Verhaltens.
    »Ich stehe dir zu Diensten, Schwester Fidelma.«
    »Die Sache ist die: Dir ist es gelungen, dir eine logische Erklärung für einen Vorgang einfallen zu lassen, den ich einfach nicht verstehe, und ich hätte gern, dass du ihn mir erläuterst.«
    »Ich werde mein Bestes tun.«
    »Ausgezeichnet. Sage mir, wie es die Diebe geschafft haben, den alten Mann zu überwältigen, ihn in seiner Zelle zu erhängen und danach die Zelle zu verlassen, das Fenster von innen zu verriegeln, und die Tür hinter sich abzuschließen, jedoch den Schlüssel in der Zelle zurückzulassen.«
    Pater Maílín starrte sie einige Augenblicke lang verdutzt an. Dann brach er in leises Gelächter aus.
    »Da hat dir jemand etwas Falsches erzählt. Der Schlüssel wurde nicht gefunden. Die Diebe haben ihn mitgenommen.«
    |377| »Mir wurde gesagt, dass es nur einen Schlüssel für die Hütte gibt; der Ehrwürdige Gelasius verwahrte ihn selbst. Ist das wahr?«
    Pater Maílín nickte langsam.
    »Es gab keinen weiteren Schlüssel. Unser Schmied musste das Schloss aufbrechen, um uns Eintritt in Gelasius’ Zelle zu verschaffen.«
    Fidelma langte in ihr
marsupium
und legte den Schlüssel vor ihn hin.
    »Keine Sorge, ich habe ihn in Gelasius’ Türschloss ausprobiert. Er passt. Ich habe diesen Schlüssel hinter seinem Schreibtisch auf dem Boden gefunden.«
    »Ich weiß nicht … Ich kann nicht …«, stotterte Pater Maílín.
    Fidelma lächelte bitter.
    »Ich habe mir schon gedacht, dass du keine Erklärung dafür hättest.«
    Pater Maílín fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er schwieg.
    »Wo sind die Schriften, an denen der Ehrwürdige Gelasius arbeitete?«, erkundigte sich Fidelma.
    »Vernichtet«, antwortete Pater Maílín matt.
    »Hast du sie vernichtet?«
    »Ich übernehme die Verantwortung dafür.«
    »Veritas odium parit«
, sagte Fidelma leise.
    »Du kennst dich wohl mit Terenz aus, wie? Aber ich habe den alten Gelasius nicht gehasst. Er war lediglich vom Weg abgekommen. Und je weiter er vom Weg abkam, desto störrischer wurde er. Frag, wen du willst. Sogar Bruder Ledbán weigerte sich einmal, eine Form für einen Buchbeschlag zu einem Manuskript in Ogham herzustellen, da er der Meinung war, es enthielte falsche Deutungen von Gelasius.«
    »Du glaubtest, Gelasius sei so fehlgeleitet gewesen, dass du sein Werk zerstören musstest?«
    |378| »Du verstehst nicht, Schwester.«
    »Ich denke doch.«
    »Ich bezweifle es. Das könntest du gar nicht. Gelasius war wie ein Vater für mich. Ich habe ihn beschützt. Seinen Ruf beschützt.«
    Fidelma sah ihn ungläubig an.
    »Ich sage die Wahrheit«, beharrte der Klostervorsteher. »Diese Auslegungen, an denen er arbeitete … Ich hoffte, er würde sie niemals der Welt zugänglich machen. Er war der größte Theologe der Christenheit, doch er wurde langsam senil und begann, an seinem eigenen Glauben zu zweifeln.«
    »Wie äußerte sich das?«
    »Was könnte sonst seine Zweifel erklären? Als ich ihn dafür tadelte, sagte er mir, man müsse sogar die Existenz Gottes anzweifeln, denn wenn es Gott gäbe, würde Er es billigen, wenn man der Vernunft die Ehre gäbe und nicht der Furcht, die aus Unwissenheit entsteht.«
    Fidelma senkte den Kopf.
    »Er war in der Tat ein weiser Mann.« Sie seufzte. »Und wegen dieser Zweifel … hast du ihn getötet!«
    Pater Maílín sprang auf, sein Gesicht war aschfahl.
    »Was? Du bezichtigst mich seines Mordes? Ich sage dir, es waren die Söldner!«
    »Ich glaube nicht an diese Geschichte von den Söldnern, Pater Maílín«, sagte sie fest. »Niemand, der die Tatsachen bedenkt, könnte daran glauben.«
    Der Klostervorsteher sank mit hängenden Schultern zurück auf seinen Stuhl. Schuld stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er stöhnte leise.
    »Ich habe nur versucht, Gelasius’ Ruf zu schützen. Ich habe ihn nicht getötet«, protestierte er.
    »Du selbst hast dein Motiv für den Mord dargelegt.«
    |379| »Das habe ich nicht! Ich habe ihn nicht …«
    »Ich werde dich einen Augenblick allein lassen, damit du über deine Geschichte nachdenken kannst. Wenn ich zurückkomme, will ich die Wahrheit hören.«
    Sie verließ seine Zelle

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