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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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wurde zur Klaue. »Au«, stöhnte ich auf. Juli hatte mit der Stirn auf dem Tisch gelegen, nun richtete sie sich auf. Das Haar hing wirr und verschwitzt herab, der Mund mit Tape verklebt, die Arme und Füße gefesselt. Ihre Augen zeigten Panik, Angst, Unverständnis – und Zorn.
    »Lass sie gehen«, schrie ich Torsten an. »Du hast doch jetzt uns.«
    Torsten stieß mich so heftig vorwärts, dass ich auf den Boden fiel. Juli entfuhr unter dem Klebeband ein Quieken. Ich rappelte mich hoch und sah, wie Torsten sich blitzschnell umdrehte, mit ausgestrecktem Arm die Waffe wieder auf Malte richtete.
    »Los, da rüber«, dirigierte er ihn. Ich stürzte zu Juli, strich ihr beruhigend mit meinen gefesselten Händen übers Haar, riss mit einem Ruck das Klebeband von ihrem Mund, bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. »Losmachen«, schrie sie, zappelte und strampelte. Mist, nirgends war etwas Scharfes, mit dem ich ihre Fesseln hätte aufschneiden können. Sie wiederholte immer und immer wieder dieses »Losmachen«, quälend und anklagend klang es. Ich scannte den Raum ab, ob ich irgendetwas entdeckte, das wie eine Bombe aussah. Nirgends, auch unter dem Tisch und den Stühlen nicht. Ich hoffte inständig, dass er nur geblufft hatte. Ich richtete mich kurz auf und versuchte, durch die paar Bretter zu spähen, mit denen man die Fenster halbherzig zugenagelt hatte. Malte stand an einem Baum, die Arme nach hinten um den Stamm gelegt, wofür ihm Torsten sicher die Kabelbinder hatte entfernen müssen. Gerade umwickelte Torsten Maltes Beine mit einem Seil. Ich wollte mich zu Juli umdrehen, da fesselte etwas auf dem Fensterbrett meine Aufmerksamkeit. Steine. Dort lagen faustgroße Steine. Mit einem Satz war ich dort, prüfte sie blitzschnell und atmete erleichtert auf. Einer hatte eine scharfe Kante. Ich brauchte einen Moment, bis ich ihn passend zu fassen bekam, ging im Sprung schon beinahe in die Knie und kam hinter Juli zum Hocken. Wie eine Verrückte säbelte ich mit der scharfkantigen Seite des Steins an den Kabelbindern herum.
    »Halt still«, zischte ich ihr zu, weil sie sich wand, wie ein Fisch, der der Reuse entkommen will. Ihre Handgelenke hatten schon rote Striemen und Abschürfungen, an einer Stelle begann es zu bluten – aber da taten die Kabelbinder einen kleinen Knacks und endlich waren ihre Hände frei.
    »Los und jetzt befrei mich«, forderte ich sie auf.
    Die Tür flog auf. Ich sprang hoch. Juli auch – zumindest halb, ihre Füße waren noch immer an die Stuhlbeine gefesselt. Immerhin lag der Stein vor ihr auf dem Tisch.
    »Raus hier«, brüllte Torsten, seine Zangenhand packte meinen Oberarm und schleifte mich hinaus. Ich versuchte, mich zu befreien, mich loszureißen, aber nun presste er die Pistole an meine Schläfe. Mein Herz sprang beinah heraus.
    »Ruhig, ganz ruhig«, er flüsterte nun wieder. »Wann hier jemand freigelassen wird, bestimme immer noch ich.« Er drängte mich gegen einen zweiten Baum, gleich neben dem, an den Malte gefesselt war. Er presste mich mit dem Gesicht zum Stamm, ließ die Kabelbinder um meine Hände und wand ein Seil in Hüfthöhe um mich. Die Baumrinde bohrte sich in meine Arme, piesackte meine Beine. Auch meine Füße hatte er blitzschnell mit einem Seil verknotet. Zufrieden trat er ein paar Schritte zurück und betrachtete sein Werk.
    »So hat das doch schon viel Schönes«, sagte er. »Wo ist das Handy?«
    Malte schwieg. Torsten trat dicht vor ihn. Schlug ihm ins Gesicht. Malte zuckte nicht einmal.
    »Wo?«, bellte der Entführer.
    »Hosentasche«, Malte flüsterte kaum, sein Blick wanderte nach rechts unten. Torsten fingerte kurz in der Tasche, zog das Handy hervor, in das ich während der Busfahrt die Speicherkarte zurückgeschoben hatte.
    »Hattest du schon die Gelegenheit, dieses hübsche Filmchen anzuschauen?«, fragte er mich. »Dann weißt du ja, was für einen Helden du dir angelacht hast. Schade, dass wir dich für unsere Idee nicht gewinnen können. An der Ostsee haben wir wunderbare Projekte, wo viele Familien leben und ihre Kinder ganz in Glauben und Treue zum Vaterland aufziehen können. Ihr hättet eine arische Vorzeige-Lebensgemeinschaft werden können.«
    Er fingerte an dem Handy herum, pulte die SD-Speicherkarte hervor und steckte sie in sein eigenes Telefon.
    »Dann wollen wir doch mal sehen.« Kurz darauf drangen die Schreie und das Gepolter wieder in meine Ohren. Torsten sah hämisch grinsend zu. Er stellte sich so, dass ich ihm am Baumstamm vorbei über die

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