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Todesfeuer

Todesfeuer

Titel: Todesfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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diejenige war, die keine Leibesvisitation vornehmen lassen wollte. Sie ist klug und fleißig, aber manchmal neigt sie dazu, zu viel zu denken.«
    »Auch ohne ihre Anweisung hätte ich keine Leibesvisitation vornehmen lassen, Sir«, sagte Milo.
    »Was ist das, Sturgis? Buße?«
    »Ich sage nur, wie es ist, Sir.«
    »Warum keine Leibesvisitation?«
    »Zu dem Zeitpunkt ging es mir eher darum, Zugang zu Gemein zu bekommen.«
    »Außerdem«, sagte der Chef, »konnte nicht mal ein Superschnüffler wie Sie darauf kommen, dass das Miststück irgendwas unter der Perücke hatte. Ich rede hier von einem übertriebenen Sinn fürs Theatralische. Ihr habt alle Glück gehabt, dass ich den Presseabschaum abblocken konnte, als sie den Dreckstaubsauger angeworfen haben. Die sind eigens und allein dazu da, um uns fertigzumachen, Sturgis. Und warum? Weil sie nutzlose Mistkerle sind. Außerdem haben sie eine Aufmerksamkeitsspanne wie gehäutete Gartenschnecken. Ich habe mir unlängst etwas einfallen lassen, das meiner Meinung nach eine stilvolle und geschickte Methode im Umgang mit den Kretins von der Presse ist.
    Er holte ein Kartenetui aus Sterlingsilber aus der Jackentasche, in das seine Initialen deutlich sichtbar eingraviert waren. Mit einem kurzen Knopfdruck ließ er den Deckel aufspringen. Darin befanden sich hellblaue Visitenkarten. Er holte eine heraus, reichte sie über den Tisch.
    Fester Karton, elegante Schrift, drei Druckzeilen.
     
    Ihre Meinung wurde mit grosser Begeisterung zur Kenntnis genommen. Sie können mich kreuzweise.
     
    »Ausgezeichnet, Sir.«
    »Geben Sie sie mir zurück, Sturgis. Ich bin mir nicht sicher, ob die Formulierung ganz korrekt ist.«
    Der Chef widmete sich wieder dem Essen. Die Beilage bestand aus einem halben Kopf Eisbergsalat. Seine schmalen, blassen Lippen verzogen sich zu einer Schnute, als er ihn mit dem Messer zu grob geschnittenem Krautsalat ver-hackstückte. Er spießte mit der Gabel ein paar grüne Fetzen auf und zerkaute sie mit Genuss, als wäre Grünzeug ohne Dressing eine sündige Völlerei.
    »Auf jeden Fall scheint das öffentliche Interesse an der lachhaften Selbstzerstörung von Ms. Gemein nachzulassen, ergo ist es nicht nötig, jemanden vor den Bus zu werfen.«
    »Danke, Sir.«
    »Nun erklären Sie mir mal, Dr. Delaware, warum sich das Miststück umgebracht hat.«
    »Schwer zu sagen.«
    »Wenn es einfach wäre, würde ich Sie nicht fragen. Theoretisieren Sie, nur zu, tun Sie so, als würden Sie dafür bezahlt. Ich werde Sie nicht auf Ihre Antworten festnageln.«
    »Möglicherweise lebt sie schon lange mit einer schweren verdeckten Depression«, sagte ich.
    »Nach dem Motto »Armes, kleines reiches Mädchen«? Soweit ich gehört habe, war Helga keine von der weinerlichen Sorte, die sich ständig an die Brust schlägt.«
    »Vielleicht handelte es sich gar nicht um eine passive Depression. Sie hat reagiert wie manche Männer, mit Feindseligkeit und Abkapselung.«
    »Wie Männer mit einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung?«
    »Das wäre eine mögliche Diagnose.«
    »Depressiv.« Der Polizeichef legte seine Gabel ab. »Was für eine Familie ist das, die einen Scheiß darauf gibt, wenn sich jemand umbringt? Keinerlei Gezeter aus Zürich. Was auf der anderen Seite natürlich gut für uns ist. Die Gemeins sind superreiche Leute, und dass die uns verklagen, hat uns gerade noch gefehlt. Ich habe D.C. Weinberg persönlich in der Schweiz anrufen und seine Colin-Powell-Nummer durchziehen lassen - große Autorität plus Diplomatie. Die Mutter hat sich bedankt, dass er ihr Bescheid gesagt hat, so als hätte er sie übers Wetter informiert, dann hat sie das Telefon an den alten Herrn weitergegeben, der das gleiche gemacht hat. Höflich, kühl, keine Fragen, schickt uns die Leiche, wenn ihr mit allem fertig seid. Was für eine kaltherzige Scheißbande, ich nehme an, davon kann man wirklich Depressionen kriegen. Glauben Sie, dass sie deswegen keinen Sex hatte, Doktor? Dass sie sich die verdammten Haare abrasiert hat - das war übrigens eine gute Formulierung, Sturgis. Selbsterniedrigung. Eines Tages werde ich das in eine Rede einfließen lassen. Wollen Sie damit sagen, dass dieses Schlamassel eine Folge von nicht genug Prozac war, Doktor?«
    »Ich will damit sagen, dass die Depression bei ihr ein Grundzustand war und sie ihrem Leben einen Sinn geben wollte, indem sie einen Auftrag übernommen hat.«
    »Diesen lächerlichen Haufen Holz niederbrennen, um ihre Schwester zu rächen, dieses

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