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Todesinstinkt

Todesinstinkt

Titel: Todesinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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weiteren Mord begangen hat.«
    »Unsinn, nicht einmal die Entführte hat ihn erkannt.« Hylan gestikulierte. »Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie den Bundesstaat verlassen hat.«
    »Sie ist nur in Connecticut«, widersprach Littlemore.
    »Ja, in New Haven«, ergänzte der Commissioner. »Stimmt es, dass sie den Mann nicht erkannt hat?«
    »Ja, Sir.«
    »Können Sie ihn identifizieren, Littlemore? Sie haben die Entführte doch gerettet. Könnten Sie vor Gericht beschwören, dass der Mann im Gefängnis einer der Täter war?«
    »Nein, Sir«, bekannte Littlemore. »Momentan ist er ein bisschen – ramponiert.«
    »Sehen Sie, Enright?« Hylan triumphierte. »Nicht einmal Ihr eigener Beamter kann ihn identifizieren.«
    »Würden Sie von einem hinreichenden Verdacht sprechen, Littlemore?« Der Commissioner sah ihn an.

    »Hinreichender Verdacht? Sie wollen ihn doch nicht allen Ernstes laufen lassen, Mr. Enright? Der Bursche ist gefährlich. Die Französin hat er zweimal attackiert. Wenn wir ihn rauslassen, bringt er sie vielleicht um!«
    Enright seufzte. »Ohne hinreichenden Verdacht können Sie einen Mann nicht festhalten, Littlemore. Das wissen Sie genau.«
    »Wir haben schon viele Leute mit viel weniger Grund festgehalten«, wandte Littlemore ein. »Und zwar monatelang.«
    »Aber die Betreffenden ...« Enright verstummte.
    Littlemore beendete seinen Satz. »Die Betreffenden hatten keinen einflussreichen Anwalt, der den Bürgermeister eingeschaltet hat.«
    »So ist nun mal das Leben«, meinte der Commissioner.
    »Geben Sie mir noch ein paar Wochen, dann krieg ich ihn dran.«
    »Ein paar Wochen?« Hylan plusterte sich auf. »Ein Skandal. Das werde ich nicht dulden. Ich bin schon immer für die einfachen Leute eingetreten, damit sie nicht von Finanzinteressen überrollt werden. Es gibt nur eine Bedrohung für unsere Republik: die internationalen Bankiers, die Geldaristokraten, die wie ein riesiger Oktopus ihre schleimigen Arme nach unseren Städten ausstrecken. Solange ich Bürgermeister bin, wird diese Stadt nicht von Finanzinteressen regiert. Die einfachen Menschen müssen ihr Recht bekommen.«
    Mit dem Rücken zu Hylan verdrehte Enright die Augen. »Es tut mir leid, Littlemore, aber Ihr Verhalten verdient eine fristlose Suspendierung. Einen persönlichen Freund freizulassen, der unter Mordverdacht steht. Sein Opfer ohne hinreichenden
Verdacht zu inhaftieren. Wirklich, Sie sollten es besser wissen.« Der Polizeichef gehörte zu den Leuten, die beim Stehen gern mit den Händen auf dem Rücken auf den Fußballen auf und ab wippen. »Doch zufälligerweise war gerade Mr. McAdoo in meinem Büro, als Bürgermeister Hylan gekommen ist. Und wie das Schicksal so spielt, wollte McAdoo ebenfalls über Sie reden. Das hier hat er mir gegeben. « Der Commissioner nahm mehrere maschinenbeschriebene Blätter vom Schreibtisch. »Es ist die Kopie eines Briefs an Präsident Wilson und alle Kabinettsmitglieder in Washington. Das Schreiben stammt von Senator Fall von New Mexico. Kennen Sie Senator Fall?«
    »Nein, Sir.«
    »Ein äußerst mächtiger Mann. Er sitzt im Senatsausschuss für Auslandsbeziehungen und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bald unter Mr. Harding das Amt des Außenministers übernehmen.«
    »Was hat das mit mir zu tun, Sir?«, fragte Littlemore.
    Enright wandte sich an den Präsidentenberater. »Möchten Sie Captain Littlemore ins Bild setzen, McAdoo?«
    »Gerne.« McAdoo legte die Fingerspitzen aneinander. Sein beherrschtes Benehmen, das glatt zurückgekämmte Haar und das feine, schmale Gesicht standen in starkem Gegensatz zu dem ungepflegten, stirnrunzelnden und fahrigen Bürgermeister. McAdoo sprach mit einem deutlich östlichen, gebildeten Akzent, und nur hin und wieder verriet ein leichtes Näseln seine Herkunft aus Tennessee. »Fall ist ein Vulkan, und zwar einer, der Feuer speit. Er wirft uns — das heißt, der Regierung Wilson — vor, dass wir auf die Gräueltat an der Wall Street viel zu unentschlossen reagiert haben. Fall behauptet, ein Angriff dieser Größe kann nur von
einer ausländischen Macht organisiert und durchgeführt worden sein, die unsere Vernichtung will – womit er wohl auf Lenin und seine Bolschewisten anspielt. Er meint, dass dieser Anschlag eindeutig eine gegen eines der bedeutendsten Bankhäuser Amerikas gerichtete Kriegshandlung war, während wir von der Regierung weit davon entfernt sind, uns auf einen Krieg vorzubereiten, und verkünden, dass das Attentat das Werk einiger

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