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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Zigarette des Tages anzündet.
    »Ich habe es ihm schon erklärt«, sagt Keith, der (vergeblich) zu verhindern versucht, dass sie sich einmischt.

    »Du musst sie loslassen«, erklärt sie mir und bläst Rauch in meine Richtung.
    »Nein, muss ich nicht …«
    »Oh doch. Was hat es für einen Sinn, nach ihr zu suchen? Was hast du vor, wenn du sie findest?«
    »Ich will mich nur vergewissern, dass sie in Sicherheit ist. Ich möchte, dass sie an meiner Seite kämpft.«
    »Und wenn du sie nicht findest?«
    »Dann werde ich wohl …«
    »Nehmen wir einmal an, dass sie noch lebt. Was passiert, wenn du sie nicht findest?«
    »Dann kämpft sie eben dort, wo sie ist.«
    »Exakt. Wo liegt also der Unterschied?«
    »Sie braucht mich. Sie ist erst fünf.«
    »Ich glaube, du brauchst sie mehr als sie dich.«
    »Blödsinn!«
    »Kein Blödsinn«, sagt sie, schüttelt den Kopf und schnippt Asche in ein Spülbecken voll schmutziger Teller und Tassen. »Ich bezweifle, dass sie dich überhaupt braucht.«
    Dumme Kuh.
    »Hast du mir nicht zugehört? Sie ist fünf Jahre alt. Ich weiß nicht einmal, ob sie kämpfen kann …«
    »Natürlich kann sie kämpfen. Wir können alle kämpfen. Das geschieht instinktiv.«
    »Okay, aber was ist mit Essen? Wie soll sie es im Winter warm und bei Regen trocken haben? Was, wenn sie verletzt wird?«
    »Sie überlebt.«
    »Sie überlebt? Herrgott noch mal, Carol, sie kann sich nicht einmal allein die Scheißschnürsenkel zubinden!«
    Keith legt die Karte zusammen und zwängt sich zwischen uns hindurch, da er es eindeutig satthat, im Kreuzfeuer
unseres Wortwechsels zu stehen. Ich schüttle fassungslos den Kopf und folge ihm.
    »Du musst endlich aufwachen und in der Wirklichkeit leben«, ruft Carol hinter mir her. Da es keinen Sinn hat, ihr zu widersprechen, lasse ich es bleiben.
     
    Wenige Minuten, nachdem Paul erwacht ist, sitzen wir im Transporter und sind bereit zum Aufbruch. Der Regen hat aufgehört, aber der Boden ist immer noch mit Pfützen schmutzigen schwarzen Wassers bedeckt, die Schlaglöcher und Schutt verbergen, sodass die Straßen noch schwerer zu befahren sind als letzte Nacht in der Dunkelheit. Keith gelingt es, den meisten Hindernissen auszuweichen, aber als er das Lenkrad zu sehr herumreißt, damit er einem umgekippten Fahrzeug ausweichen kann, streift der Hinterreifen etwas anderes. Wir fahren noch ein paar Meter weiter, dann ertönen ein Knall und ein Zischen, als der Reifen Luft verliert.
    »Scheiße!« Keith schlägt frustriert auf das Lenkrad.
    »Ersatzreifen dabei?«, frage ich.
    »Keine Ahnung.«
    Er hält auf der größten trockenen Fläche, die wir finden können, und ich steige aus. Paul folgt mir und öffnet die Heckklappe. Er wühlt herum und entdeckt einen Wagenheber und andere Werkzeuge. Der Ersatzreifen befindet sich darunter. Er zieht ihn heraus. Um mir die Wartezeit zu vertreiben, gehe ich zur anderen Straßenseite, wo das Mobiliar von irgendjemandes Wohnzimmer auf den Bürgersteig geworfen wurde. Der Flachbildfernseher liegt zerschmettert im Rinnstein, ein Sofa, das teuer gewesen sein muss, hängt prekär aus dem eingeschlagenen Panoramafenster heraus. Bevor das alles passiert ist, haben wir alle
in relativer Abgeschiedenheit in individuellen Käfigen aus Backsteinen gelebt, wo unsere Mauern, Türen und Fenster vor den Blicken anderer verbargen, was wir getan haben und wie wir es getan haben. Seltsam, dass die physischen Welten so vieler Menschen inzwischen ebenso zertrümmert und ruiniert sind wie ihr emotionaler Zustand. Es gibt keine Privatsphäre mehr, keine Grenzen. Wir tun alles offen und in aller Öffentlichkeit. Es existieren längst keine …
    »McCoyne!«, ruft Carol mir aus dem Transporter zu. »Geh aus dem Weg, verdammt!«
    Ich wirble hastig herum, doch es ist zu spät. Gott weiß, woher er gekommen ist, aber ein kräftiger Mann rennt direkt auf mich zu. Er ist einen Meter achtzig groß, wirkt genauso breit, und ich erkenne am starren Blick seiner wilden, aufgerissenen Augen, dass er ein Brutalo ist, wie wir sie in dem Vernichtungslager gesehen haben. Weiß er denn nicht, dass wir auf derselben Seite sind?
    »Warte«, versuche ich ihn zur Vernunft zu bringen, »wir …«
    Trotz seiner kräftigen Statur ist er erstaunlich schnell; ehe ich etwas unternehmen kann, hat er mich am Arm gepackt. Er wirbelt mich herum, dann schleudert er mich zu Boden, sodass ich auf dem Rücken lande. Ich keuche, als er sich auf mich wirft und mir mit den Knien den letzten Rest Luft

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