Todesinstinkt
Sie dazu bereit wären, Mr. Brighton.«
»Ich bin bereit!«, rief er. »Ich kaufe das ganze Gramm allein.«
»Wirklich?«
»Wenn Sie bereit sind.«
»Wozu bereit?« Ihre Begeisterung schlug in Bestürzung um.
»Mich zu heiraten«, antwortete Brighton.
Colette wusste nicht, ob sie in Lachen oder in Tränen ausbrechen sollte.
»Ich weiß, dass ich in den Augen der Frauen nicht unbedingt der Attraktivste bin«, bemerkte Brighton. »Aber dafür bin ich sehr reich. Ich kann Ihnen alles bieten, was
Sie wünschen. Bedenken Sie das. Alles — das ist keine geringe Sache.«
»Wir kennen uns doch gar nicht, Mr. Brighton.«
»Das stimmt nicht. Ich kenne Sie vollkommen, weil Sie die Vollkommenheit in Person sind. Ich verlange nicht, dass Sie mich lieben. Das spielt gar keine Rolle. Sie müssen mir nur erlauben, Sie anzubeten. Sagen Sie Ja, und ich werde auf der Stelle hunderttausend Dollar auf Mrs. Meloneys Konto überweisen.«
Benommen registrierte Colette die atemberaubende Summe. »Aber Sie werden eine Spende doch sicher auch in Betracht ziehen, wenn ich Nein sage?«
»Das werde ich nicht«, erklärte Brighton unumwunden. »Ich habe bereits fünfundzwanzigtausend Dollar gegeben, und auch das nur, um Ihrem Vortrag beiwohnen zu können. Warum sollte ich einer Französin, die ich nicht einmal kenne, so viel Geld schenken? Dazu besteht überhaupt kein Grund. Aber wenn Sie mich heiraten, meine liebe Miss Rousseau, wird Ihr Wunsch mein Befehl sein. Sagen Sie zwei Gramm, wenn Sie möchten. Sagen Sie zehn.«
»Zehn Gramm Radium?« Sie glaubte sich verhört zu haben.
»Aus meinen eigenen Minen. Warum nicht? Der Marktwert beträgt eine Million Dollar, aber für mich wären die Kosten viel geringer.« Als Colette nicht antwortete, fügte Brighton hinzu: »Oje, erscheint Ihnen das alles unmoralisch? Benehme ich mich unmoralisch?«
Mit tiefen Falten auf der Stirn schüttelte Colette den Kopf.
»Gott sei Dank. Ich weiß nie, was als unmoralisch betrachtet wird. Es heißt immer, die Menschen sollten aus
Liebe heiraten. Ich weiß nicht, was das heißen soll. Miss Rousseau, ich möchte, dass Sie mein Heim mit mir teilen. Dass Sie mit mir in meinem Zug reisen. Dass Sie an meiner Seite sitzen, wenn ich mit dem Präsidenten diniere. Ist es denn unvernünftig, dass ich die schönste, klügste, unschuldigste Frau auf Erden zur Gemahlin haben will – und dass ich ihr alles anbiete, was in meiner Macht steht, um sie zur Zustimmung zu bewegen? Ah, da sind wir ja schon bei meiner Fabrik.« Samuels öffnete ihnen die Tür. »Bitte treten Sie ein. Sehen Sie nur, wie sich die Mädchen in ihre Arbeit hineinknien. Was für ein wunderbarer Anblick. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja. Zehn Gramm Radium, die nach Ihren Anweisungen eingesetzt werden. Samuels! Bereiten Sie eine Geldüberweisung auf das Konto von Mrs. Meloney vor. Ich habe einen Telegrafen hier im Büro. Sagen Sie, dass Sie mich heiraten werden, und ich schicke die hunderttausend Dollar sofort los. Samuels hat mir davon abgeraten, das will ich Ihnen nicht verschweigen. Überhaupt hatte Samuels zunächst einen ganz falschen Eindruck von Ihnen, Miss Rousseau. Ich möchte gar nicht davon anfangen, was er gedacht hat. Aber ich weiß, wenn Sie mir Ihr Wort geben, werden Sie es auch halten. Was denn — weinen Sie etwa? Darf ich hoffen, dass es Tränen der Freude sind?«
Colette bat Mr. Brighton, eine Weile allein sein zu dürfen.
»Selbstverständlich, meine Liebe. Samuels benötigt ohnehin ein paar Minuten, um die Überweisung vorzubereiten. «
V ier Stockwerke unter der Wall Street arbeiteten zwei Männer in einer höhlenartigen, unbeleuchteten Kammer an einem glühenden Hochofen. Ihre Gesichter waren schwarz
vom Ruß, und sie trugen dicke, lange Lederschürzen. Einer schaufelte schwere Goldbarren in den Ofen. Der andere hantierte mit eisernen Gussformen, in die aus einer Öffnung oben am Ofen über ein Halbrohr geschmolzenes gelbes Metall strömte. Sobald ein neuer Barren fertig geformt war, wurde er von diesem Mann mit einer Greifzange auf einen Haufen geworfen, der bereits einen großen Teil der unterirdischen Kammer füllte. Beide Arbeiter trugen Schutzbrillen, und im unnatürlichen Licht der Funken und des Ofens glänzte der Schweiß auf Armen und Stirn.
Ungefähr fünf Meter hinter ihnen befand sich eine Mauer, und in dieser Mauer war ein vollkommen rundes Loch. Aus diesem Loch drang jetzt ein Geräusch, das die Aufmerksamkeit der Arbeiter auf sich zog. Ein
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