Todesgruß vom Gelben Drachen
seine dicken Finger im Spiel. Wenn du recht hast und ich die Beule dem
Schlitzauge verdanke, steckt Preff dahinter.“ Detl knirschte mit den Zähnen. „Ich
weiß es ja, daß er mich nicht leiden kann.“
Bleib nur dabei! dachte Armin.
„Es wird schwer sein, den Chinesen zu
finden“, meinte er. „Und deinem Onkel kannst du nichts nachweisen.“
„Aber ich brauche Geld.“
„Ich kann dir von meinem was borgen.
Aber nicht sehr viel. Vielleicht 250 oder 300 Mark.“
Detl lachte auf. „Soll ich damit in die
Karibik jetten?“
„Wohin?“
„In das Karibische Meer. Das ist ein
Nebenmeer vom Atlantik und liegt vor dem nördlichen Südamerika.“
„Weiß ich doch. Aber was willst du da?“
„Jutta fliegt hin.“
„Wer?“
„Du kennst sie nicht. Sie heißt Jutta
Möchtegern-Nöll. Ist 20. Eine Super-Maid. Sie macht ab nächste Woche auf Santa
soundso Urlaub. Ich habe ein bißchen gedröhnt, weil ich sie beeindrucken
wollte. Habe den Großkotz rausgehängt, der Knete satt hat. Jutta mag mich. Aber
man muß ihr was bieten. Sie hat Auswahl unter Typen, die ‘nen Jaguar als
Zweitwagen fahren. Die 62 000 hätte ich in Santa soundso auf den Kopf gekloppt.
Mit ihr.“
„Verstehe.“
„Und nun? Jetzt stehe ich da mit ‘nem
gewaschenen Hals.“
„Du brauchst also Geld?“
„Mann, ich rede von nichts anderm.“
„Habe ich dir gesagt, daß Scheffel auch
Geld verleiht?“
„Nee. Oder doch? Daß er Geldverleiher
ist — ja, das hast du erwähnt.“
„Er nimmt natürlich Zinsen, daß ein
Bankdirektor feuchte Augen kriegt. Aber du hast es doch. Sobald du 18 bist,
kannst du alles zurückzahlen.“
Detl dachte nach. Dann klatschte er mit
flacher Hand auf den Tisch, daß die Bierflaschen hüpften.
„Wenn Scheffel mitspielt“, keuchte er
aufgeregt, „wird Preff sich wundern. Dann kann er mal zeigen, ob er was für
mich tut.“
Detl sprang auf. „Ich haue ab. Und
nichts für ungut, weil ich dich verdächtigt habe.“
„Schon vergessen“, meinte Armin mit
gönnerhafter Geste.
13. Gegen Drachen und Schlange
Tim fuhr durch die Einfahrt zum
Hinterhof und stellte sein Rennrad an die Wand.
In der Küche des HONGKONG-Restaurants
klapperten Schüsseln. Fleisch, oder was auch immer, briet zischend in heißer
Pfanne. Einige der Köche schwatzten. Es hörte sich an wie Gekicher.
Tim sah auf die Armbanduhr, als er die
Hintertür öffnete. Nur eine Minute — tatsächlich, nur eine Minute kam er zu
spät.
„Da bist du ja, Tim.“
Durch den Flur kam Lam ihm entgegen.
Der alte Chinese lächelte. Er trug seinen schwarzen Kung Fu-Anzug, der so
schlicht war wie die Kleiderordnung für Zuchthaus-Insassen. In einer Hand hielt
er Leinengurte und Seil, unter dem anderen Arm schwere Lederpratzen, gegen die
der Kampfsportler schlägt, stößt und tritt.
Tim grüßte höflich. Sonst senkt er den
Kopf dabei nie. Aber vor dem ehrwürdigen Morgennebel, in dem das Krokodil auf
Krabbenfischer lauert, war alt-chinesischer Benimm angebracht.
Tim deutete eine Verbeugung an, mit der
der Schüler den Meister ehrt.
„Ich freue mich, Tim, wie eifrig du
dich dem Kung Fu widmest.“
„Kung Fu ist phantastisch, Lam. Und Sie
sind der beste Lehrer.“
„Heute hänge ich dich an den Galgen.
Gefesselt.“
„Ich bin darauf vorbereitet.“
Tim zog seine Windjacke aus.
Auf dem Hof war es kalt, aber kein
Regen fiel.
Tim legte die Hände auf den Rücken. Mit
einem Leinengurt schnürte Lam sie zusammen.
„Einer meiner Köche hat gehört“, sagte
er, „daß die Triaden anfangen, die hiesige Drogen-Szene zu erobern.“
„Wissen Sie Einzelheiten?“ fragte Tim
rasch.
Lam legte ihm einen breiten Gurt mit
metallischer Schließe um die Brust. An der Rückseite befanden sich starke Ösen,
durch die das Seil paßte.
„Keine Einzelheiten. Noch ist alles
Gerücht. Kann sein wahr. Oder nicht.“
„Kann wahr sein, Lam. Wenn man die
Worte so stellt, klingt es für deutsche Ohren besser.“
Lam nickte. „Es heißt, die Triaden legen
Rauschgift-Depots an. Wie ich dir und deinen Freunden schon sagte. Tui sei der
Gelbe Drache, der sie befehligt, sagt man. Tui Hsien-Mieng. Er gilt als einer
der gefährlichsten Rauschgift-Bosse in der europäischen Unterwelt. Und er
versteht es meisterhaft, im Hintergrund zu bleiben. Niemand kenne ihn — sagt
man. Nur ganz wenige sind ihm persönlich begegnet. Seine Anweisungen erteilt er
telefonisch. Aber er überwacht alles. Wer zuwiderhandelt oder versagt, wird
hart bestraft.“
„Daß er
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