Todesgarten
dieser Geschichte, Michael?
Sie hatte am Vormittag ein paar Telefonate geführt. Es
war die routinemäÃige Ãberprüfung von Bernd Neubauer gewesen, um die Michael sie
gebeten hatte. AuÃerdem war das ohnehin ihr Job bei den Ermittlungen. Keines
dieser Telefonate hatte lange gedauert. Und doch hatten sich daraus weit mehr
Fragen als Antworten ergeben. Bislang hatte keiner den Pflegevater von Daniel
Treczok wirklich auf dem Schirm gehabt. Doch das änderte sich jetzt.
Das erste Telefonat hatte sie mit Georg Vogt geführt,
einem alten Freund aus ihrer Ausbildungszeit, der bei der Stuttgarter Polizei
arbeitete. Der kurze Dienstweg eben. Er bestätigte ihr, was sie bereits wussten:
Es gab nichts über Neubauer in den Akten. Keine Vorstrafen, keine
Ordnungswidrigkeiten, nicht einmal Punkte in Flensburg.
Aber das war nicht alles. Georg Vogt hatte noch ein
bisschen für sie herumtelefoniert. Bernd Neubauer hatte bei dem Bauunternehmen,
das ihn beschäftigte, offenbar ganz kurzfristig unbezahlten Urlaub genommen. Es
schien für ihn sehr wichtig gewesen zu sein, sonst hätte sein Chef ihm diesen
Urlaub nicht gewährt. Weshalb Neubauer unbedingt freihaben wollte, das konnte
sein Chef aber auch nicht sagen. Neubauer lebte allein, von einer Freundin oder
einer Beziehung wusste keiner etwas. Seine Kollegen bei der Baufirma waren
seine einzigen Kontakte. Georg Vogt bot sich an, weiter nachzuforschen, aber
Anke beschloss, das selbst in die Hand nehmen.
AnschlieÃend meldete sie sich bei dem Bauunternehmer,
der Neubauer beschäftigte. Er verbrachte gerade seinen freien Tag im Gartenstuhl
auf der Terrasse und war alles andere als erfreut über ihren Anruf. Nach
einigem Hin und Her gab er ihr jedoch Namen und Telefonnummer von Neubauers
engstem Freund und Arbeitskollegen.
Ihm galt Ankes dritter Anruf. Sie erreichte aber nur
seine Frau, die gerade versuchte, ihre lärmenden Kinder in Schach zu halten und
das Essen auf den Tisch zu bringen. Sie war ziemlich kurz angebunden und sagte,
ihr Mann werde bald nach Hause kommen, und dann würde sie dafür sorgen, dass er
sie schnellstmöglich zurückrief.
Seitdem saà Anke da, dachte nach und wartete auf den
Rückruf.
Irgendwas war mit Michael. Irgendwas schien ihn mit
der Sache zu verbinden. Statt Ferien zu machen und die Beine hochzulegen,
interessierte er sich plötzlich für Neubauer. Und jetzt stellte sich heraus,
dass Neubauer nirgends zu erreichen war. Niemand wusste, wo er sich befand, und
sein Pflegesohn war ermordet worden. Das war doch kein Zufall.
Führte Michael etwa auf eigene Faust Ermittlungen
durch? In seinem Urlaub? Weil ihm langweilig war? Nein, da musste etwas anderes
dahinterstecken.
Die Tür wurde aufgerissen. Leicht verstört blinzelte
sie gegen das Sonnenlicht. Harald stand auf der Schwelle.
»Wo bleibst du denn? Wir sitzen alle drüben und warten
auf dich.«
Die Besprechung.
»Ach herrje, das hatte ich ganz vergessen.«
Eine Sache musste sie aber vorher noch regeln.
»Harald, ich komme sofort nach, ich muss nur schnell
noch ein Telefonat führen. Fangt schon mal ohne mich an.«
»Beeil dich aber«, sagte er und schloss die Tür.
Anke rief bei Michael an.
»Anke! Schön, dich zu hören! Hast du die Informationen
für mich?«
»Ich weià nicht. Kommt drauf an.«
»Wie bitte? Jetzt sag schon.«
»Nein. Zuerst erklärst du mir, was du von Neubauer
willst.«
Schweigen am anderen Ende. Diesmal würde er sie nicht
damit weichkochen.
»Neubauer ist unter Umständen eine gute Spur«, sagte
sie. »Das wusstest du doch schon, oder? Ich wäre früher oder später natürlich
auch dahintergekommen, aber ich finde es schon interessant, dass ausgerechnet du mich auf diese Spur setzt. Du kannst mir nicht erzählen,
dass du in deiner Freizeit hinter unserem Rücken weiterermittelst. So
wahnsinnig bist nicht einmal du. Also: Was hat es damit auf sich?«
Michael holte Luft. »Also gut. Bleibt es unter uns?«
»Das kann ich dir nicht versprechen.«
»Ich verstehe. Nun ja. Also, es ist so: Bernd Neubauer
ist vielleicht ein entfernter Verwandter von mir.«
»Ein Verwandter? Was ist das denn jetzt für eine Geschichte?«
»Es stimmt. Erinnerst du dich, was mit meinen Eltern
war? Sie sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als ich zwölf war.«
»Ja, das weià ich doch. Und weiter?«
»Ich glaube,
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