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Todesfrist

Todesfrist

Titel: Todesfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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würden sie diesmal sprechen? Über ihre unglückliche Beziehung zu einem verheirateten Mann? Was würde der Bauerntrampel aus Grießkirchen ihr wohl diesmal raten? Allerdings war die Therapeutin professioneller, als Rose gedacht hatte – hart zu knacken, gab nur wenig von sich preis. Aber diesmal würde Rose vielleicht etwas Neues über sie erfahren. Unbewusst erzählte jede Frau von sich, sobald sie einer anderen Frau Ratschläge erteilte. Bei ihr war es nicht anders.
    Vor dem Abendessen mit Frank war bestimmt noch Zeit für Ayurveda, Maniküre und Friseur. Diesmal konnte er bis 23.30 Uhr bleiben, und sie würden nach dem Marriott noch zu ihr nach Hause fahren. Er mochte es, wenn sich ihre alten Jazzscheiben auf dem Plattenteller drehten und er an ihrem Ohr knabberte, während sie ihm schweinische Gedichte von William Burroughs vortrug. Sie liebte es, wenn er in ihr Ohr flüsterte, sie spreche wie eine Nonne und küsse wie der Teufel. Dieser Mann hatte keine andere Frau verdient als sie.
    Rose war mit ihrer um etwa eine Dioptrie zu schwachen Hornbrille so darauf konzentriert, keinen Unfall zu verursachen, dass sie den dunkelblauen zweitürigen Ford Fiesta nicht bemerkte, der ihr folgte.

40
    Sintflutartig ergoss sich der Regen über die Stadt. Sabine stand in der Hauseinfahrt des Altbaus. Ihr Thermopulli war völlig durchnässt. Ein Kollege von der Wiener Kripo hatte ihr eine Regenjacke mit reflektierenden gelben Streifen gegeben.
    Die Hecktüren des Krankenwagens schlugen zu. Ohne Zeit zu verlieren, preschte die Ambulanz mit Blaulicht und Signalton davon. Wasserfontänen spritzten aus den Schlaglöchern an der Fahrzeugseite empor. Als der Wagen durch die Schnellbahnunterführung raste, hallte das Sirenengeheul von den Wänden. Sekunden später sah Sabine das Blaulicht noch als Spiegelung an Häuserwänden und in Regenpfützen.
    Sie starrte auf die andere Straßenseite, zur Hausnummer 18. Seit einer Viertelstunde stritten sich dort Maarten Sneijder, Ben Kohler und Oliver Brandstätter mit einigen anderen Beamten. Die Gruppe stand vor dem Hauseingang, umgeben von Polizeiwagen. Trotz des Regens waren die lauten Stimmen nicht zu überhören. Nur Männer. Deshalb hatte sie sich zurückgezogen. Auf Flegeleien, Machogehabe und gegenseitige Beschuldigungen konnte sie verzichten. Unter den Beamten war auch ein hohes Tier, ein Mann im beigen Anzug, mit Brille und grauem Haarkranz. Möglicherweise Kohlers Vorgesetzter. Die Emotionen kochten hoch.
    Sabine interessierte nicht, was die Typen besprachen. Im Moment gingen ihr andere Probleme durch den Kopf. Ihr Koffer stand in der Kantine des Bundeskriminalamts, und sie hatte keine Ahnung, wo Sneijder und sie übernachten sollten. Ihr Handyakku war nahezu leer und würde möglicherweise nur noch für ein kurzes Gespräch mit ihrer Schwester reichen. Mutters Mörder war immer noch frei, und die Kollegen vom Münchner LKA, die keine
Ahnung hatten, was sich in den letzten zwölf Stunden in Wien ereignet hatte, warteten unverändert auf ihren Besuch. Der Kerl im beigen Zweireiher würde garantiert Kontakt mit München aufnehmen. Nach dieser Glanzleistung, bei der sie Helen Berger verloren hatten, hing ihr Job beim Kriminaldauerdienst am seidenen Faden – und eine Ausbildung beim BKA konnte sie vergessen. Das miese Wetter passte perfekt zu ihrer Verfassung.
    Sneijders Stimme drang zu ihr herüber. Er sprach leise, aber betont. Augenblicklich verstummten die anderen Männer. Dann löste er sich von der Gruppe und kam zu ihr. Regenwasser lief ihm über die Glatze. Im Licht der Blitze, die im Minutentakt über die Hausdächer zuckten, sah sein Gesicht aschfahl aus.
    »Wollen Sie zu mir unters Vordach?«, fragte sie.
    »Danke.« Sneijder wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. »Die Bilanz sieht nicht zu unseren Gunsten aus, Eichkätzchen. Dass wir ein weiteres Opfer von Carl retten konnten, interessiert die nicht. Helen Berger wird vermisst. Meine Schuld! Und ich habe keine Ahnung, wo der Mistkerl sie hingebracht haben könnte.«
    »Wie geht es Rose Harmann?«
    »Carl hat ihr neun Finger abgeschnitten. Sieben davon lagen im Eimer. Der Notarzt glaubt nicht, dass die Chirurgen einen davon retten können. Sie hat Wundbrand und eine Blutvergiftung. Möglicherweise müssen sie ihr sogar …« Sneijder wurde durch das Läuten seines iPhones unterbrochen. Er ging sofort ran und lauschte eine Weile. »Welche Sektorantenne?«, fragte er schließlich. »Aha … und das andere? … Gut,

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