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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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quietschroten Brille auf der ausladenden Nase. Normalerweise lachte sie laut und gerne. So ernst wie heute hatte ich sie noch nie gesehen. In klaren Worten, sachlich und fair fasste sie den Vorwurf gegen David zusammen. Als sie fertig war, richteten sich alle Augen auf ihn. Sehr langsam hob er den Kopf.
    David, dachte ich. Jetzt rede! Es geht um dein Leben! Du kannst das nicht auf dir sitzen lassen.
    Er knetete seine Finger, sah zwischen der Schneider und der Eisenstädter hin und her. Die eine wirkte lauernd, die andere erwartungsvoll.
    »Nein.« Seine Stimme klang spröde. Er räusperte sich. »Diese Anschuldigungen entbehren jeder Grundlage«, sagte er dann erstaunlich laut. »Ich käme niemals auf die Idee, irgendeinem der Kinder, die mir hier anvertraut sind, irgendetwas zuleide zu tun. Und auch sonst keinem Kind! Ganz bestimmt nicht.«
    »Und wie beweist du das?«, fragte Jessica kühl.
    Er sah sie verwundert an.
    »Du kennst mich!«, rief er aus, die Erregung war nun deutlich zu spüren. »Wie kannst du glauben, dass irgendetwas an den Vorwürfen wahr ist?«
    »Wer kann schon in Menschen reinschauen?«, erwiderte Regine und hob die Augenbrauen. »Woher sollen wir wissen, was hinter deiner Stirn vor sich geht?«
    David suchte meinen Blick. Ich fröstelte trotz der Hitze in dem kleinen Zimmer.
    »Tabea«, sagte er. »Du kennst mich besser als jede andere hier.«
    Ich nickte. »Ich …«, stotterte ich. »Ich kann mir das gar nicht vorstellen.«
    »Was?«, fragte Marie Eisenstädter ruhig.
    »Na, dass David irgendwas mit kleinen Mädchen anstellt.«
    »Aber man muss schon sagen«, fiel mir die Schneider ins Wort. »Dass er schon recht engen Kontakt zu den Kindern hatte, vor allem zu den Mädchen. Die meisten Männer, die hier reinschnuppern, sind weitaus distanzierter.«
    »Jetzt wollen Sie mich bestrafen, weil ich meine Arbeit ordentlich mache?« David war rot geworden. Seine Stimme zitterte leicht.
    »Keiner spricht von bestrafen«, unterbrach die Vereinsvorsitzende. »Aber das sind schwerwiegende Vorwürfe und wir müssen das aufklären. Notfalls müssen wir es zur Anzeige bringen.«
    Ich atmete tief durch. Konzentrier dich, redete ich mir gut zu.
    »Ähm«, begann ich dann. Nicht sehr vielversprechend. »Aber, ist es nicht so – wie soll David denn beweisen, dass er unschuldig ist? Es gibt dieses Foto. Und es gibt seine Aussage. Es gibt unsere Einschätzungen. Das sind letztlich alles subjektive Faktoren.«
    »Quatsch«, unterbrach mich Regine. »Ein Foto ist ja wohl ein eindeutiger Beweis!«
    Ich lächelte ihr müde zu.
    »Schon mal was von Bildbearbeitungsprogrammen gehört? Wir können gar nichts aufklären – wir können nur glauben, vertrauen. Aussage steht gegen Aussage. Und heißt es nicht, im Zweifel für den Angeklagten? Wenn wir ihm hier was anhängen, was gar nicht stimmt, dann haben wir ihm komplett die Zukunft versaut.«
    »Ich dachte, du willst erst noch Jura studieren«, sagte Annegret neben mir und tätschelte meine Schulter.
    »Auf der anderen Seite müssen wir das Wohl des Kindes sehen«, sagte Marie Eisenstädter. »Wenn wirklich etwas vorgefallen ist, können wir David nicht wegen einer Unschuldsvermutung einfach davonkommen lassen. Ich möchte ihm ja auch gerne glauben, aber meine Verantwortung gilt vor allem den Kindern.«
    »Genau«, sagte die Schneider und nickte hektisch mit dem Kopf. Jessica und Regine folgten ihrem Beispiel. Gott, diese Schafherde.
    »Ich kann nur sagen, dass ich mir nichts habe zuschulden kommen lassen«, fing David noch einmal an. »Und ich versichere, dass ich niemals, niemals eines der Kinder unsittlich berührt habe.«
    »Und das Foto?«, Regine klang genervt.
    »Da will mir jemand übel mitspielen«, sagte er.
    »Wer denn? Gibt’s dafür einen Grund?« Diese Argumentation kam der Schneider gerade recht. Wie ätzend! Solange David hier bei uns gearbeitet hatte, war er bei allen der absolute Liebling gewesen – ach, David, hilf mir mal hier, kannst du mal dort, ach, David, du machst das so toll … Aber jetzt, wo es darauf ankam, ihn zu unterstützen, da kniffen sie alle.
    »Vielleicht hören wir mal Frau Rahimi an, was sie zu all dem sagt«, unterbrach die Eisenstädter die Diskussion. Sie öffnete die Tür und bat Berivans Mutter ins Zimmer. Die schlanke Frau in Jeans und safranfarbener Bluse setzte sich verlegen auf den noch freien Platz. Ins dunkle, lange Haar hatte sie eine große, mit Strasssteinen besetzte Sonnenbrille geschoben, mit der schmalen Hand

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