Todeshaus am Deich
zwei
Minuten«, bat Christoph. Er konnte nicht verstehen, weshalb Frauen von ihrer
männlichen Begleitung beim Durchstreifen der Geschäfte, vornehmlich der
Abteilungen für Damenmoden, jede Menge Toleranz einforderten, aber beim
kleinsten Wunsch ihres Partners unwillig wurden.
Es wurden fünf
Minuten, und Christoph spürte die Unruhe, die von Anna ausging. Sie setzte
gerade zu einem Protest an, als er sie unterbrach.
Von
Hasenteuffel-Stichnoth wandte sich einer mittelgroßen Frau mit braunen Haaren
zu, die direkt auf ihn zusteuerte.
Er begrüßte sie mit
Handschlag und deutete dabei eine leichte Verbeugung an. Soweit Christoph aus
der Distanz erkennen konnte, machte die etwa Vierzigjährige einen gestressten
und übernächtigten Eindruck.
Die beiden unterhielten
sich kurz, bis von Hasenteuffel mit einer fast galant wirkenden Handbewegung
auf den Torbogen neben dem Rathaus wies, einen halben Schritt zurücktrat, um
seine Begleiterin passieren zu lassen, sich dann an ihre linke Seite begab und
mit ihr Richtung Schlossgang schlenderte. Während der Baron seine Hände auf dem
Rücken verschränkte, gestikulierte die Frau lebhaft und unterstrich dabei
etwas, das von großer Bedeutung schien.
»War’s das jetzt?
Können wir weiter?«, fragte Anna. Ihre Stimme klang eine Spur ungehalten.
»Mich interessiert,
wer das ist und was die beiden vorhaben«, erwiderte Christoph.
»Ach nee. Ich habe
keine Lust, am Sonnabend mit dir Detektiv zu spielen.«
Doch Christoph blieb
hartnäckig, fasste Anna am Ärmel ihres Blousons und zog sie sanft hinter sich
her. Von Hasenteuffel und seine Begleiterin waren inzwischen durch das Tor
neben dem Rathaus in den Fußgängerbereich des Schlossganges abgebogen, der vom
Marktplatz Richtung Schlosspark führte.
In gebührendem
Abstand verfolgte Christoph die beiden. Der Baron schien aufmerksam den
Ausführungen der Frau zu lauschen.
Am »Alten
Brauereiplatz« verzögerten die beiden den ohnehin bedächtigen Schritt, blieben
einen Moment stehen und bogen hinter der Schlossbuchhandlung nach links zu
Jacquelines Café ab.
»So, nun weißt du,
was die vorhaben. Gönn denen den Kaffee«, beschied Anna und wollte umkehren.
»Ich möchte gern
wissen, was die besprechen.«
»Gute Idee«, stimmte
Anna zu. »Einen Cappuccino könnte ich jetzt gut vertragen. Komm, wir gehen
hinterher.«
»Nein«, sagte
Christoph. »Der Mann kennt mich und würde nicht unbefangen weiterplaudern, wenn
er mich sieht. Du kannst mir aber einen Gefallen tun, indem du ihnen folgst,
dich an einen Nebentisch setzt und ihnen zuhörst.«
»Das ist nicht dein
Ernst?«, empörte sich Anna. »Meinst du nicht, dass es ein wenig zu weit geht,
wenn ich für dich Spitzeldienste erbringe?«
»Nun mach schon«,
drängte Christoph, worauf sie ins Café ging, nicht ohne missbilligend den Kopf
zu schütteln.
Christoph sah zuerst
in die Schaufenster der Buchhandlung. Nachdem er allmählich kalte Füße bekam,
ging er langsam auf und ab. Ihm blieb dabei nicht verborgen, dass ihm aus dem
Geschäft aufmerksame Blicke wegen seines sonderbar anmutenden Verhaltens
zuteilwurden.
Er wartete schon
über eine halbe Stunde, als sein Handy sich bemerkbar machte. Mommsen war am
Apparat.
»Ich habe
Bereitschaft und wurde deshalb von der Zentrale informiert«, erklärte der junge
Kommissar. »In der Seniorenresidenz hat sich erneut ein Zwischenfall ereignet.«
»Was?«
»Das ging aus dem
Anruf nicht eindeutig hervor. Frau Dr. Michalke hat angerufen und ausdrücklich
dich verlangt. Da du aber nicht erreichbar warst, hat man mich verständigt.«
»Wir kennen keine
Einzelheiten?«
»Leider nicht. Die
Streife ist schon vor Ort. Ich werde jetzt auch hinfahren.«
Christoph zögerte
einen Moment. »Ich bin im Schlossgang und warte vor dem Rathaus auf dich. Holst
du mich dort ab? Dann komme ich mit.«
»Selbstverständlich«,
sagte Mommsen und legte auf.
Christoph wollte
Anna informieren, aber die hatte ihr Mobiltelefon ausgeschaltet. So hinterließ
er eine Nachricht auf der Mobilbox und wandte sich kurz entschlossen Richtung
Stadtzentrum. Fünf Minuten später hielt Mommsens gelber Mini am Bordstein, und
Christoph stieg ein.
*
Vor der Hauke-Haien-Residenz parkte neben dem
Streifenwagen ein silbernes Mercedes-Cabriolet. Mommsen hielt hinter dem SLK an.
Schon von draußen sahen sie durch die bodentiefen
Glasscheiben, dass sich im Foyer eine größere Anzahl von Leuten
zusammengefunden hatte. Als sich die automatischen Türen beim
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