Todesglocken für John Sinclair
in die Tiefe.
Ich konnte nicht behaupten, daß mir die Fahrt Freude bereitete. Sie wurde oft genug durch einen kurzen Stillstand unterbrochen, der sich dann wieder ruckartig löste. Ich glitt weiterhin in die Tiefe. Das düstere Licht aus der Halle verschwand allmählich. Ich fuhr hinein in die Finsternis und sah den Dämmer über mir immer blasser werden. Schließlich stand ich im Finstern. Ich befand mich in einem Fahrstuhlschacht und hoffte darauf, daß dieser alte Lift nicht stehenblieb. Zum Glück ging es weiter.
Intervallartig näherte ich mich der Tiefe und auch wieder einer schalen Helligkeit. Sie steigerte sich, so daß ich sie als mattes Licht identifizierte. Endlich stoppte der altersschwache Fahrstuhl. Natürlich wieder mit einem Rattern und Beben. Während der gesamten Fahrzeit hatte ich die Beretta in der Hand behalten und steckte sie auch nicht weg, als sich das Gitter hob und ich den Fahrstuhl verlassen konnte. Ich befand mich in einem Gang. Er lag unter der Erde, wahrscheinlich so tief wie ein U-Bahn-Tunnel.
Alte, brüchige Steine bildeten die Mauern. Feuchtigkeit bedeckte die Mörtelritzen zwischen den Steinen. Da es hier unten sehr kalt war, hatte sich aus dem Wasser teilweise Eis gebildet.
Von den anderen entdeckte ich keinen Schuh. Auch Geräusche vernahm ich nicht, so daß mir nichts anderes übrigblieb, als in den Gang hineinzutauchen.
Ich verließ mich dabei auf mein Gefühl und wählte die linke Seite, die ich entlangschritt.
Vor meinen Lippen dampfte der Atem. Auch meine Hände wurden kalt. Aber die Handschuhe waren einfach zu dick. Deshalb ließ ich sie in den Taschen. Hätte ich sie übergestreift, wäre es mir unmöglich gewesen, zu schießen.
Unter meinen Sohlen knirschten Dreck und Mörtel. Ich kam mir vor wie in einem langen Eisgefängnis und blickte die Reihe der trüben Lampen entlang, die an der Decke klebten.
Am Ende dieser Reihe befand sich auch das Ende des Ganges. Hier stoppte ich, denn das Licht der beiden letzten Lampen berührte eine in der Mauer eingebaute Stahltür, die durch den Schein einen gelbroten Glanz bekam. Eine Klinke besaß die Tür ebenfalls. Vorsichtig drückte ich sie nach unten, wobei ein knarrendes Geräusch nicht vermieden werden konnte. Ich zog die Tür so weit auf, daß ich in den dahinterliegenden Tunnel blicken konnte, und stellte sofort fest, daß ich mich tatsächlich in einem stillgelegten Schacht der U-Bahn befand.
Zu erkennen war es an den Gleisen, die über eine mit Schotter bedeckte Strecke führten. Das Metall hatte Rost angesetzt, und innerhalb des Tunnels roch es nach Ruß und blakendem Feuer.
Diesen Geruch kannte ich gut. Pechfackeln verbreiteten ihn. Ich brauchte nur nach links in die Tiefe des Tunnels zu schauen, um erkennen zu können, daß ich mich nicht geirrt hatte. Es brannten tatsächlich Fackeln. Sie steckten nicht in den Wänden, sondern wurden von den nervigen Fäusten der Zombies umklammert, die in Zweierreihen in die Tunneltiefe hineinschritten, die Arme halb erhoben hatten und sich ihren Weg leuchteten.
Die meisten Bandenmitglieder schritten rechts und links der Schienen, so daß sie in der Mitte einen bestimmten Platz gelassen hatten. Der mußte auch sein, denn zwei Zombies schleppten das Mädchen mit sich, das ich unter dem Namen Gwendolyn kannte.
Sie taten dies auf eine Art und Weise, wie man es von Eingeborenen-Stämmen herkennt, die einen Gefangenen zum Opferaltar brachten, um den Göttern ein Geschenk zu machen.
Die Männer hatten ihre Arme hoch über den Köpfen erhoben und die Hände so ausgebreitet, daß der starr liegende Körper des Mädchens Platz auf ihnen finden konnte.
In meinem Innern zog sich etwas zusammen. Ich hatte überschlägig gezählt und war auf die Zahl zehn gekommen.
Zehn Mitglieder aus dieser gefährlichen und bis an die Zähne bewaffneten Bande. Ich stand allein.
War noch Zeit genug, um Hilfe zu holen? Vielleicht, vielleicht auch nicht, denn ich wußte nicht, wie lang der Tunnel noch war und wie weit die Zombies mit ihrer Beute noch laufen würden.
Wenn ich zurücklief, die Kollegen alarmierte, und bis die bei diesem Wetter ihr Ziel erreicht hatten, konnte es längst für das Mädchen zu spät sein. Es war am besten, wenn ich allein die Verfolgung aufnahm, und das tat ich auch.
Uber die Schienen oder neben ihnen her ging ich nicht, sondern hielt mich links von ihnen und dabei immer dicht an der Wand. So war die Gefahr, entdeckt zu werden, sehr gering.
Der blakende Fackelschein wies
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