Todesgott
hat uns angemacht«, sagt Garðar Jónsson auf einmal. »Wegen meines T-Shirts.«
Er zeigt auf den Aufdruck
White Revolution – The Only Solution!
»Und dann hat er gesagt, Ivo könnte froh sein, kein Schwarzer, sondern nur ein bisschen dunkelhäutig zu sein. So was in der Richtung.«
»Und was wolltet ihr mit Rúnar machen?«
»Nur ein bisschen mit ihm spielen«, sagt Garðar. »Ihm klarmachen, dass er sich nicht in Angelegenheiten einmischen soll, die ihn nichts angehen.«
»Geht ihn der Tod seines Bruders etwa nichts an?«
»Das hab ich nicht gemeint. Ich meine, er soll uns da nicht mit reinziehen. Wir waren ganz woanders.«
»Hat Skarphéðinn Drogen genommen?«
Agnar schweigt.
»Bitte ein bisschen schaukeln, Jóa.«
Sie bewegt sich auf seinem Kopf.
»Ahhh. Nicht! Er war jedenfalls total durchgeknallt.«
»Vielleicht stimmt ja die Vermutung der Polizei, dass ihr Drogenschulden bei ihm eintreiben wolltet und das Ganze in einen Mord mündete.«
»Nein! Nein! Nein! Wir haben nichts damit zu tun. Und wir wissen nichts darüber.«
»Wo habt ihr heute Nacht nach Rúnar gesucht?«
»In der Stadt. Und bei ihm zu Hause.«
»Und?«
»Er war nicht da. Seine Mutter hat gedroht, die Polizei zu rufen, wenn wir nicht verschwinden würden.«
Ich überlege. »Das würde ich auch sagen. Verschwindet. Und wenn ihr Jóa und mich noch einmal unaufgefordert anschaut, zeigen wir euch bei der Polizei wegen Einbruch und Körperverletzung an.«
»Wir sind doch hier die Opfer von Körperverletzung«, murmelt Garðar. »Nicht ihr.«
»Wir haben euch also zu einer Party zu uns eingeladen und euch dann angegriffen?«, sagt Jóa. »Wenn ihr meint, dass die Polizei euch solche Hirngespinste glaubt, dann seid ihr noch dümmer, als ihr ausseht.«
»Und das will schon was heißen«, füge ich hinzu.
»Nein, nein, fuck it«, sagt Agnar heftig. »Wir lassen euch in Ruhe. Das war ein Fehler. Sorry, sorry.«
»Ist auch besser so«, entgegne ich, »wir haben euch nämlich in der Hand. Wie einen klitzekleinen Vogelkopf.«
Kurz darauf haben sie sich aus dem Staub gemacht. Jóa und ich sitzen eine Weile stumm und körperlich wie geistig völlig erschöpft da. Snælda hüpft von der Gardinenstange und schwebt hinunter zu meinem Hemdkragen. Sie scheint zu spüren, dass Stille im Moment die beste Antwort ist. Ab und zu knabbert sie sanft an meinem Hals. Dann nicken Jóa und ich uns gleichzeitig zu, stehen auf und beginnen, alle Spuren von Chaos, Aggression, Wahnwitz, Blut und schwarzem Schleim der drei Berserker aus Reyðargerði zu beseitigen.
Ich drücke auf die Klingel mit der Aufschrift »2. Etage und Dachboden, Skarphéðinn«. Diesmal summt der Türöffner, und die Tür geht auf, als ich nach der Klinke greife.
Nachdem ich Jóa zu Heiða gefahren hatte, habe ich versucht, mich hinzulegen. Aber meine Nerven lagen blank, und die erschöpften, verspannten Muskeln ließen sich nicht lösen. Snælda weigerte sich, in ihren Käfig zu gehen. Sie flog wild von einer Zimmerecke in die andere und prallte gegen die Gitterstäbe, so dass ich mir nicht anders zu helfen wusste, als ihr zu erlauben, im Bett auf meiner Schulter zu hocken. Dort schlief sie seelenruhig mit dem Kopf unter ihrem Flügel, obwohl sich die Schulter nicht entspannen konnte und es kaum wagte, sich zu rühren. Snælda schlief auch weiter, als sich die Schulter hinausschlich, Kaffee kochte, das Radio einschaltete, eine Zigarette anzündete und bis zum Mittag die Sonntagszeitung las.
Dann holte ich den Zettel mit Rúnar Valgarðssons Telefonnummer und rief an. Er antwortete. Wie vermutet, hielt er sich in der Wohnung seines Bruders in der Hólabraut auf. Ich erzählte ihm von dem nächtlichen Besuch. Er sagte, er hätte wegen dieser Typen in der Nacht einen Anruf von seiner Mutter bekommen. Daher hätte er beschlossen, nicht nach Hause zu seinen Eltern zu gehen, sondern sich in der Wohnung zu verstecken.
Er erwartet mich an der Tür, in Jeans und einem langen, weißen Hemd und erinnert immer mehr an seinen Bruder.
»Hallo«, sage ich, als ich auf dem Parkettboden im Flur stehe. »Ich hab gehört, du ziehst hier ein und übernimmst die Wohnung deines Bruders.«
»Wer sagt das?«, fragt er verwundert.
»Ein Mädchen hier aus dem Haus. Sie heißt Ösp, findet den Namen aber unmöglich.«
Er lächelt gezwungen.
»Sie scheint sich darauf zu freuen, dass du einziehst. Findet dich viel cooler als Skarphéðinn.«
»Ist ein nettes Mädchen«, sagt Rúnar mit
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