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Todesformel

Todesformel

Titel: Todesformel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Wyss
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reglos, wissen, wir haben Schlüssel und CD-ROM.
    Alja bewegt sich, hebt ratlos die Hände, meint: »Jetzt sind wir so klug wie zuvor. Sie hat nicht gewollt, dass es in die falschen Hände kommt.«
    Ich bin zum selben Schluss gekommen: »Wir sagen es vorläufig niemandem, auch Sven nicht. Sven machte sich strafbar, würde er so etwas nicht melden.«
    Wir wollen nichts überstürzen, den ›Petit-Duc‹ hängen wir in Aljas Schlafzimmer. Das Maulbeerenbild stellen wir zurück auf das Kaminbord, alle kennen die berühmten Schals, zu bekannt, als dass es auffiele.
    * * *
    Ich schlafe schlecht, Knut ist nicht hier. Immer wieder erwache ich, lausche. Die Tür in den Korridor ist bloß angelehnt, dort schläft Moshe. Sein Korb steht vor der Tür zu Noëls Zimmer. Claas schläft ein Stockwerk höher. Er würde es hören, wenn hier etwas schiefliefe. Die Alarmanlage ist eingeschaltet.
     
    Ich sitze an meinem Pult und male Kringel. Sie werden zu sich weitenden Kreisen auf einer Wasserfläche. Jemand wirft kleine Steine und Holzstücke in den Waldweiher, die Wellenmuster vibrieren, zittern ineinander.
    Wir treten auf der Stelle. Da befassen wir uns mit dem Phantom eines Spitzels, finden Spuren in die Vergangenheit, finden biografische Zusammenhänge, Erklärungen, Geschichten, doch das interessiert die Leute, die die Formel für diese revolutionierend neue Waffe haben wollen, einen Dreck. Sie wollen die CD-ROM. Dummerweise wissen wir jetzt, wo sie ist, und wir haben aller Wahrscheinlichkeit nach ausgerechnet den passenden Codierschlüssel.
    Wie sagte es Dorothy so schön: »In deiner Biografie geschieht nichts, das du nicht so gewollt hast; es geht darum, es zu transformieren, dadurch veränderst du dein eigenes Bewusstsein, verbesserst die Erde.«
    Ein Königreich dafür, ich wollte, ich hätte jetzt Dorothys ominöses Schwert! So, wie die Dinge zu liegen scheinen, wäre ich also doch zur Kämpferin geboren, würde von meinem lieben Leben in die ungemütlichste Gefahr katapultiert, nur damit ich es merkte – Galgenhumor.
    Es gibt diesen ganz bestimmten Gedankengang: Zuerst gibt es eine CD-ROM, die verkauft werden soll. Meret Platen geht, kopiert sie für sich. Auf jener, die geliefert werden soll, verpfuscht sie die Daten. Da lebt Yorge Droz noch. Sie wird sich mit ihm anlegen müssen. Am nächsten Tag geht sie ins Labor an dessen PC, sie weiß, dass er alle Grundlagendaten darauf geladen hat. Diese kopiert sie für sich, anschließend setzt sie den Zerstörungsmechanismus für Droz’ PC in Gang. Sie ist sich sicher, jetzt als Einzige diese Daten zu besitzen. Zu diesem Zeitpunkt ist Yorge Droz schon tot.
    In der Karwoche malt sie die zwei Miniaturen. An Ostern ›lagert‹ sie die CD-ROM in der Sonnenuhr und bringt die Miniaturen in Aljas Haus. Es ist der Einsatz ihres Lebens. Forschungsergebnisse sind für sie dasselbe, was eine Kathedrale für ihre Baumeister bedeutete. Nie könnte sie die Spitzenergebnisse der menschlichen Forschung zerstören.
    Ich sitze und träume von Meret Platen, die ihr Kind liebte, die immer wusste, wo es war und wie es ihm ging, ohne es je zu sehen, durch Felix; Als sie sich erlaubte, es wiederzusehen, da hatte sie ihr ›Vermächtnis‹ in den Bildern und in der Sonnenuhr hinterlegt – es war ein Abschied. Ich tröste mich, Noël war für sie die Gewissheit der Zukunft und von einem kleinen Mädchen hat auch sie geträumt.
    Ich träume, doch ich weiß einfach, wie es gewesen ist: Da war ein E-Mail. Es erschien am Dienstag, zwei Tage nach Fritzis ›Begräbnis‹ , in ihrer Mailbox. Der Absender, Yorge Droz, nahm ihr für einen Moment den Atem. Sie öffnete es, ich kann es mit traumwandlerischer Sicherheit vor mir sehen: Sehr geehrte Frau Meret Platen, Achtung, in vier Minuten wird dieses Mail gel öscht. Lesen Sie das Mail aufmerksam, prä gen Sie es sich ein. Es ist nicht kopierbar. Die Lieferung der Daten vom Samstag vor Palmsonntag war nicht korrekt. Es fehlt der Code. Die Daten wurden auf ihrem Personal Computer verschl üsselt und auf CD-ROM übertragen. Sie haben dies anschlie ß end von der Festplatte gel öscht, Datum Samstag, 16.10 Uhr. Wir haben unseren Teil der Abmachung eingehalten und bezahlt. Herr Droz ist am selben Tag ums Leben gekommen. Sie kommen jetzt umgehend ihren Ver pflichtungen nach. Sie laden die unverschl üsselten Daten auf eine CD-ROM. Morgen um dieselbe Zeit wird auf Ihrem Bildschirm eine Anweisung erscheinen. Sie haben einen Enkel. Sie wollen sicher, dass ihm

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