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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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wünschst, Lady.«
    Sie stand vom Schreibpult auf, und Bruder Corbb ging zur Tür und hielt sie für sie offen. Dann schloss er mit einer flinken Bewegung die Tür hinter ihr und geleitete sie in den Verhandlungssaal.
    Dort hatten sich die beiden beteiligten Großfamilien versammelt – sowohl die des Klägers als auch die des Beschuldigten. Jung und Alt waren gekommen. Als Bruder Corbb Fidelma in den Saal und zu dem erhöhten Podest führte, auf dem sie als Richterin sitzen würde, erhob sich Gemurmel, das Bruder Corbb schnell zum Verstummen brachte, indem er einen Holzstab auf den Boden stieß, zum Zeichen, dass die Verhandlung eröffnet war. Fidelma nahm Platz und legte den Gesetzestext neben sich. In aller Ruhe betrachtete sie die ihr erwartungsvoll zugewandten Gesichter, bevor sie zu sprechen begann.
    »Ich bin Fidelma von Cashel«, sagte sie dann. »Ich werde diesen Fall anhören, denn Brehon Spélan kann leider nicht hier sein. Hat jemand von den Anwesenden etwas dagegen einzuwenden?«
    Es herrschte Stille, und sie lächelte.
    »Qui tacet consentit«
, fuhr sie fort. Schweigen bedeutet Zustimmung. »Der Kläger oder der
dálaigh
des Klägers möge vortreten und seine Anklage vorbringen.«
    Ein dunkelhaariger Mann, klein gewachsen, jedoch muskulös, mit einer Kleidung, die seinen Beruf verriet, ein ledernes Wams und Hosen, stand zögernd auf und räusperte sich hustend.
    »Wir in Críonchoill sind arme Leute«, fing er an. »Wir können |391| die zehn
séds
nicht aufbringen, die ein Anwalt dafür nehmen würde, dass er uns vertritt. Ich werde für meine Familie sprechen.«
    »Ich vermute, du bist Fécho, der Schmied?«, fragte Fidelma. Nachdem der das mit einer Geste bestätigt hatte, fuhr sie fort: »Bevor du beginnst, möchte ich dir einen Rat geben. Wenn du die Mittel für einen Anwalt nicht aufbringen kannst, hast du dir dann die möglichen Konsequenzen einer Klage vor Gericht gut überlegt? Wenn du deine Klage nicht überzeugend vortragen kannst und ich sie abweise, musst du die Gerichtsgebühren bezahlen, das heißt die
aile déc
, die sogenannte Richtergebühr. Und sollten sich deine Beschuldigungen als falsch erweisen, könnten dir zusätzlich Strafen und Entschädigungszahlungen auferlegt werden.«
    Fécho presste die Lippen zusammen und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.
    »Wir haben das besprochen.« Er machte eine Geste, die seine gesamte Familie einschloss. »Sie haben beschlossen, mich in dieser Angelegenheit zu unterstützen.«
    »Ich will nur, dass du dir dieser Regeln bewusst bist«, sagte Fidelma. »Ich selbst muss bei diesem Gericht fünf Silberunzen hinterlegen, um sicherzustellen, dass ich meine Aufgabe als Richterin in angemessener Weise erfülle. Tue ich dies nicht, verliere ich das Silber. Und sollte meine Entscheidung von einem höheren Gericht aufgehoben werden, weil sie für falsch befunden wird, muss ich einen
cumal
Strafe zahlen – den Gegenwert von drei Milchkühen.«
    Sie war nicht verpflichtet, das alles zu erklären, doch die ängstlichen Blicke dieser vertrauensvollen und ungebildeten Menschen gaben ihr das Gefühl, sie müsse den Versuch unternehmen, sie zu beruhigen.
    »Wo ist der Beschuldigte?«
    |392| Der Mann, der aufstand, war beinahe das Ebenbild Féchos des Schmieds. Zwar war sein Haar von einem dunklen Strohblond, doch auch er war sonnengebräunt und kräftig.
    »Ich bin Colla, der Stellmacher«, stellte er sich aufgeregt vor.
    »Lass dir gesagt sein, Colla, dass das, was ich Fécho erklärt habe, auch für dich zutrifft. Wenn du für schuldig befunden wirst, musst du die Strafen und die Gerichtsgebühren bezahlen. Verstehst du das?«
    »Ich bin unschuldig, und Fécho …«
    »Du wirst später die Gelegenheit erhalten, zu sprechen«, unterbrach sie ihn. »Im Augenblick erkläre ich dir das gerichtliche Prozedere. Ich nehme an, auch du hast keinen Anwalt?«
    »Ich habe keinen.«
    »Nachdem ich dich also vor den Folgen gewarnt habe, vermute ich, deine
fine
, deine Verwandten, sind bereit, für dich zu bezahlen, solltest du den Prozess verlieren?«
    »Aber ich werde ihn nicht …«, setzte er zu erneutem Protest an.
    Eine dickliche Frau an seiner Seite zog ihn am Ärmel und sagte laut: »Die Verwandten sind bereit, zu zahlen und werden Berufung einlegen, sollte das Urteil gegen uns ausfallen.«
    »Solange euch beiden die Konsequenzen bewusst sind. Colla gilt als hervorragender Stellmacher, und sein Ehrenpreis liegt nach dem Gesetz noch höher als der des

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