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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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versuchen, den Teufelskreis zu durchbrechen. Ich betrachte uns als eine Feuerschneise. Wissen Sie, was ich meine? Wenn die verhindern wollen, dass sich ein Waldbrand ausbreitet, dann verbrennen sie manchmal einen Streifen Land weiter voraus. Und wenn das Feuer dorthin gelangt, findet es keine Nahrung mehr und erlischt. So sind wir. Wir haben alle gekämpft. Unsere Schlachten sind geschlagen. Und wenn Menschen wie Sie mit ihrem Hass zu uns kommen, gibt es nichts mehr zum Niederbrennen. Wir löschen das Feuer. Wir verhindern, dass es noch schlimmer wird.«
    Er setzt sich wieder und sieht mich direkt an. Was denkt er? Glaubt er den Mist wirklich, den er gerade verzapft hat? Ich sehe in seine dunkelbraunen Augen und denke nur, dass ich ihn tot sehen will, so wie ich alle anderen seiner Art tot sehen will. Aber es gibt einen Unterschied. Die anderen, die ich getötet habe, haben mich mit Hass in ihren Augen angesehen, aber Mallon nicht. Er ist anders. Hat er gerade die Wahrheit gesagt oder völligen Blödsinn erzählt? Treibt er nur seine Spielchen mit mir? Will er mich verwirren und täuschen, ehe er mich tötet? Vermutlich versucht er, mich in einem Augenblick der Schwäche zu erwischen. Sobald meine Wachsamkeit nachlässt, wird er angreifen.
    Er fährt fort.
    »Es ist gleichgültig, wer man ist oder auf welcher Seite man steht, alle sind so konditioniert, dass sie gleich auf den Hass reagieren. Es geht nur um Selbsterhalt auf Kosten aller anderen. Alle kämpfen. Alle wollen überleben. Darum ist alles so schnell vor die Hunde gegangen – beim
ersten Anzeichen von Problemen haben wir uns gegeneinander gewandt, um uns selbst zu schützen. Und bei allem Lärm und aller Propaganda, die anfangs gemacht wurden, wissen Sie, wer die Schlimmsten waren?«
    Instinktiv schüttle ich den Kopf, obwohl mich das breite Band immer noch festhält.
    »Das waren wir«, beantwortet er seine eigene Frage. »Und wir sind es noch. Haben Sie die Massaker gesehen, die wir angerichtet haben? Gaskammern, Herrgott noch mal! Wir haben jahrelang eine Generation nach der anderen alles über den Holocaust gelehrt und dass so etwas nie wieder geschehen darf. Und als wir uns einer Bedrohung gegenübersehen und es uns in den Kram passt, da vergessen wir das alles, woran wir je geglaubt haben, und greifen auf Völkermord zurück. Tausende und Abertausende Männer, Frauen und Kinder wurden abgeschlachtet … Ich sage Ihnen, Danny, da schäme ich mich, dass ich ein Mensch bin.«
    Verdammt, könnte an dem Gefasel dieses Typen tatsächlich was dran sein? Mach dich nicht lächerlich, sage ich mir, er ist ein Unveränderter. In der plötzlichen Stille versuche ich wieder, mich auf das Tröpfeln des Wassers in der Ecke zu konzentrieren, damit ich auf keinen Fall Mallon und seinen Spielchen auf den Leim gehe.
    »Eine Frage an Sie«, sagt er plötzlich. »Was passiert, wenn wir den Ereignissen einfach ihren Lauf lassen?«
    Er wartet gespannt auf eine Antwort, obwohl er wissen muss, dass ich ihm keine geben werde. Genauer gesagt, ich kann nicht. An die Zukunft habe ich nur in meinen stillsten, dunkelsten Augenblicken je einmal gedacht. Bis vor kurzem hat mir der fast konstante Adrenalinstoß eines Kampfes nach dem anderen als Ablenkung gereicht.
Heute zu überleben ist wichtiger gewesen als jeder Gedanke an ein Morgen.
    »Was passiert, wenn wir den Teufelskreis nicht durchbrechen? Wo wird das alles enden? Würde ich Ihnen genug vertrauen, um Ihnen die Ketten abzunehmen und Sie hinausspazieren zu lassen, würden Sie nur Trümmer und Ruinen sehen. Wir sind hier nicht sicher – niemand ist mehr sicher -, aber wir sind in einer besseren Position als die meisten. Die Welt geht vor die Hunde, aber die Menschen hier werden stärker. Wir suchen in den Ruinen nach Leuten wie Ihnen, Danny, damit wir sie rehabilitieren können. Wir schaffen diese Feuerschneise und verhindern, dass sich Schmerz und Hass weiter ausbreiten.«
    Er steht hastig auf, als wäre ihm plötzlich eingefallen, dass er anderswo hin muss. Er kommt näher ans Bett, als er den Stuhl zurückschiebt, und seine plötzliche Nähe löst eine Reaktion in mir aus. Blitzschnell strecke ich die linke Hand nach ihm aus, doch die Kette reißt mein Handgelenk zurück. Mallon zuckt nicht zusammen, aber ich sehe, dass er mich über die Schulter beobachtet. Das hat er absichtlich gemacht, um zu sehen, ob ich beiße. Ich betrachte ihn wachsam, während er zur Tür geht, und versuche, meine Aggressivität zu bewahren. Ich

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