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Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)

Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)

Titel: Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wierlemann
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ihr bisheriges Leben zog und sich einem ehrlichen Blick in die Zukunft stellte, wusste sie, dass sie jetzt genau zwei Wege zur Auswahl hatte. Entweder haderte sie mit sich, weil sie nichts weiter als seine Gattin war oder aber es gelang ihr, sich selbst zu überzeugen, dass das Glas auch für sie halbvoll und sie immerhin Wellensteins Ehefrau war. Esther entschied sich pragmatisch für die letzte Option und wusste, dass sie damit zumindest finanziell ausgesorgt haben würde. Emotionale Ansprüche würden in der heutigen Zeit sowieso überbewertet, redete sie sich ein.
    So sicher sie war, dass sie es schaffen würde, diese Krise zu meistern, so sehr zweifelte sie daran, dass ihrem Mann das auch gelingen würde. Schon die ganze Woche hatte er die meiste Zeit allein in der Bibliothek verbracht und sie hatte abends bemerkt, dass er nicht einmal das Licht einschaltete, sobald es dunkel geworden war. Doch Esther vertraute darauf, dass sich auch dieses Problem lösen würde, wenn es an der Zeit war.
     
    ***
     
    Der Start in den Tag verlief etwas schleppend und Georg schwor sich, so schnell kein Garagenfest mehr mit seinen Oldies zu feiern. Er war das Kiffen einfach nicht gewohnt und hatte einen dicken Kopf. Die restlichen Hausbewohner schienen den gestrigen Abend besser verkraftet zu haben, denn als Georg noch vor seinem Frühstück saß, hörte er schon rege Betriebsamkeit im Treppenhaus. Die Kehrwoche wurde gemacht und die Hausfrauen brachen zum Markt auf. Die dazugehörigen Männer taten zumindest so, als seien sie sehr beschäftigt, aber Georg wusste, dass sie sich, sobald ihre Frauen das Haus verlassen hatten, bei Herrn Ebert in der Werkstatt zu einem Konter-Bier trafen. So hatten sie es zumindest gestern Abend heimlich verabredet.
    Georg war klar, dass heute ein anstrengender Tag auf ihn wartete. Er hoffte, dass ihm eine Schmerztablette wieder einen klaren Kopf verschaffte. Wenn er nur wüsste, aus welcher Richtung dem Dirigenten Unheil drohte. Dass er in Gefahr - in akuter Lebensgefahr - schwebte, daran bestand kein Zweifel. Allerdings hatte Wellenstein sich nicht überreden lassen, das Konzert abzusagen. Alle Versuche Georgs in diese Richtung hatte er sofort abgeblockt. Und er überzeugte den Hauptkommissar schließlich, dass es nur während des Konzertes möglich sei, den Täter zu stellen. Und so leitete Georg alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen in die Wege.
    Jetzt aber half alles Grübeln nichts. Georg konnte es drehen und wenden wie er wollte, den einzigen Anhalt, den sie hatten, war die Drohung des Täters, dass heute der letzte Vorhang fällt . Georg blieb nichts anderes übrig, er musste die Sache auf sich zukommen lassen. Die Zeit bis zu seinem Aufbruch versuchte er sich in seinem Bastelzimmer abzulenken, wo er sich mit einem neuen Flugzeugmodell beschäftigte.
    Georg fühlte sich im Anzug immer ein wenig verkleidet. Heute kam er allerdings nicht darum herum, sich in Schale zu werfen. Seine Mutter legte großen Wert darauf, dass sich ihr Sohn bei den Konzerten der Kantorei dem Anlass entsprechend kleidete.
    Auch seine Mutter hatte sich fein gemacht und wartete vor dem Altersheim darauf, dass ihr Sohn sie wie vereinbart abholte. Sie war ein wenig nervös.
    Georg hatte seine Mutter sofort entdeckt, als er in die Einfahrt zum Gertrudenstift bog. Er traute seinen Augen nicht. Mit wem stand sie denn da Arm in Arm? Hatte der Mann sich etwa gerade zu seiner Mutter gebeugt und ihr einen Kuss auf die Wange gegeben? Jetzt hatte seine Mutter ihn auch bemerkt und winkte ihn her, als ob sie in New York ein Taxi anhalten würde. Glaubte sie tatsächlich, dass er sie nicht sehen würde? Um diese Uhrzeit stand sonst niemand vor dem Altersheim.
    Seine Mutter hatte wirklich großes Glück, dass sie noch so rüstig war. Dass sie allerdings so vital war, hätte Georg nicht für möglich gehalten. Auf dem kurzen Stück von der Einfahrt bis zu seiner Mutter schwirrten ihm viele Gedanken durch den Kopf und er wusste nicht so recht, was er von der Situation halten sollte. Seine Mutter hatte es geschafft, ihn richtig aus dem Konzept zu bringen und so besann sich Georg auf das, was in solchen Fällen den wenigs ten Schaden verursachen konnte, gute Manieren.
    Er wäre zwar liebe r allein mit seiner Mutter zu dem Konzert gegangen, schon der alten Tradition wegen, aber vielleicht konnte ihn dieser freundlich dreinschauende Herr zukünftig bei dieser Pflicht ablösen, denn das nächste Konzert der Kantorei war so sicher wie das Amen

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