Todesfracht
Technologie ähnelte den Einrichtungen, die es Tarnbombern erlaubten, bei jedem Wetter Bomben mit absoluter Zielgenauigkeit abzuwerfen.
Eine schnelle Bewegung lenkte Juan ab. Er ließ den Blick die Straße entlangwandern, als ein Ferrari um eine Ecke bog und die Straße heraufraste. Er musste mit mindestens hundertdreißig Stundenkilometern unterwegs sein, während er über die linke Hälfte der zweispurigen Straße schoss. Das kehlige Röhren seines Auspuffs hallte in der Schlucht barocker Gebäude wider und drang bis hinauf zu Juan und seinem Vogelnest in dreißig Metern Höhe. Er überschlug Tempo und Entfernung und rechnete sich aus, dass sich der flache Sportwagen im kritischen Moment mit dem ersten Streifenwagen auf einer Höhe befände. Wenn sich Hali vor ihn setzte, würde die kinetische Energie des Zusammenpralls den italienischen Sportwagen nicht nur zerstören und seinen Fahrer töten, sondern er würde auch den Transporter mit Isphording aus der Bahn des Streifenwagens schieben und dem Konvoi gestatten, unbehelligt durch ihren sorgfältig vorbereiteten Hinterhalt zu fahren.
»Juan?«, rief Hali besorgt.
»Bin schon dran.« So sehr es ihn störte, den Kran aus seiner sorgfältig berechneten Position zu bewegen, er musste handeln. Also drückte er gegen einen Joystick, und der lange Arm schwang über den Horizont. Mit dem Daumen entfernte er die Sicherheitsabdeckung über einem Schalter, und als der Ausleger die seiner Meinung nach richtige Position erreichte, betätigte er den Schalter. Das dreitausend Pfund schwere Hakensystem fiel vom Himmel.
Der Ferrarifahrer sah das herabfallende Gewicht nicht und hatte nur wenige Sekunden Zeit zum Reagieren, während der Stahlklotz auf die Straße krachte und einen Krater in den Asphalt grub, knapp einen Meter tief und weniger als zwei Wagenlängen vor der keilförmigen Motorhaube seines F-40.
Der Fahrer stand auf der Bremse und riss das Lenkrad nach rechts, wobei er den Streifenwagen seitlich touchierte. Juan legte einen anderen Schalter um, und der Haken wurde von der Straße hochgezogen und nahm dicke Erd- und Asphaltbrocken mit. Der Haken schlug durch die Windschutzscheibe des teuren Wagens und schälte sein Dach wie den Deckel einer Sardinenbüchse herunter, während der Wagen unter ihm durchfuhr. Ein Hinterrad des Ferrari sackte in das Loch, und der Luxuswagen schwenkte zur Seite und rammte den Streifenwagen erneut, sodass beide Fahrzeuge abrupt stehen blieben.
Möglich, dass Hali Kasim den Vorfall in seinem Rückspiegel hatte beobachten können, jedoch ließ er sich dadurch nicht von seinem Job ablenken. Während der erste Streifenwagen den Van passierte, gab er Gas und verließ seine Position, wobei er die hintere Stoßstange des Schweizer Polizeiwagens knapp erwischte. Der Stoß, so harmlos er auch war, reichte aus, um das Fahrzeug so zu drehen, dass es die enge Straße komplett blockierte.
Der gepanzerte Transporter mit Rudolph Isphording bremste hart und vermied um Haaresbreite eine Kollision mit dem Streifenwagen. Julia Huxley, die dem Konvoi folgte, stellte ihren Wagen quer, um den Transporter daran zu hindern, rückwärts aus der Falle zu fliehen. Juan löste die selbst gebastelten Sprengsätze aus, die sie in dem Rohbau verteilt hatten.
Die genau bemessenen Ladungen waren so platziert worden, dass sie die größte Wirkung entfalteten. Während sie losgingen, wurde die Explosivkraft in Wälle aus Zementsäcken geleitet, die die Männer in jeder Etage aufgestapelt hatten. Vom Parterre aus erzeugten alle leicht verzögerten Explosionen eine graue Staubwolke, die aus dem Gebäude herausquoll und an den Zusammenbruch der Twin Towers erinnerte. Innerhalb von Sekunden bildete der feine Puder eine undurchdringliche Staubschicht, die von der Straße fast siebzig Meter in die Höhe reichte und das Gebiet im Umkreis von zwei Straßen völlig zudeckte. Es würde etwa zehn Minuten dauern, bis der leichte Wind den dichten Nebel aus diesem Bereich aufgelöst hätte. Bis dahin würde niemand verfolgen können, was sich auf den Straßen um die Baustelle herum abspielte.
Hali Kasim ignorierte die schreienden Fußgänger, während er und seine Männer aus dem Van sprangen, jeder ein Stück geflochtenes Kabel in den Händen. Die Gasmasken filterten den größten Teil des Zementstaubs aus der Atemluft, doch er konnte den Zement trotzdem mit jedem Atemzug riechen und schmecken. Was die IR-Brille betraf, so erlaubte sie ihm, den herabfahrenden Haken und die
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