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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Vater ist kein Ire.«
    »Ach ja?«
    »Ja.«
    »Und warum säuft er dann wie einer?« Der Assistent, der viel größer war als Littlemore, lachte dröhnend. »Hab gehört, Ihr Pa war nicht mehr nüchtern, seit sie ihn aus der Truppe geschmissen haben.«
    Littlemore schüttelte gutmütig den Kopf und wandte sich ab. »Na schön, die erste Runde geht an Sie.« Dann wirbelte er herum und fällte den Assistenten mit einem Haken in die Magengegend und einem weiteren in sein rundliches Gesicht. Der Assistent wollte sich hochrappeln, sank aber benommen zurück auf den Gehsteig. »Aber für die zweite Runde müssen Sie noch üben.«
    Littlemore und seine staunende Familie schritten weiter zur Kirche.
     
    N achdem er die belichteten Platten entwickelt und fixiert hatte, war Younger überzeugt, dass er die Stärke des Apparats völlig falsch eingestellt hatte. Auf den Platten war kein Bild zu erkennen, nur eine formlose weiße Wolke mit einem schäumenden Schattenmuster, wie es Younger noch nie gesehen hatte. Allerdings erschien der obere Teil des Brustbeins völlig klar, daher konnte er eine Überbelichtung
ausschließen. Es war, als hätten die Röntgenstrahlen die Wucherung am Hals der Frau einfach nicht durchdringen können.
    Younger machte weitere Aufnahmen. Diesmal variierte er die Länge der Bestrahlung mit kürzeren und längeren Intervallen. Als sie entwickelt waren, erwiesen sich die neuen Bilder entweder als unbrauchbar oder als identisch mit den ersten.
    Im Grunde war es nicht bestürzend, dass ein Teil des menschlichen Körpers für Röntgenstrahlen undurchlässig war. Knochen zum Beispiel waren röngtenopak. Und es war keinesfalls undenkbar, dass eine Geschwulst wie die der Frau aus festem Knochen bestand. Bei einer rheumatoiden Arthritis im fortgeschrittenen Stadium beispielsweise waren Verknöcherungen in grotesken Formen und an den verschiedensten Körperstellen möglich. Eine Knochenwucherung am Kinn und Hals hätte zu einem völlig weißen Bild auf der Platte geführt.
    Doch diese Theorie hatte drei Haken. Erstens hätte eine Knochenwucherung eine klar umrissene Form gezeigt und nicht die randlose weiße Amöbengestalt, die auf den Aufnahmen der Frau erschien. Zweitens hätte Knochen nicht das schattenhaft schäumende Muster in dem amorphen Weiß erzeugt – ein Muster, das sich zudem auf jeder Platte unmerklich zu verändern schien, als würde seine Quelle ständig seine Position wechseln. Drittens hatte Younger die Masse mit den Fingern zu beiden Seiten des dünnen blauen Risses abgetastet. Was er fühlte, war kein Knochen. Es war zu elastisch – und zu ausweichend, als wollte es sich seiner Berührung entziehen.
    Mit trockenem Schlucken erwog Younger die Möglichkeit,
dass etwas Lebendiges, aber für Röntgenstrahlen Undurchlässiges im Hals der Frau saß.
     
    D er Bankers and Brokers Club residierte in einem vornehmen griechisch-römischen Gebäude in der Innenstadt. Um Viertel nach sieben entdeckte Littlemore Thomas Lamont im dritten Stock des Clubs in der Ecke eines komfortabel eingerichteten Zimmers, das anscheinend für Whist und Zigarren genutzt wurde. Die zahlreichen Anwesenden waren ausschließlich männlich. Der Detective staunte über die Atmosphäre — nicht über den Zigarrenrauch, sondern die Geselligkeit und die Fröhlichkeit. Anscheinend liefen die Geschäfte auch nach dem Bombenattentat bestens.
    Lamont selbst hingegen wirkte nervös. Er sah aus, als wäre er gern anderswo. »Etwas zu trinken, Captain? Alles ganz legal. Privatclub.«
    »Nein, danke«, antwortete Littlemore.
    »Ah, Sie sind natürlich im Dienst.« Lamont winkte einen Kellner weg. »Ich habe über Ihre Äußerung vom Freitag nachgedacht. Sind Sie wirklich sicher, dass diese Verbrecher unser Unternehmen angreifen wollten?«
    »Ich habe nie behauptet, dass ich sicher bin, Mr. Lamont. Ich habe nur gesagt, dass ich an Ihrer Stelle versuchen würde, es herauszufinden.«
    »Sie haben mich gefragt, ob das Unternehmen Feinde hat. Nachdem Sie gegangen waren, ist mir jemand eingefallen. Aber es darf nicht bekannt werden, dass ich ihn genannt habe. Kann ich mich darauf verlassen?«
    Littlemore nickte. Lamonts Ton war so gedämpft und der allgemeine Trubel an den Kartentischen so laut, dass
niemand sie belauschen konnte. Dichter Rauch kräuselte sich um die Sessel und waberte hinauf zur Kassettendecke.
    »Es handelt sich um einen Bankier.« Lamont flüsterte fast nur noch. »Ein Ausländer. Vor dem Krieg war er der zweitreichste

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