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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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lässt nicht gerade darauf schließen, dass er ausländerfeindlich war. Er war Nationalist, in der traditionellen Bedeutung des Wortes. Liebte sein Land und seine Heimat. Aber rassistisch? Das scheint mir ausgeschlossen. Dafür war er viel zu reif und gebildet. Und heute Morgen hatte Garðar Jónsson doch selbst ein T-Shirt mit dem Aufdruck
White Revolution – The Only Solution!
an. So langsam kapiere ich überhaupt nichts mehr.«
    »Da bist du nicht der Einzige.«
    »Was für ein Motiv sollten diese Typen denn haben? Warum hätten sie Skarphéðinn umbringen sollen?«
    »Solche Idioten brauchen kein Motiv. Die sind doch völlig realitätsfremd. Die leben in einem amerikanischen Actionfilm. Und wenn sie betrunken sind und unter Drogen stehen, brauchen sie noch viel weniger einen Grund. Dafür gibt es sehr viele Beispiele, früher wie heute, hier und da und überall.«
    »Ist bekannt, ob die Gang mit Drogen gedealt hat?«
    »Wir haben einen begründeten Verdacht, aber keine Beweise. Unsere Zeugen, die gleichzeitig Konsumenten sind, ziehen sich nach und nach zurück. Können oder wollen nicht gegen sie aussagen.«
    »Und was kommt als Nächstes?«
    »Als Nächstes arbeiten wir alle Unterlagen, die uns vorliegen, noch mal durch. Wir überprüfen alles noch mal.«
     
    Auf dem Stapel auf meinem Schreibtisch liegt ein Foto. Es fällt mir in die Hände, als ich den Computer ausschalte, bevor ich nach Hause zu Snælda fahre. Jóa hat das Foto für mich vergrößert. Als ich auf den Treppenabsatz trete, höre ich von oben Karós Geschrei und Ásbjörns beruhigende Worte. Ich beschließe, diesbezüglich mit weiteren Maßnahmen bis morgen zu warten.
    Das Foto reiht sich in die lange Reihe unbeantworteter Fragen des Tages aus Akureyri ein.

[home]
19
    Mittwoch
    O h, mein Gott!«
    Ásbjörn lässt das Foto auf meinen Schreibtisch fallen und vergräbt sein aufgedunsenes Gesicht in den Händen.
    Ich sage nichts.
    »Großer Gott!«
    Ich sage immer noch nichts.
    Er nimmt das Bild erneut in seine zitternden Finger und starrt es ausdruckslos an.
    »Kennst du die Frau?«, frage ich.
    Ásbjörn steht mitten in meinem Schrank und betrachtet immer noch das Foto von der Snúlli-Retterin Ásbjörg und ihrer Mutter Sigrún. Es ist nicht besonders scharf, denn Jóa musste es mit allen technischen Finessen von einem anderen Foto vergrößern, auf dem Ásbjörg und Snúlli sich vor dem Klavier mit den Bilderrahmen aufgestellt hatten. Aber für Ásbjörn ist es offensichtlich scharf genug.
    Er wankt mit dem Foto in der Hand durch den Raum. Ich erhebe mich von meinem Schreibtischstuhl.
    »Setz dich, Ásbjörn. Sonst kippst du noch um.«
    Er lässt sich auf den Stuhl plumpsen.
    »Wer ist diese Frau?«, frage ich nach langem Schweigen.
    Ásbjörn schaut auf. Seine Stirn ist schweißnass, und seine Augen sind feucht. »Sigrún«, ächzt er dann. »Sigrún.«
    »Ja, aber du wusstest doch, dass Ásbjörg ›Sigrúnardóttir‹ heißt.«
    »Aber ich hab das nicht in Verbindung gebracht. Ich hatte längst vergessen …«
    Ich warte.
    Er faltet die Hände und schaut zu Boden. »Wir waren mal kurz zusammen. Gegen Ende der Schulzeit.«
    »Und dann?«
    »Dann haben sich unsere Wege getrennt. Ich habe, wie du weißt, in Reykjavík meine journalistische Laufbahn beim
Volksanzeiger
begonnen. Sie hat irgendwo im Ausland angefangen, Architektur zu studieren. Ich hab nie wieder was von ihr gehört.«
    Ich warte.
    Er schüttelt nur niedergeschlagen den Kopf.
    »Du bist dir doch im Klaren darüber«, sage ich, »dass du, im Hinblick auf Ásbjörgs Alter, ihr Vater sein könntest?«
    Er schweigt. Vorne im Empfang ist ein leises Winseln zu hören. Möglicherweise hat Snúllis Papa noch weitere Kinder.
    »Es ist möglich, aber es muss nicht so sein.«
    »Aber warum hat Sigrún mir nichts davon erzählt?«, stöhnt Ásbjörn. »Warum hat sie nie Kontakt zu mir aufgenommen?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Aber ihr solltet definitiv jetzt Kontakt zueinander aufnehmen.«
    »Glaubst du, dass diese Telefonanrufe und die Sache mit Snúlli …«
    »Was ist damit?«, tönt es plötzlich aus der Türöffnung.
    Wir drehen uns ruckartig um. Dort steht Karólína und schaut Ásbjörn, der, das Foto immer noch in der Hand, zusammengesunken dasitzt, starr an.
    »Karó …«, murmelt Ásbjörn zittrig.
    Sie tritt zu ihrem Mann und mustert ihn von oben bis unten. Dann entdeckt sie das Foto und reißt es ihm aus der Hand.
    »Was zum Teufel ist …?«, fragt sie erbost. Dann

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