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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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gleichen sicheren, emotionslosen, fast leeren Ausdruck angewöhnt wie alle anderen und versuchte so, sich von der Welt abzugrenzen, ohne dass er ihren beengenden Grenzen entkommen konnte. Mark konnte unmöglich wissen, ob der Junge in Ordnung oder krank war, oder … Er zwang sich, damit aufzuhören. Er musste sich abwenden und den Jungen vergessen. Er durfte kein Mitleid mit ihm empfinden.
    Heute Morgen hatte sich Mark mit Kate gestritten, ehe er das Hotel verließ. Sie hatten es beide nicht gewollt, aber als sie sich dann doch anschrien, machten sich wochenlange Frustrationen Luft, und keiner konnte mehr aufhören. Kate wurde in dem Hotelzimmer zunehmend klaustrophobisch, und die fehlende Privatsphäre machte sie wahnsinnig.
    »Was soll ich tun?«, fragte er sie. »Es gibt keine Krankenhäuser oder Kliniken oder …«

    »Und was passiert, wenn das Baby kommt?«
    »Dann kümmern wir uns darum.«
    »Wie?«
    »Ich weiß nicht … wir besorgen uns Handtücher und Wasser, wie sie gesagt haben, und …«
    »Was für Handtücher? Woher soll das Wasser kommen? Mein Gott, Mark, ich kann das Baby nicht einmal waschen. Wir haben nicht genug Wasser zu trinken, geschweige denn …«
    »Beruhige dich, Katie. Du bist …«
    »Beruhigen! Gütiger Himmel, warum sollte ich? Ich habe Todesangst, und du erwartest von mir, dass ich unser Baby auf dem Boden eines Hotelzimmers vor meinen Eltern zur Welt bringen soll.«
    »Bis dahin vergehen noch Monate. Vier Monate. Überleg doch, wie viel sich in vier Monaten verändern könnte …«
    »Stell dir vor, wie viel schlimmer es werden könnte.«
    »Jetzt bist du unvernünftig.«
    »Ich habe Angst.«
    »Wir haben alle Angst.«
    »Ich habe Angst um das Baby.«
    »Millionen Frauen bringen jedes Jahr Kinder zur Welt, oder nicht? Und das haben sie schon, bevor es Krankenhäuser gab, und …«
    »Darum geht es nicht.«
    »Um was dann?«
    »Ich habe Angst davor, was unser Baby sein könnte. Was, wenn es nicht wie wir ist? Was, wenn es einer von denen ist und …«
    »Mach dich nicht lächerlich. Ich bin normal, du bist normal. Unser Baby wird auch normal.«
    »Und wenn nicht? Mit Sicherheit kannst du es nicht sagen,
oder? Niemand weiß, warum wir so sind, wie wir sind, und sie anders …«
    Damit hatte sie natürlich recht, aber er versuchte weiter, sie davon zu überzeugen, dass alles gut werden würde, und gab sich große Mühe, ihr den Blödsinn zu verkaufen, denn was blieb ihm anderes übrig?
    Plötzlicher Lärm in der Nähe holte Mark in die Gegenwart zurück. In einer Menschenmenge auf der anderen Straßenseite war es zu Unruhe gekommen. Was genau sich dort abspielte, konnte er nicht erkennen. Sah nach einer Schlägerei aus – vermutlich war jemand in der unmöglichen Situation, in der er und alle anderen sich befanden, endgültig durchgedreht. Der plötzliche, unerwartete Ausbruch lange unterdrückter Emotionen provozierte eine ganze Palette von Reaktionen der Flüchtlinge ringsum. Manche flohen. Manche taten angestrengt so, als wäre nichts passiert. Und andere vergaßen, wo sie sich befanden und was sie durchgemacht hatten, und zeigten die einfachste, natürlichste Reaktion: Sie kämpften.
    Mark war vollkommen gleichgültig, was passiert war oder warum. Er nutzte die Situation und die Ablenkung, die sie mit sich brachte, zu seinem Vorteil und stieß fest gegen die Tür der Telefonzelle. Als der reglose Mann darin immer noch nicht reagierte, drückte er gegen die Tür, bis der Spalt groß genug war, dass er den Arm hineinstecken konnte. Er schnappte sich die Tüte des Mannes, versteckte sie unter seinem Mantel und machte sich auf den Rückweg zum Hotel.

17
    V erdammt, mein Kopf schmerzt.
    Wo zum Teufel bin ich? Es ist dunkel, fast pechschwarz. Ich liege flach auf dem Rücken in einem schmalen Bett und habe nur ein T-Shirt und die Unterhose an. Ich versuche, mich zu bewegen, doch meine Knöchel und Handgelenke sind mit Ketten an die vier Ecken des metallenen Bettgestells gefesselt. Die Ketten haben keinerlei Spiel, ich kann nicht einmal die Hände von der Matratze heben. Je mehr ich es versuche, desto enger scheinen die Ketten zu werden. Ich versuche, den Kopf zu drehen, aber eine Art Band über meine Stirn verhindert selbst das. Wenn die Wichser, die das getan haben, wiederkommen, bringe ich sie um.
    Meine Augen gewöhnen sich an das wenige Licht hier drin, aber viel zu sehen gibt es nicht. Ich befinde mich in einem schmalen, rechteckigen Raum; an einer Wand steht mein Bett, gegenüber

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