Todesfinal
worden war.
Mehrere hundert US-Bürger und Tausende vietnamesische Flüchtlinge waren an diesem Tag in Saigon vom Dach der Botschaft vor der heranrückenden Nordvietnamesischen Armee evakuiert worden.
Als Skamper die Daten bei Google Maps eingab, wurde ein Punkt etwa hundertzehn Kilometer von Nürnberg entfernt angezeigt.
»Das Rätsel bezieht sich tatsächlich auf den 29. April 1975.« Skamper starrte auf den Bildschirm. Hinter ihm standen Arabella und Viktor.
»Und wo ist das genau?«, fragte Viktor.
Skamper zoomte das Bild größer. »Das Versteck ist in der Nähe von Zell. Im Fichtelgebirge. Vielleicht eine Stunde mit dem Auto von hier.« Skamper lehnte sich zurück. Er rieb sich die Augen. »Wir haben es gerade noch geschafft. Morgen ist Vollmond.«
»Und warum kann man dieses Versteck nur an einem bestimmten Tag finden?«, fragte Arabella.
»Keine Ahnung, das werden wir morgen sehen.«
In der Nacht hatte es geregnet, und der Wetterbericht hatte gemeldet, dass es heute bewölkt und regnerisch sein würde. Aber als sie gegen Mittag Nürnberg verließen und auf der Straße Richtung Fichtelgebirge fuhren, durchbrachen erste Sonnenstrahlen die dunkle Wolkendecke und es sah aus, als könnte es ein wunderschöner Frühlingstag werden.
»Du hast doch wegen dieser Geocaching-Story ziemlich viel recherchiert«, sagte Skamper zu Viktor, der auf dem Beifahrersitz saß. »Gibt es denn irgendwelche Theorien, warum es da Leichenteile in irgendwelchen Verstecken geben soll?«
»Eine Theorie ist, dass das Werbung ist. Wie ein Gewinnspiel von einer Firma. Dass die Leichenteile gar nicht echt sind und eine Firma diese Gerüchte in die Welt setzt.«
»Und für welche Firmen soll das interessant sein?«
»Firmen, die Outdoor-Ausrüstung herstellen, Firmen, die GPS-Geräte verkaufen. Da gibt es viele Möglichkeiten. Es gibt viele Geocacher in Deutschland, viel mehr als man denkt.«
»Und was ist die andere Theorie? Denn dass eine Firma auf diese Art Werbung macht, das kann ich ehrlich gesagt nicht glauben.«
»Die andere Theorie ist, dass es draußen einen Verrückten gibt, irgendjemand, der so durchgedreht ist, dass er Leichenteile versteckt.«
Skamper dachte nach. Arabella auf dem Rücksitz hatte sich nach vorne gebeugt, um dem Gespräch der beiden Männer zuzuhören.
»Ein Serienkiller«, sagte sie. »Das ist auf jeden Fall meine Theorie. Das ist echt Wahnsinn.«
Skamper machte ein skeptisches Gesicht. »Was ist das für ein Serienkiller, der seine Leichen versteckt und dann die GPS-Daten zu diesen Verstecken im Internet veröffentlicht? Und dann auch noch mit irgendwelchen Rätseln.«
»Der Serienkiller will im Grunde, dass er entdeckt wird«, sagte Arabella. »Er leidet unter seinen Taten, es gibt zwei Seelen in ihm. Eine will, dass er entdeckt wird. Und weil die andere Seele damit nicht einverstanden ist, wählt er ganz verrückte, heimliche Wege, um sich zu enttarnen. Wenn hier wirklich ein Serienkiller am Werk ist, dann versteckt die eine Seele in ihm die Leichen und will, dass sie gefunden werden, und die andere Seele versucht, die Leute daran zu hindern, dass sie die Leiche finden.« Arabella war selbst überrascht über das, was sie gesagt hatte. »Das klang richtig gut«, sagte sie.
»Deine Chefin ist wirklich klug«, sagte Viktor zu Skamper.
»Du hast eine Manie mit Serienkillern«, sagte Skamper. »Und das mit den zwei Seelen klingt mir ziemlich banal.«
»Das ist überhaupt nicht banal«, protestierte Viktor.
»Okay«, sagte Skamper. »Dann ist es eben nicht banal.«
Arabella grinste Viktor an und gab ihm einen Knuff auf den Unterarm. Der schlug spielerisch zurück, jedoch so stark, dass Arabella laut schrie und sich den Oberarm rieb. »Au, Mann, du musst aufpassen.«
Viktor haute Skamper mit seiner riesigen Pranke auf die Schulter. »Du kannst wirklich froh sein, dass du so eine Chefin hast.«
»Ich weiß nicht. Sie wollte meinen Urin verkaufen.«
Viktor sah ratlos von ihm zu Arabella.
»Das wäre ein Riesengeschäft«, sagte Arabella. »Monika von dem Kräuterladen ist immer noch interessiert. Sie hat einen amerikanischen Kunden, der würde dafür ein Vermögen ausgeben.«
»Ich verstehe überhaupt nichts«, sagte Viktor.
»Arabella meint, man könnte den Leuten weismachen, dass mein Urin ein Wundermittel ist, weil ich dauernd das Artefakt in meinem Zimmer habe und irgendwelche Schwingungen davon in meinem Körper sind.«
Viktor nickte verstehend. »Das ist eine wunderbare Idee.
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