Todeshunger
sowieso schon zu drei Vierteln tot.
Drei weitere gesellen sich zu den zwei anderen. Fünf gegen einen – das ist in jedem Fall ein ungünstiges Verhältnis. Es wäre besser gewesen, ich wäre das Risiko eingegangen und hätte mich einfach flach auf eine der Leichenhalden gelegt. Hätte ich daran doch nur früher gedacht. Vielleicht schaffe ich es ja noch zu dem offenen Grab …?
Da kommen sie. Einer geht auf dieses Gebäude zu. Verdammt, ich habe nicht einmal mein Messer bei mir. Es steckt immer noch bis zum Heft in der Brust eines Unveränderten. Vielleicht komme ich von hier an den Rucksack ran …
Moment. Sie bleiben stehen.
Etwas hat sie abgelenkt. Da ich mir denke, dass ich nichts zu verlieren habe, rutsche ich am Boden entlang, damit ich besser sehen kann, was da vor sich geht. Sie kehren zur Vorderseite der Halle zurück. Warum, kann ich nicht erkennen, aber sie haben die Waffen im Anschlag. Das ist meine Chance zu entkommen. Ich stehe auf, schnappe meinen Rucksack und laufe hinaus, bleibe aber stehen, als einer der Aasgeier an der Vorderseite des Chemikalienlagers vorbei durch die Luft fliegt. Er wird herumgeschleudert wie eine Stoffpuppe, schlittert über den Kies und bleibt schließlich wenige Meter von meinen Füßen entfernt in einer Staubwolke liegen. Ein anderer der Bande taucht auf; er läuft rückwärts und versucht, das Gewehr abzufeuern und gleichzeitig zurückzuweichen und sich vor dem Angreifer, der ihn bedrängt, zu schützen. Ich selbst stehe vollkommen ohne Deckung im Freien, da meine Neugier und Verblüffung den gesunden Menschenverstand auf die Plätze verweisen, bis ich endlich sehen kann, was los ist. Die Kavallerie ist eingetroffen. Verflucht und halleluja. Genau im richtigen Augenblick ist ein Lastwagen mit unseren Leuten vor der Anlage vorgefahren, und die haben zwei kräftige und unglaublich aggressive Typen dabei, die kurzen Prozess mit allen Unveränderten machen, die dumm genug sind, sich ihnen in den Weg zu stellen. Die beiden kämpfen extrem wild und brutal; ihnen zuzusehen erfüllt einen mit Ehrfurcht.
Ohne Rücksicht auf ihre persönliche Sicherheit bewegen sie sich mit einer Behändigkeit und einem Tempo, das ihr ansonsten durchschnittliches Äußeres Lügen straft. Sie konzentrieren sich ausschließlich auf das Töten und haben keinerlei Augen für etwas oder jemanden um sie herum.
Der alte Mann, den ich Leichen hatte plündern sehen, hinkt mit einem Ausdruck panischer Angst in dem runzligen Gesicht auf mich zu. Er läuft mir direkt in die Arme, ruft um Hilfe und begreift in seiner Panik nicht, dass ich ihn töten werde.
»Verschwinden Sie von hier«, versucht er, mich zu warnen, obwohl er kaum atmen kann. »Die …«
Ich packe ihn, bevor er seinen Satz zu Ende sprechen kann. Ich halte ihn an seinem weißen Haar, reiße ihm den Kopf nach hinten und verpasse ihm einen heftigen Schlag auf die Kehle. Würgend bricht er zu meinen Füßen zusammen. Ich nehme ein Messer aus dem Rucksack und erledige ihn. Plötzlich fühle ich mich aufgekratzt und lebendig und stürze mich von dem Wunsch beseelt, endlich wieder zu töten, in den Kampf, der an der Vorderseite des Gebäudes tobt.
Doch als ich dort eintreffe, ist es schon vorbei; sieben weitere Leute wie Adam und ich haben den plötzlich einseitigen Kampf mit unglaublicher Schnelligkeit, Wucht und Brutalität beendet. Keiner stellt mir Fragen. Zwischen uns herrscht sogleich ein unausgesprochenes Vertrauen; wenige Minuten später helfe ich ihnen, die Leichen der Unveränderten zu den Tausenden anderen zu schaffen, die bereits hier liegen.
5
D iese Leute sind, wie sich nach und nach herausstellt, überraschend gut koordiniert. Wir sind jetzt siebzehn hier, Adam und mich eingeschlossen; eine weitere Gruppe traf gerade erst zu Fuß von den Bäumen östlich des Vernichtungslagers her ein. Ich bin mitten in ein geplantes Rendezvous hineingestolpert und habe vor, das so lange wie möglich zu meinem Vorteil zu nutzen. Die dürften nicht allzu lange hier sein. Es ist gefährlich, wenn man dauerhaft zu große Gruppen bildet. Das macht uns verwundbar.
Sie arbeiten schnell und zielstrebig, verstecken die Fahrzeuge im Schatten der Fabrikhalle und bergen sämtliche Waffen und alles, was sonst noch brauchbar ist. Wachen patrouillieren ununterbrochen entlang der Grundstücksgrenze, andere beobachten das Umland vom Dach aus. Die beiden aggressivsten Kämpfer schützen die beiden Enden der Halle. Als ich mit einem kleinen, dicklichen Mann zu
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