Todesfracht
Schiffs in Verbindung stand. Er durchsuchte den gesamten Decksaufbau. Die Küche war nicht mehr als ein leerer Raum aus Wänden und Abstellflächen aus Edelstahl. Die Kühlschränke und Kochherde waren ebenso entfernt worden wie alle Töpfe, Pfannen und anderen Küchenutensilien. Sie hatten sogar die Platzdecken mitgenommen, die normalerweise das Firmenlogo der Reederei sowie den Namen des Schiffs trugen.
In den Kabinen fehlten jegliche Möbel, jedoch machten sie den Eindruck, als wären sie bis vor Kurzem noch bewohnt gewesen.
In einer roch es nach Zigarrenrauch, während im Bad einer anderen der Duft eines Aftershaves in der Luft lag.
Seine nächste Station war der Maschinenraum.
Zwei mächtige Dieselmotoren beherrschten den Raum, jeder so groß wie ein Autobus und von Kilometern von Kabel, Leitungen und Röhren gespeist. Er untersuchte jeden Motor sorgfältig und fluchte halblaut, als er sah, dass jemand sämtliche Schilder entfernt hatte. Und dort, wo Seriennummern in den Motorblock eingeprägt worden waren, hatte man sie mit einer Schleifmaschine wegpoliert. Infolgedessen war das Metall an diesen Stellen glatt und blank und glänzte silbern.
Juan verstaute seine Pistole im Holster und begann mit einer gründlicheren Suche. Es war angesichts der Dimensionen des Raums und seiner eher bescheidenen Lichtquelle eine mühsame Arbeit. Und ganz gleich, wohin er die Lampe auch richtete, seine Sicht wurde von tiefen Schatten eingeengt. Trotzdem machte er weiter. Er ging auf die Knie, um sich unter den Süßwasserbereiter zu schieben, wo er allerdings feststellen musste, dass ihm jemand zuvorgekommen war und das Schild des Herstellers abgerissen hatte. Er ließ den Lichtstrahl seiner Lampe über jeden Winkel, jede Nische, jede Erhebung gleiten und fand nichts, was ihm weitergeholfen hätte.
Er erkannte, dass Singhs Leute genau wussten, was sie taten.
Dann fiel ihm eine Stelle auf, wo sich ein dicker Ölfilm unter dem an Steuerbord gelegenen Motor angesammelt hatte. Es wäre so gut wie unmöglich, an diese Stelle zu kommen, deshalb war er schon fast bereit, ihr keine weitere Beachtung mehr zu schenken. Doch wenn auch er nicht bereit war, diesen Punkt zu überprüfen, dann hatten die Männer, die die Identität des Schiffs ausgelöscht hatten, wahrscheinlich ebenfalls darauf verzichtet.
Indem er sich wie ein Gummimensch verrenkte, schlängelte er sich unter die kalte Maschine. Der Platz war extrem begrenzt, und die Befestigungen des Motors ließen ihm kaum genug Raum zum Atmen. Gleichzeitig stieß er sich die Hand an einer für ihn unsichtbaren Leitung und musste mit der Zunge Blutstropfen von drei Fingerknöcheln entfernen. Sobald er die Stelle erreicht hatte, wischte er mit einer Hand die teerige Schmiere beiseite. Während seine Fingernägel Vertiefungen in die Ölschicht kratzten, ertastete er die Umrisse einer kleinen Metallplatte. Sie hatten tatsächlich ein Schild vergessen!
Er brauchte einige weitere Minuten, genug von dem Ölkuchen wegzureiben, um die Aufschrift des Schildes lesen zu können. Dort hieß es, die Maschine sei von Mitsubishi Heavy Industries erbaut worden. Darunter war eine fünfzehnstellige ID-Nummer eingraviert. Juan prägte sie sich ein und schlängelte sich wieder unter der Maschine hervor. Er holte seinen Computer aus der Transporttasche, schaltete ihn an und gab die ID-Nummer ein.
Ihr Kunde, sein Freund Hiroshi Katsui, hatte eine Flut von Informationen über die Schiffe geliefert, die im Japanischen Meer verschwunden waren. Dazu gehörten Dossiers über die Mannschaften inklusive Fotos sowie die Seriennummern von Dutzenden von technischen Einrichtungen jedes Schiffs. Hätten die Piraten den Herd zum Beispiel nicht aus der Schiffsküche geholt, so hätte Juan sein Datenarchiv durchsuchen und auf diese Weise das Schiff finden können, auf dem er installiert worden war.
Mit einem Stift gab er die fünfzehnstellige Zahl ein, wählte das Icon für Motoren und drückte die Suche-Taste.
Als der Name des Schiffs auf dem kleinen LCD-Schirm erschien, fiel Cabrillo der Unterkiefer herunter.
»Wir wurden voll und ganz genarrt«, murmelte er vor sich hin.
»Das dürfte die Untertreibung des Jahres sein, Captain«, flüsterte eine vertraute Stimme in sein Ohr, während gleichzeitig die Mündung einer Pistole gegen seinen Hinterkopf gedrückt wurde. Eine Sekunde später näherten sich Männerstimmen, und der Schein mehrerer Taschenlampen tanzte zu einem der wenigen Zugänge zum
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