Todesflut: Thriller
Südstaatenakzent. »Sie machen ein ziemlich überraschtes Gesicht.«
»Ich war eingeschlafen. Was hat das zu bedeuten?«
»Ja, das habe ich mich auch schon gefragt. Ob die Japse uns wieder bombardieren wollen? Noch dazu am Memorial Day?« Er lachte, offenbar fand er seine Bemerkung ungemein witzig.
Teresa lachte nicht. »Vielleicht ist es eine Übung?«
»Ach ja, die Tsunami-Warnanlagen werden getestet. Ich habe im Flugzeug etwas darüber gelesen. Wir sind aus Hattiesburg, Mississippi. Waren noch nie auf Hawaii. Ich wollte alles darüber lesen. Konnte Eunice aber nicht dazu bewegen. Sie will sich nur ausruhen, erklärte sie. Muss der Probealarm ausgerechnet am Vormittag stattfinden? Ich glaube, in dem Buch hieß es, dass manchmal zu Beginn des Monats eine Übung abgehalten wird. Vielleicht habe ich aber beim Lesen nicht richtig aufgepasst.«
Die Sirene heulte weiter. Teresa war davon ausgegangen, dass sie nach einer Minute aufhören würde, aber sie gab keine Ruhe.
»Darryl«, meldete sich nun Eunice. »Was ist das für eine Sirene?« Sie nahm das Radio, das neben ihr lag, und drehte nervös an den Knöpfen.
Ihr Mann tätschelte sie zur Beruhigung. »Es ist eine Tsunami-Warnung. Mach dir keine Sorgen, Eunice.«
Teresa warf einen Blick über den Strand. Nur wenige Leute schienen die Sirene überhaupt wahrzunehmen. Die meisten ließen sich nicht stören, sie spielten, sonnten sich oder schwammen. Die Sirene schien keine Wirkung auf sie zu haben. Nur ein paar kleine Kinder hielten sich die Ohren zu.
»Komisch«, sagte Eunice. »Im Radio wurde eine Salami-Warnung angekündigt. Ich dachte, es stimmt etwas nicht mit dem Fleisch auf der Insel.«
»Es ist nur ein Test. Und es heißt Tsunami, nicht Salami. Eine große Welle.«
»Sie sprachen nicht von einem Test. Sie wiederholen es ständig.«
Teresa näherte sich dem alten Radiogerät, um die Ansage der besonnenen Männerstimme mit eigenen Ohren zu hören. Sie nahm an, die Stimme sollte die Hörer beruhigen, um eine Panik zu verhindern. Sie fand sie aber zu distanziert, als ginge es um die Ankündigung möglicher nachmittäglicher Regenschauer.
»… Warnung für die Inseln von Hawaii. Das pazifische Tsunami-Warnzentrum warnt vor einem gefährlichen Tsunami, der sich der Küste von Hawaii nähern könnte. Die Evakuierungsmaßnahmen sind angelaufen. Es wird empfohlen, sofort erhöhtes Gelände aufzusuchen. In allen Telefonbüchern finden Sie Karten, denen die Evakuierungswege und die sicheren Gebiete zu entnehmen sind. Für Big Island wird die früheste Ankunft des Tsunamis gegen 10:44 Uhr erwartet. Für Maui, Lanai und Molokai liegt die Ankunftszeit der Welle bei etwa 11:14 Uhr. Für Oahu ist die Ankunftszeit der Welle für etwa 11:22 Uhr …«
Teresa durchwühlte ihre Tasche nach ihrer Armbanduhr. Es war 10:08 Uhr. Nur noch eine Stunde und 14 Minuten bis zur Ankunft des Tsunamis.
»… für Kauai wird die Welle um 11:35 Uhr erwartet. Folgen Sie den Anweisungen der Behörden.« Dann, nach einer kurzen Pause: »Es folgt eine Tsunami-Warnung für die Inseln von Hawaii. Es handelt sich nicht um einen Probealarm …«
Die Nachricht wiederholte sich.
Teresa wurde es flau im Magen. »Es ist kein Probealarm«, sagte sie.
»Sind Sie sich sicher?«, fragte Darryl.
Sie nickte. »Man würde die Ansage nicht ständig wiederholen, sondern die Meldung mit der Information beenden, dass es sich um einen Probealarm handelt. Danach würde die Sirene verstummen.«
»Glauben Sie, dass eine echte Flutwelle kommt?«, fragte Eunice alarmiert. »Was sollen wir tun?«
»Liegt Ihr Hotel in der Nähe?«
»Ja«, sagte Darryl. »Es ist das große da drüben. Das Hilton.« Er wies auf einen Bau mit dreißig Stockwerken.
»Auf welcher Etage ist Ihr Zimmer?«
»Auf der zwanzigsten.«
»Gut. Dann gehen Sie am besten auf Ihr Hotelzimmer, bis es Entwarnung gibt.«
»Kommen Sie mit uns. Wir haben viel Platz. Wir könnten zusammen etwas auf dem Zimmer essen.«
»Ich kann nicht. Ich muss erst meine Tochter und ihre Freundin finden.«
»Ach du liebe Güte«, kam es von Eunice. »Und Sie wissen nicht, wo sie sind?«
Teresa fühlte sich getroffen, obwohl sie nicht davon ausging, dass Eunice sie kritisieren wollte.
»Nein. Sie sind shoppen.«
»In welchem Laden?«, fragte Darryl.
Teresa zuckte mit den Schultern. Sie zeigte in Richtung Diamond Head. »Sie sind in jene Richtung gegangen.«
»Wie wollen Sie sie finden? Haben Sie ein Handy?«
Teresa hatte immer stärker das Gefühl,
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