Todesglocken für John Sinclair
mit beiden Händen festhalten. Er hatte seine Finger um ihre Oberarme gekrallt, dennoch hatte er Mühe mit ihr, weil sie sich plötzlich schüttelten, als hätte sie Stromstöße bekommen.
Ihr Kopf flog nach hinten. Das rabenschwarze Haar flog durcheinander. Aus dem Mund drangen heisere Schreie, die sie in Worte umsetzte. »Er läßt uns nicht im Stich. Er zeigt uns den Weg. Satan ist allmächtig. Er ist allmächtig!«
Nach diesen Worten drang ein Schluchzen aus ihrem Mund, und der Kopf sank wieder nach vorn.
Suko schaute mich an. »Verstehst du das, John?«
»Ja, sie ist dem Teufel ergeben. Ich werde…«
Mein Freund erfuhr nie, was ich wollte, da wir beide plötzlich abgelenkt wurden.
Ich hatte den Glockenklang bereits einige Male vernommen. Suko noch nicht, er hörte ihn zum erstenmal.
Der Inspektor wurde blaß…
Zack sprach nicht, Suko sagte auch nichts, und ich schwieg ebenfalls, denn wir lauschten oder wollten den Klängen lauschen. Die Hexe aber reagierte auf das Glockengeläut. »Daaa!« brüllte sie mit einer sich überschlagener Stimme. »Da ist es. Der Teufel hat die Glocke auf die Erde gebracht, und sie wird dafür sorgen, daß all seine Diener, die den Klang vernehmen, zu ihm kommen können. Ich muß hin…«
Bevor selbst der starke Suko noch reagieren konnte, hatte sie sich losgerissen und rannte quer über die Tanzfläche dem Ausgang der Disco entgegen.
Meinetwegen konnte sie laufen, auch Suko traf keine Anstalten, sie zurückzuhalten. Das war jetzt unwichtig geworden. Der Glockenschlag interessierte mehr.
Zwar vernahm ich den Klang nicht mehr so deutlich wie beim letztenmal, weil ihm doch ein Teil seiner Lautstärke durch die uns trennende Entfernung genommen wurde, doch die Schläge, die wir vernahmen, reichten aus, um meinen Freund Suko bleich werden zu lassen.
»Was hast du?« fragte ich ihn.
Der Chinese nickte. »Noch nie«, flüsterte er, »habe ich so etwas gehört. Das ist ja gespenstisch.«
»Und wie, mein Lieber, und wie.« Ich hatte die Antwort nur automatisch gegeben, da sich meine Gedanken um die Worte drehten, die ich von Zack gehört hatte.
Massentod in Soho!
Das hatte er wörtlich zu mir gesagt. Und so etwas machte mir Angst. Nicht der Teufel persöhnlich würde dafür Sorge tragen, seine Diener hatten sich die Stadt vorgenommen, um sich ihm zu beweisen. Ich fragte mich jetzt schon, wie wir das Unheil stoppen sollten. Bestimmt nicht, wenn wir hier nur herumhockten und nichts unternahmen. Mein Blick fiel auf die Uhr.
Bis Mitternacht war noch fast eine Stunde. Manchmal griffen dämonische Wesen ja erst um Mitternacht ein, sie hatten einen bestimmten Zeitplan, den man auch als ein ungeschriebenes Gesetz bezeichnen konnte. Traf es auch hier zu, hatten wir noch eine kurze Frist. Als ich Suko ansprechen wollte, fiel mein Blick auch auf Zack, und ich entdeckte den starren Ausdruck in seinen Augen, wobei er zusätzlich noch überheblich grinste.
Dieser Ausdruck bewies mir, daß er mehr wußte, als er uns gegenüber zugegeben hatte. Natürlich war auch von ihm bemerkt worden, daß ich dieses Grinsen entdeckt hatte, und auf der Stelle preßte er die Lippen zusammen.
Ich war innerlich auf 140. Die vergangenen Szenen hatten mich aufgewühlt. Unzählige Menschen schwebten wahrscheinlich schon in Gefahr, und nun kam dieser aufgeblasene Fatzke daher und lachte uns noch aus.
Ich drehte zwar nicht durch, aber meine Reaktion kam der anderen schon sehr nahe.
Zack erschrak noch, als er mich dicht vor sich auftauchen sah. Mit beiden Händen packte ich ihn und drehte wieder seine Revers zusammen. »Verdammt noch mal!« fuhr ich ihn an. »Sie wissen sehr gut Bescheid. Was ist geschehen, und was wird noch geschehen? Reden Sie endlich? Sagen Sie, was Sie wissen!«
Ich hatte ihn zurückgedrängt und preßte ihn mit dem Rücken hart gegen den Handlauf der Bartheke.
Er zwinkerte mit den Augen und blies mir seinen warmen Alkoholatem ins Gesicht. »Krieg es doch selbst heraus, Bulle!«
»Mann, ich stecke Sie hinter Gitter…«
Er begann zu lachen. »Das schaffst du nicht mehr. Der Teufel, die Hexen, Magic Man und die Zombies regieren jetzt hier in Soho. Wir alle haben keine Chance mehr. Es sei denn, wir stehen auf ihrer Seite, aber das ist bei dir ja nicht der Fall.«
Nein, es war bei mir nicht der Fall. Natürlich konnte ich ihn nicht mit Gewalt zu einer Aussage zwingen, das wollte ich auch nicht. So etwas geht mir gegen den Strich.
Auf meiner Schulter spürte ich Sukos Hand. Er drückte
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