Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
und machte Ronny Pirchow mit Gerda bekannt, die ihn freundlich begrüßte. „Schön, dass Sie heute Abend auch gekommen sind, dann können wir gemeinsam auf den Endspurt anstoßen.“ Wellenstein war überrascht. „Sie kennen sich schon?“ Gerda lachte. „Herr Pirchow war bereits einige Male bei mir im Salon. Und wir scheinen auch den gleichen Musikgeschmack zu haben, jedenfalls waren wir vergangenen Freitag beide zum Gesangsabend von Valentina Felice hier.“
Wellensteins Sekretär schaute sich kurz um, damit Valentina Felice nicht sah, wie er eine übertriebene Grimasse schnitt und mit verstellter Stimme trällerte: „Ganz hohe Kunst, wenn Sie mich fragen, meine Liebe.“ Wellenstein freute sich über die Heiterkeit an seinem Tisch. Nichts war ihm mehr zuwider als langweilige Gespräche. Gerda hätte sich zwar gern zu den Damen aus dem Alt gesellt, denn obschon sie während der Probe zusammensaßen, zum Reden kamen sie dabei nicht.
Nachdem jeder bestellt hatte, stand Wellenstein auf und hielt eine kurze Rede. Er lobte die Leistung des Chors und würdigte die Verdienste seines Nachfolgers, den das Lob sichtlich mit Stolz erfüllte. Es gelang ihm mit wenigen Worten, die alten Chorzeiten wieder aufleben zu lassen. Auch wenn einzelne Sänger anfangs noch etwas reserviert waren, so hörte man nach der Rede kein kritisches Wort mehr über Wellenstein.
Gerda nutzte die kleine Unterbrechung, um zur Toilette zu gehen. Auf dem Weg nach draußen wurde sie von einer Chorschwester am Ärmel gezupft und auf die Eckbank heruntergezogen. Verschwörerisch flüsterte sie ihr ins Ohr. „Pass nur auf, Wellenstein ist immer noch der Alte. Vor dem ist kein Rock sicher! Der ist immer noch ein Schürzenjäger.“
Gerda lachte nur und winkte ab. „Da ist er bei mir aber an der fal schen Adresse!“ Die andere meinte nur, dass die Dunkelziffer der Wellenstein-Groupies hier im Chor wahrscheinlich recht hoch sei. Gerda mochte sich nicht auf solche Spekulationen einlassen, das Privatleben des Dirigenten war seine Angelegenheit, das ging sie nichts an. Sie wollte aufstehen und endlich um die Ecke verschwinden, als ihre redselige Nebensitzerin schon ein neues Thema gefunden hatte. „Schau mal, der Pirchow. Findest du nicht, dass er Wellenstein den ganzen Abend schon so komisch ansieht? Da stimmt doch irgendetwas nicht. Haben die beiden vielleicht was miteinander? Ungewöhnlich ist das doch nicht in Musikerkreisen.“
Gerda zuckte nur mit den Schultern. Was sollte sie auch darauf sagen? Die andere ließ sich davon jedoch nicht irritieren. „Jedenfalls habe ich gehört, dass es in Wellensteins Ehe auch nicht mehr so stimmen soll. Vielleicht hat er sich dann einen Lustknaben angelacht.“
Gerda reichte es, sie stand auf. „Gitte, nimm es mir nicht übel, aber ich muss jetzt wirklich aufs Klo. Wir sehen uns später.“
Als Gerda erleichtert das stille Örtchen verlie ß, kam Valentina Felice gerade aus dem Büro. Fast schien es so, als habe sie der Friseurin aufgelauert. „Ah, Frau König. Gut, dass ich Sie sehe. Das iste so schlimm mit die Mutter von die große Herr Wellenstein. Wissen Sie, ob sie iste tatsächlich gemordet worden?“
Was war denn heute nur mit allen los? War sie vielleicht die Informationszentrale von Bärlingen? „Von den Gerüchten habe ich auch schon gehört, Frau Felice. Zu den Todesumständen von Frau Wellenstein kann ich Ihnen aber nichts sagen.“
Valentina Felice wirkte enttäuscht. „Schade, ich dachte, weil Sie sind fast wie eine Poliziste in Bärlingen. Wissen Sie, die Hauptekommissar io iste gestern gekommen und hatte gestellt viele Fragen an mich und Adriano. Glaubte der, dass wir sind die Mörder? Ich bin das Opfer, vielleicht hate das vergessen der Kommissario!“
Gerda seufzte. Sie konnte es Schorsch nicht verdenken, dass die Besitzer des Venezias ihm verdächtig vorkamen. Immerhin hatte Adriano Felice der Kontakt zu einem sizilianischen Auftragskiller nachgewiesen werden können und die Gästeliste am vergangen Freitag hätte jedem Mafia-Thriller zur Ehre gereicht.
Gerda hoffte, das Gespräch schnell beenden zu können. „Nehmen Sie sich die Sache nicht so zu Herzen, Herr Haller macht schließlich nur seine Arbeit und er muss eben jeder Spur nachgehen, auch wenn sie noch so unwahrscheinlich ist.“
Zum Glück wurde Valentina in diesem Augenblick von ihrem Mann gerufen . Als Gerda das Nebenzimmer wieder betrat, sah sie, dass Wellenstein von Tisch zu Tisch ging und sich mit den
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