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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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umgangssprachlich die »Milchmänner« genannt wurde, da sie eine Herde gestohlener Kühe in einem streng bewachten Fußballstadion hielt, die Kontrolle über zwei Verteilungszentren. Die Ironie, dass Kleinkriminelle neben den üblichen Drogen und Waffen mit Milch und, gelegentlich, Rindfleisch handelten, entging weder den Militärs, die das Verhalten duldeten (weil es sie selbst ein wenig entlastete), noch den armen Teufeln, die gezwungen waren, mit ihnen Geschäfte zu machen. Das Geschäft erlebte zwischenzeitlich einen ungeheuren Aufschwung, bis sich das grundlegende wirtschaftliche Prinzip von Angebot und Nachfrage nicht mehr anwenden ließ. Nahrung, Wasser und Medikamente wurden Ware und
Währung zugleich. Die Nachfrage war unerschöpflich, das Angebot praktisch nicht existent. Der Handel kam zum Erliegen. Die Miliz schloss ihre Tore, und die Männer kamen nur noch heraus, um andere Verteilungszentren zu überfallen und Nahrung und Wasser für sich selbst zu erbeuten. Als die Schwarzmarktfürsten nicht einmal mehr genug Wasser und Nahrungsmittel für den Eigenbedarf auftreiben konnten, kam es zu internen Rivalitäten, worauf das bis dahin unangreifbare Unternehmen implodierte.
    Als das Ende des dritten Monats näher rückte, war die City Arena so gut wie leer, und acht der Verteilungszentren mussten den Betrieb einstellen. Von den drei verbliebenen Zentren wurde die Arena inzwischen ausschließlich vom Militär für das Militär betrieben. Ein Verteilungszentrum in einer alten Markthalle wurde von einer rapide schwindenden Gruppe von Wohltätern geleitet, die in ihrer Dummheit nach wie vor überzeugt schienen, dass man anderen Menschen helfen musste, und zunehmend mikroskopischere Portionen an die ständig wachsende Menge verteilten, die vierundzwanzig Stunden täglich vor dem Gebäude Schlange stand. Tatsächlich konnten sie den Betrieb überhaupt nur noch aufrechterhalten, weil sie ihre Rationen quasi mit der Pipette verteilten, buchstäblich nur einen Bissen pro Person. Perverserweise beschützte die schiere Masse der verzweifelten Flüchtlinge das Verteilungszentrum vor der Gefahr eines Angriffs durch die Milizen und isolierte es gleichzeitig von den Militärbehörden und Nachschubrouten.
    An diesem Morgen brach das letzte – in einem lange leerstehenden Fabrikgebäude untergebrachte – Verteilungszentrum zusammen. Die Nahrungsmittelvorräte waren schließlich doch zu Ende gegangen, und die Neuigkeit löste wie zu erwarten einen Aufstand aus. Der militärische Befehlshaber,
der das Zentrum aus sicherer Entfernung überwachte, vergeudete keine Zeit und befahl, dass man das Zentrum schließen und die rund dreihundert aufständischen Zivilisten darin hinrichten sollte. Die Öffentlichkeit musste kontrolliert werden, koste es, was es wolle. Unruhen wie diese durften sich keinesfalls ausbreiten …
     
    Vor einer Dreiviertelstunde hatte Mark das enge Hotelzimmer zum ersten Mal verlassen, seit er von seiner letzten Schicht als Freiwilliger zurückgekehrt war. Kate hatte ihn angefleht, nicht zu gehen, doch was blieb ihm anderes übrig? Es war seine Pflicht, für sie und das ungeborene Kind und die anderen Familienmitglieder zu sorgen, mit denen sie unabsichtlich zusammengepfercht worden waren.
    Es war ein bizarres und regelrecht beängstigendes Erlebnis, auf der Straße zu gehen, und ihm wurde schnell klar, wie sehr er es vermisste, in der Sicherheit des Militärs unterwegs zu sein. Selbst wenn er sich mit der Armee außerhalb der Sperrzone mitten unter den Hassern befand, fühlte er sich sicherer als hier. Er bemühte sich verzweifelt, ja nicht aufzufallen, sah mit gesenktem Kopf zu Boden, wenn er jemand anderen passierte, oder blickte über die Köpfe der Menschen hinweg, wenn er durch eine größere Menge hindurch musste. Er wusste nicht, wohin er ging oder was er erreichen wollte, aber er konnte nicht wie alle anderen herumsitzen und abwarten, bis sich etwas tat. Jeder hatte Hunger, Angst und fror, und er fühlte sich für alle verantwortlich.
    Mark marschierte in die ungefähre Richtung des Fabrikgebäudes, wo er, Kate und die anderen früher immer ihre Rationen geholt hatten. Er ging über Leftbank Place, ein Brachgrundstück, das schon seit Jahren für eine Neubausiedlung vorgesehen war. Die jetzt nie entstehen würde. Er bemühte
sich, durch die Masse provisorischer Unterkünfte zu sehen, die das gesamte Areal bedeckte, wodurch es mehr wie ein Elendsviertel der Dritten Welt aussah. Ganze Familien, oder

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