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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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erschöpft. Immer weniger meldeten sich freiwillig, daher würden die ihn erst gehen lassen, wenn ihnen keine andere Wahl mehr blieb. Er machte weiter, weil die zusätzlichen Rationen lockten (die er bis jetzt auch stets bekommen hatte) und er sich an der Seite der Männer mit den großen Gewehren sicherer fühlte. Die Straßen der Stadt waren zunehmend hässlicher und unsicherer. Man passierte sie besser mit einer Rüstung und einer Waffe, dachte er, als ohne.
    Doch das alles war hinfällig, entschied Mark. Wenn ich diesmal ins Hotel zurückkehre, komme ich nicht mehr raus.
    In den vergangenen Tagen hatte er eine Veränderung gespürt – eine schwierige Situation wurde unmöglich, ein geringes Risiko fast zur Gewissheit. Die Lage verschlechterte sich zusehends, und das in einem immer schnelleren Tempo. Die Hoffnung, dass sich irgendwann einmal wieder so etwas wie ein Normalzustand herstellen lassen würde, hatte er noch nicht aufgegeben, doch er wusste, bevor es besser werden konnte, würde es erst noch sehr viel schlimmer werden.

    Datenerfassung. Von allen Aufgaben, die sie ihm übertrugen, hasste er die Datenerfassung am meisten. Vielleicht, weil ihn das, bizarrerweise, an seinen Job im Call-Center erinnerte? Vielleicht auch nur, weil es eine so niederschmetternd traurige Tätigkeit war. Die Leute, die heute in die Militärlager gestolpert kamen, nachdem sie monatelang versucht hatten, allein zu überleben, waren kaum mehr als Hüllen. Traumatisiert. Leer. Vegetativ …
    Regen prasselte auf das Dach des Zelts und trommelte auf die straff gespannte Leinwand. Ein unablässiger Strom von Tropfen landete auf der Ecke seines instabilen Schreibtischs und spritzte gerade weit genug, um den Rand seiner Dokumente zu erreichen. Heiße Tage und meist klarer Himmel bedeuteten, dass es nachts mitunter ziemlich kalt werden konnte, doch obwohl es heute Nacht bewölkt war, herrschte eine Hundekälte. Er wärmte sich die Hände an der Gaslaterne und wartete. Würde nicht lange dauern. Gerade hatte er erfahren, dass eine Lebensmittelpatrouille erneut ein paar Nachzügler im Lager eines Kaufhauses gefunden hatte, wo sie fast in ihrem eigenen Unrat ertrunken wären. Kate hatte hier gearbeitet, als sie in die Stadt gezogen waren. Damals traf sieben Tage die Woche, rund um die Uhr, ein konstanter Strom von Flüchtlingen ein. Heute wurde jeden Tag nur noch eine Handvoll erfasst.
    »Den hättest du sehen sollen, Mark«, sagte Gary Phillips und setzte sich auf die trockene Ecke des Schreibtischs. »Der ist vollkommen ausgerastet, als wir ihn gefunden haben.«
    Im Lauf der Wochen hatte Phillips oft an denselben Konvois teilgenommen wie Mark. Heute Nachmittag hatte er beim Münzenwerfen gewonnen, den letzten freien Platz ergattert und Mark den Schreibtischjob überlassen. Jetzt war er wieder da und erzählte ihm unnötig detailliert, wie ein
Überlebender durchgedreht war, als sie in das Kaufhaus eindrangen. Mark war nicht sicher, ob Phillips so seine Erlebnisse verarbeitete oder ob es ihm eine gewisse krankhafte Freude bereitete, Überlebende leiden zu sehen. Was auch immer der Grund sein mochte, Mark sagte ihm nicht, dass er die Klappe halten oder sich verpissen sollte, wie er es eigentlich wollte. Stattdessen biss er sich auf die Lippe und erduldete das sinnlose Geschwafel. Besser so, als eine Reaktion zu zeigen, die man falsch interpretieren konnte.
    »Das war einfach unglaublich, kann ich dir sagen«, fuhr er fort, da immer noch Adrenalin durch seine Adern gepumpt wurde. »Sie waren zu sechst in diesem kleinen Lagerraum eingepfercht, der kaum größer als dieses Zelt hier war. Die hatten jeden Essenskrümel verbraucht, den sie hatten, aber auf der anderen Seite der Tür warteten noch die halben Bestände des Kaufhauses. Die hatten einfach zu viel Angst, die Köpfe rauszustrecken.«
    »Wir reagieren eben alle unterschiedlich darauf, richtig?«, sagte Mark leise, zog mit dem längsten Lineal, das er finden konnte, Linien auf ein Blatt Papier und notierte die Fragen darauf, die er stellen musste. Die fotokopierten Formulare waren schon vor Monaten ausgegangen.
    »Ich weiß, aber das war wirklich nach allen erdenklichen Maßstäben extrem. Jedenfalls brechen die Soldaten die Tür auf und haben keine Ahnung, was sie da drin finden werden, und dieser Kerl kommt rausgestürmt, weil er der festen Überzeugung ist, dass sie Hasser sind. Die waren so anständig und gaben ihm eine Chance, was ich sicher nicht getan hätte, aber der Dummkopf

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