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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Rakete oder ein Jet rast mit durchdringendem Lärm über dem Haus dahin. Sekunden später kehrt wieder Stille ein, doch Keith hupt, daher beeile ich mich. Das Zimmer von Edward und Josh schenke ich mir. Stattdessen gehe ich ins Schlafzimmer von Lizzie und mir und betrachte
unser Bett. Beim Gedanken, ihr körperlich so nahe zu sein, wird mir ganz kribbelig. Seltsamerweise fühle ich mich durch das Wissen, wie fern ich ihr heute bin, überraschend elend. Ich schnappe mir Kleidung zum Wechseln aus dem Schrank (Lizzies Sachen hängen alle noch hier – ein Beweis dafür, dass sie nie zurückgekommen ist), und laufe dann weiter in Ellis’ Zimmer. Ich stopfe einige ihrer Habseligkeiten in den Rucksack – eine Puppe und einen regenbogenfarbenen Strampelanzug, aus dem man sie praktisch nie herausbekommen hat -, weil ich mir denke, dass diese vertrauten Sachen ihr helfen, wenn wir uns wiedersehen. Ganz gleich, was sie gerade gemacht hat oder wohin sie gehen wollte, wenn wir ihr sagten, dass sie sich anziehen soll, hat sie immer diesen Strampelanzug gewählt. Ich halte ihn an die Nase, schnuppere daran und hoffe, dass ich sie wittern kann. Aber der Stoff riecht nur nach der klammen und feuchten Wohnung.
    Nach einem letzten Blick mache ich mich auf den Rückweg und weiß, was auch passieren wird, hierher komme ich nie wieder zurück. Keith drückt erneut auf die Hupe, als ich durch das Treppenhaus haste. Ich bahne mir einen Weg ins Freie und hole tief Luft, kaum dass ich draußen bin, da ich Erleichterung verspüre, dass ich dieses übelriechende, klaustrophobische Höllenloch mit seinen Erinnerungen an den Menschen, der ich einmal gewesen bin, hinter mir gelassen habe. In der Nähe höre ich Gewehrfeuer, gefolgt von einem Wut- oder Schmerzensschrei. Ich werfe den Rucksack in den Transporter, steige ein und schlage die Tür zu.
    »Eine Spur?«, fragt Paul.
    »Nichts.«
    Ein weiterer Helikopter schwebt in der Nähe; dieser
leuchtet den Boden unter sich mit einem Suchscheinwerfer ab.
    »Wir unternehmen eine Weile keine Ausflüge mehr«, verkündet Keith, als er den Motor anlässt und losfährt. »Für meinen Geschmack ist hier heute Nacht zu viel los. Können wir uns irgendwo in der Nähe verkriechen, bis wieder Ruhe herrscht?«
    Aller Augen richten sich auf mich, ein Druck, der mir unangenehm ist. Ich weiß nur eines mit Sicherheit: In die Wohnung kehre ich nicht zurück. Ich versuche, an andere Gebäude in der unmittelbaren Umgebung zu denken, die noch stehen könnten. Durch eine Lücke zwischen zwei Häusern am Fuß von Calder Grove sehe ich den hohen, dunklen Umriss eines Hochhausblocks, der einen einigermaßen unversehrten Eindruck macht. Er muss genügen.
    »Am unteren Ende der Straße links«, sage ich zu Keith. »Ich weiß da etwas.«

12
    K eith bringt den Transporter hinter einer Reihe überquellender Abfalltonnen zum Stehen, fast unmittelbar unter dem Block. Alle schnappen sich ihre Bündel mit Waffen und Vorräten und suchen Schutz in dem Gebäude. Die Eingangstüren des Wohnblocks fehlen, das Foyer sieht so verwüstet aus wie jedes andere auch. Wie ein Idiot drücke ich unwillkürlich den Knopf, damit der Lift kommt. Alte Gewohnheiten wird man nur schwer wieder los.
    »Ich glaube nicht, dass das was nützt, Kumpel«, flüstert Paul sarkastisch. Ich zwänge mich an ihm vorbei und folge Carol, die bereits die Treppe hinaufgeht; eine glühende Zigarettenspitze verrät ihre Position in der Dunkelheit. Am Ende der ersten Treppenflucht liegt der stark verweste Leichnam einer Frau; ihr Genick ist gebrochen, das verfaulte Gesicht an die Wand gedrückt. Sie war wie wir, was mich augenblicklich wachsam macht. Ich steige über den Leichnam und gehe weiter, während ich mich sinnloserweise frage, ob sie gefallen ist oder gestoßen wurde.
    Ein paar Minuten gehen wir immer nur aufwärts, und unsere Schritte hallen in dem dunklen, totenstillen Treppenhaus. Wir beeilen uns, fast jeder nimmt zwei Stufen auf einmal. Das ist Schwerstarbeit, aber man kann die Schmerzen leicht ausblenden. Es ist eine perverse Realität meiner Situation: Ich esse Abfälle, überlebe im Freien
und führe eine Existenz von einem Tag auf den nächsten, aber ich bin viel besser in Form als jemals zuvor. Den anderen ergeht es ebenso. Carol läuft wie eine halb so alte Frau voraus. Ich fühle mich stark und kräftig, am ganzen Körper schlank und gestählt. Was die Frage aufwirft, wie ich das Ganze nur derart versauen konnte, als mir alles auf dem

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