Todeshunger
habe mich vergessen.
»Das reicht vorerst. Ich bringe Ihnen demnächst wieder etwas zu essen und Wasser. Versuchen Sie bis dahin, sich zu entspannen. Sehen Sie zu, dass Sie zu Kräften kommen, Sie werden sie später brauchen.«
Was zum Teufel meint er damit? Rasch durchquert er noch einmal den Raum und bringt das Brett wieder vor dem Fenster an. Und schon herrscht erneut undurchdringliche Schwärze. Das ertrage ich nicht. Lass mich
bitte nicht allein in der Dunkelheit. Er steht an der Tür, sieht mich an, wartet auf eine Reaktion. Er macht langsam die Tür zu.
»Warten Sie …«, sage ich, und der Klang meiner Stimme überrascht mich selbst, aber es ist zu spät. Die Tür ist ins Schloss gefallen, Mallon ist fort, und ich höre wieder nichts anderes als das Tröpfeln des Wassers in der Ecke.
23
M ir kommt es vor, als wäre eine Ewigkeit vergangen, bis er zurückkehrt. Er betritt den Raum gemächlich, sieht mich nicht an, spricht nicht. Ungewöhnlicherweise lässt er die Tür offen. Ich sehe zwei weitere unveränderte Männer draußen und spüre, wie mein Puls schneller schlägt. Ist das mein Exekutionskommando? Aber das würde alles Lügen strafen, was er zuvor gesagt hat. Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich kann nicht mehr unterscheiden, was Blödsinn und was Wahrheit ist.
Mallon entfernt das Band von meiner Stirn, dann legt er sich auf den Boden und macht etwas mit den Ketten, die meine Arme und Beine festhalten. Ich versuche, den Kopf zu heben, kann aber nichts sehen. Mehrere Minuten bleibt er unter dem Bett verschwunden und macht Gott weiß was, dann kommt er wieder hoch und wischt die Kleidung ab. Er steht auf der anderen Seite des Raums und sieht mich an.
»Na los, Sie können …«
Ehe er den Satz zu Ende sprechen kann, begreife ich, dass er die Schellen vom Bettgestell gelöst hat. Ich wirble mit einer einzigen, schmerzhaften Bewegung herum, werfe mich mit dem Gewicht nach vorn und stehe auf. Meine Beine und Arme sind kalt, taub und ungelenk, aber ich weiß, das ist meine Chance, ihn zu töten. Ich hebe die schmerzenden Arme und spanne ein Stück der Kette
dazwischen, damit ich sie dem Wichser um den dreckigen Hals legen und ihn erdrosseln kann. Ich mache einen Sprung, aber er weicht mühelos zur Seite und streckt einen Fuß aus, damit ich darüber stolpere. Ich falle blitzschnell und kann den Sturz nicht mehr mit den Händen bremsen. Mit der linken Schulter streife ich die Stuhlkante, dann schlage ich mit dem Kopf gegen die Wand. Ich rolle mich unter Qualen auf den Rücken; mein Kopf scheint zu kreisen, ich kann nur verschwommen sehen. Mallon steht über mir. Kopfschüttelnd blickt er auf mich herab und schnalzt mit der Zunge .
»Halten Sie mich für dumm?«
Er schiebt den Stuhl aus dem Weg und seufzt zutiefst enttäuscht.
»Ehrlich, Danny, haben Sie mir denn vorhin nicht zugehört? Sind Sie noch nicht dahintergekommen? Je mehr Sie sich wehren und kämpfen, desto weniger erreichen Sie.«
Im Chaos meines kläglichen, verkorksten Angriffsversuchs habe ich die Tür zugeschlagen. Sie geht wieder auf, Mallon winkt den beiden Männern, dass sie eintreten sollen. Einer, ein hünenhafter Bastard mit fiesem Äußeren, packt die Ketten, die von meinen Handgelenken hängen, und zerrt mich beängstigend mühelos auf die zitternden Beine. Aus dem, denke ich, wäre ganz bestimmt ein Brutalo geworden. Er hält meine Arme fest, und ich fühle mich wie in einem Schraubstock. Ich kann nichts dagegen tun. Der andere Mann kommt zu mir und zieht mir etwas über den Kopf. Es ist ein Kissenbezug, glaube ich, dünn genug, dass ich atmen kann, aber dick genug, dass er das Licht abhält und mich daran hindert, etwas zu sehen. Die Ketten um meine Knöchel werden zusammengebunden. Der Boden unter meinen bloßen Füßen ist kalt und nass.
»Bleiben Sie ruhig, zügeln Sie Ihr Temperament, dann ist alles in Ordnung«, sagt Mallon. »Falls Sie sich wehren, werden Sie es bereuen.«
Ist das eine Drohung oder nur eine Warnung, mich an seine Regeln zu halten? Was auch immer, das Fünkchen Hoffnung, das ich seit Mallons Besuch vorhin empfunden habe, ist dahin und einer kalten Furcht gewichen. Was werden die mit mir anstellen? Ich bin diesen elenden Dreckskerlen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und kann nichts dagegen machen. Ich fühle mich wie ein Versager; ich schäme mich, weil Unveränderte mich besiegt haben. Selbst wenn ich sie abwehren könnte, wäre ich noch gefesselt und angekettet. Ich würde nie
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