Todesfracht
Ehefrau?«
»Es dürfte nicht schwierig sein, etwas Derartiges aus den Zeitungsarchiven auszugraben.«
»Okay, kümmere dich darum. Ich fliege nach Zürich, um die Lage zu sondieren und zu entscheiden, ob sich meine Idee erfolgreich umsetzen lässt. Wo seid ihr im Augenblick?«
»Im Ostchinesischen Meer, etwa zweihundert Meilen nördlich von Taiwan«, sagte Max.
»Und die Maus?«
»Zwanzig Meilen vor uns. Wir haben entschieden, dass dies in etwa die Reichweite ihres Radars ist. Wir schicken alle zwölf Stunden ein UAV los, um sie zu überprüfen und uns zu vergewissern, dass sich dort nichts verändert hat. Bisher ist es ein ganz normaler Schleppvorgang. Nichts Außergewöhnliches.«
»Außer dass das Schiff im Dock auf hoher See entführt wurde.«
»Nun ja, das stimmt.«
Da die
Maus
pro Tag hundertfünfzig Meilen zurücklegte, waren sie nur noch anderthalb Tage von Taipeh entfernt, allerdings ging Juan immer noch davon aus, dass das Schiff den Kurs ändern und ein anderes Ziel ansteuern würde. Taiwan war eine moderne Demokratie und zu geordnet und gesetzestreu, um den Piraten als Operationsbasis zu dienen. Gewiss würden sie die Reise bis nach Vietnam, zu den Philippinen oder nach Indonesien fortsetzen.
Das bedeutete, dass er sich an Rudolph Isphording heranmachen musste, ohne die
Oregon
als Operationsbasis benutzen zu können. Doch er brauchte ihre einzigartigen Fähigkeiten, wenn er seine Idee in die Tat umsetzen wollte. Er schätzte Entfernungen und Zeiten und bezog die Reichweite des Robinson R-44, der unter Deck geschützt in seinem Hangar stand, in seine Berechnungen mit ein. Wollte er Ausrüstung und Personal von der
Oregon
holen, stand ihm nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung, während das Schiff Taiwan passierte. Sobald es das Südchinesische Meer erreicht hätte, wären sie zu weit vom Festland entfernt, um irgendwelche Transporte durchzuführen. Ihm wurde schmerzhaft klar, dass er nach seiner Ankunft in Zürich nur zwei Tage Zeit hätte, um zu entscheiden, wen oder was er von der
Oregon
brauchte, ehe sie außer Reichweite war.
Sie hatten drei Wochen gebraucht, um die notwendigen Vorbereitungen für den Auftrag in Nordkorea zu treffen, und selbst das war verdammt knapp gewesen. Aber diese Aktion war ein Kinderspiel gewesen – verglichen mit dem, was Cabrillo jetzt im Sinn hatte.
12
E ddie hatte immer an das alte Sprichwort geglaubt, dass die Menschen ihres eigenen Glückes Schmied seien. Dies hieß jedoch nicht, dass er die Mächte des Schicksals ignorierte, die jemandem zu einem unerwarteten Lotteriegewinn verhalfen oder ihn Opfer eines schweren Unfalls werden ließen. So wie er dieses Sprichwort verstand, waren sorgfältige Planung, umsichtiges Handeln und ein wacher Geist mehr als genug, um Probleme zu meistern. Man brauchte kein Glückspilz zu sein, um Erfolg zu haben. Man musste nur hart arbeiten.
Nachdem er zwei Stunden in einem Bewässerungsgraben gelegen hatte, hielt er noch immer an seiner Überzeugung fest. Er hatte nicht die Zeit gehabt, diese Mission sorgfältig zu planen, daher war es kein Werk des Schicksals, das ihn in diese missliche Lage gebracht hatte. Es war nichts anderes als seine mangelnde Vorbereitung. Aber nun, da die fünfte Stunde anbrach und das durch Unterkühlung hervorgerufene Zittern seines Körpers die Oberfläche das Bachs kräuselte, verfluchte er die Götter wegen seiner Pechsträhne.
Seine Ankunft in China war glatt über die Bühne gegangen.
Die Zollbeamten warfen nur einen flüchtigen Blick auf seine Papiere und schenkten sich eine intensive Kontrolle seines Gepäcks. Das hatte ihn kaum überrascht, da er als Diplomat auftrat, der nach einem Jahr in der Botschaft in Australien in die Heimat zurückkehrte und daher Anspruch auf eine bevorzugte Behandlung hatte. Die Papiere, die er während seines Aufenthalts in China benutzen wollte, wiesen ihn als stellungslosen Büroangestellten aus. An seinem ersten Tag in Shanghai war er ziellos durch die Straßen gewandert. Er war so lange nicht mehr in China gewesen, dass er sich erst einmal wieder akklimatisieren musste. Er wollte seine Körperhaltung und Gehweise verändern – er ging einfach viel zu forsch – und brauchte ein wenig Zeit, um sich wieder an die Sprache zu gewöhnen.
Mandarin und Englisch hatte er bei seinen Eltern in New Yorks Chinatown gelernt, daher hatte er zwar keinen Akzent, aber eine etwas andere Modulation, die einem Chinesen sofort auffallen würde. Er lauschte auf die Gespräche
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