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Todesgott

Todesgott

Titel: Todesgott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Árni Thórarinsson
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verdammt noch mal im Telefonbuch stehe.«
    »Du findest es also vollkommen überflüssig, dass Leute, die eine SIM -Karte kaufen, registriert werden?«
    »Es ist nicht nur überflüssig. Es ist Schwachsinn und eine Unverschämtheit den Leuten gegenüber.«
    »Aber vereinfacht es nicht die Polizeiarbeit?«
    »Ich hab niemanden darum gebeten, meine Arbeit zu vereinfachen. Ich will, dass Polizeiarbeit schwierig ist. Sie hat nicht leicht zu sein. In welchen Staaten ist Polizeiarbeit schon leicht?«
    »In Polizeistaaten?«
    »Du sagst es. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem sich die Staatsgewalt an Kriminellen orientiert. Ich möchte in einem Land leben, in dem sich die Staatsgewalt an den Bürgern orientiert.«
    »Hört, hört.«
    »Wenn sich die Staatsgewalt an kriminellen Vereinigungen orientiert, wird sie selbst zu einer kriminellen Vereinigung.«
    »Hört, hört.«
    »Machst du dich etwa über mich lustig?«
    »Keineswegs. Man kann wirklich nicht von dir behaupten, du wärest ein Bad Cop.«
    »Wenn’s sein muss, bin ich ein Bad Cop. Aber ich will einfach nur Polizist sein und kein Spitzel oder Soldat. Na ja, was soll’s. Kennst du Skarphéðinns Handynummer? Hat er dir die gegeben?«
    »Nein. Die hab ich nie bekommen. Was ist mit seinen ganzen Freunden und Bekannten und seiner Familie?«
    »Das ist ja das Seltsame. Du bist der Erste, der behauptet, Skarphéðinn hätte ein Handy gehabt. Alle anderen sagen, er sei so altmodisch gewesen, dass er kein Handy wollte. Ich finde das ziemlich abwegig.«
    »Ich nicht. Passt gut zu dem, was ich über seinen Charakter gehört habe. Oder besser gesagt, zu einigem, was ich gehört habe. Und außerdem bin ich selbst ziemlich altmodisch, was das anbetrifft.«
    »Und du hast ihn definitiv mit dem Handy gesehen?«
    »Ja, aber wenn man’s genau nimmt, hätte es auch ein geliehenes sein können.«
    »Von wem?«
    »Keine Ahnung. Was ist denn mit seinem Festnetzanschluss? Ihr habt doch bestimmt die Anrufe überprüft, oder?«
    »Ja. Ist aber nicht viel bei rausgekommen. Skarphéðinn scheint grundsätzlich nicht viel telefoniert zu haben.«
    »Vielleicht war er gegen Technik und Fortschritt.«
    »Ein moderner Mensch, der gegen die Moderne revoltiert?«
    »Wer weiß.«
     
    Auf dem Weg von der Süßwarenfabrik Nammi zurück in die Stadt habe ich im Antiquariat im Kulturzentrum vorbeigeschaut und eine alte, abgegriffene Taschenbuchausgabe von
Loftur, der Magier
erworben.
    Jetzt liege ich ausgestreckt auf dem Sofa im Wohnzimmer mit einem Kissen unterm Kopf und meiner Frau auf dem Hemdkragen. Sie pfeift und trällert, während ich in dem alten Bühnenstück schmökere, das aus irgendwelchen Gründen wieder zum Leben erweckt wurde.
    Ich lese über den Mann, der sich danach sehnt, Herr über sein eigenes Leben zu sein und seine gesamte Umgebung zu dominieren, ohne Rücksicht auf andere, immer nur seinen eigenen Willen oder seine eigenen Wünsche, wie es heißt, vor Augen. Und ich lese über die ewige Dreiecksbeziehung.
    Aber ich bin zu müde und komme nicht über die Mitte des ersten Akts hinaus. Ich lese bis zu einem Satz von Ólafur, der das einfache Mädchen Steinunn liebt, welches von Ólafurs Freund Loftur geschwängert wurde. Mit diesem Satz schlafe ich ein, und mit diesem Satz wache ich mitten in der Nacht, als Snælda meinen Hals anknabbert, wieder auf:
    Wer spürt, dass er einem anderen Menschen Unrecht getan hat, beginnt oftmals, diesen zu hassen.

[home]
20
    Donnerstag
    M an sagt, wer tote Pflanzen im Wohnzimmer hat, sollte nicht zum Arzt gehen.«
    Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll.
    »Gut, dass du dir das zu Herzen genommen hast.«
    »Wie bitte?«, frage ich.
    »Ach, entschuldige«, sagt Dr. Karl Hjartarson. »Das ist mein morgendlicher Übermut. Völlig unangebracht.«
    »Ist schon …«, stammele ich, »… ist schon … in Ordnung.«
    »Das war nur ein Witz. Medizinerhumor ist nichts für jedermann. Aber nur am Rande: Ich hab gerade die Pflanzen hier in der Praxis gegossen und versucht, sie wieder zum Leben zu erwecken. Ist mir leider nicht gelungen.«
    Mir fallen die Kakteen bei Ásbjörg und Sigrún ein. »Menschen, die damit beschäftigt sind, ihre Patienten am Leben zu halten, sollte man das wohl durchgehen lassen«, sage ich.
    »Und selbst das funktioniert nicht bis in alle Ewigkeit«, entgegnet er und seufzt. »Also, kommen wir mal zum Thema. Geiri hat mir gesagt, wir könnten die Sache am Telefon besprechen.«
    Ist das etwa derselbe Mann, der

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