Todesjagd
hab’s gewusst. Als er nicht zurückkam, wusste ich, dass etwas passiert war. Ich habe nur gedacht … habe gehofft … O Gott!«
Sie konnte sich nicht länger beherrschen. Quinn hörte ein lautes Schluchzen, den gedämpften Ton, als sie das Telefon von ihrem Gesicht weghielt, damit sie sich ihrem Schmerz ohne Zeugen hingeben konnte.
Es dauerte fast eine Minute, bis sie sich wieder meldete. Als sie sprach, hatte sie sich wieder gefasst. »Bist du wirklich in Singapur?«
»Ja.«
»Was machst du da?«
»Ich versuche, dir zu helfen.«
»Aber ich bin nicht in Singapur«, sagte sie.
Quinn sah Orlando an.
Lautlos sagte sie:
»Sie ist noch in KL.«
»Nein, aber Kuala Lumpur ist nicht sehr weit weg«, sagte er ins Telefon.
»Du weißt, wo ich bin?«
»Es ist okay. Wir sind die Einzigen, die es wissen.«
»Wen meinst du mit wir ?«
»Ich habe zwei Leute bei mir«, sagte er. »Freunde, denen ich vertraue und mit denen ich immer arbeite. Sie sind in Ordnung.«
»Wenn du weißt, dass ich in Kuala Lumpur bin«, sagte sie, und ihre Worte klangen jetzt reservierter als vorher, »was machst du dann in Singapur?«
»Wir sind in Singapur, weil Markoff uns hierhergeschickt hat.«
»Wie meinst du das?«, platzte sie heraus.
»Das ist belanglos«, sagte er. »Hör zu, ich komme zu dir, um dich zu holen. Nehme morgen die erste Maschine. Der Flug dauert nicht lange. Wir holen dich dort raus und bringen dich an einen sicheren Ort.« Der Flug von Singapur nach Kuala Lumpur wurde in Minuten berechnet, nicht in Stunden.
Stille. Dann sagte sie:
»Nein, ich komme zu dir.«
»Das ist keine so gute Idee«, sagte Quinn. »Dein Boss kommt in die Stadt. Es wäre am besten, wenn du nicht hier wärst.«
»Weißt du, wann er eintrifft?«
Quinn warf Orlando einen Blick zu.
Sie flüsterte:
»Morgen, gegen Mitternacht.«
»Morgen«, wiederholte Quinn. »Sehr spät.«
»Ich schicke dir eine neue Nachricht, wenn ich angekommen bin«, sagte Jenny.
Quinn umklammerte das Telefon fester.
»Nein. Du bleibst, wo du bist. Hier bist du nicht sicher.«
Aber er sprach jetzt nur mit sich selbst. Die Leitung war tot.
»Kuala Lumpur«, sagte Orlando. »Aber sie bleibt nicht an einem Ort.«
Die Ortungssoftware war noch auf ihrem Bildschirm, und der blaue Punkt blinkte über dem Merdeka Square in der malaysischen Hauptstadt.
»Ich hätte stärker darauf drängen sollen, dass sie bleibt, wo sie ist, und auf uns wartet«, sagte Quinn. Er bewegte sich in der Nähe der Couch unruhig hin und her.
»Und wie hättest du das denn anstellen sollen?«, fragte Nate.
»Sie schien unbedingt hierherkommen zu wollen«, meinte Orlando.
»Die denkbar schlechteste Entscheidung. Wenn Guerrero hier ist, werden auch seine Männer hier sein.« Quinn kam um das Sofaende herum. »Sobald sie hier eintrifft, müssen wir sie finden und an einen sicheren Ort bringen. Wenn Guerreros Leute auch nur denken, dass sie in der Gegend ist, werden sie Jagd auf sie machen.«
»Ich lasse die Ortungssoftware an«, sagte Orlando. »Wenn sie ihr Telefon einschaltet, weiß ich es innerhalb weniger Sekunden.«
»Gut«, sagte Quinn. »Lass das Fenster vom Internetforum auch offen, für den Fall, dass sie eine Nachricht schickt. Morgen
werde ich alles vorbereiten, um sie an einen sicheren Ort zu bringen.«
»Warum nicht hierher?«, fragte Nate.
»Zu viel Öffentlichkeit«, sagte Orlando.
»Das klingt, als hätten wir morgen mächtig viel zu tun«, meinte Nate. Er stemmte sich aus seinem Sessel am Schreibtisch hoch. »Ich hau mich jetzt in die Federn. Wir sehen uns morgen früh.«
»Warte«, sagte Quinn. »Wir haben noch etwas zu erledigen.«
»Es ist nach Mitternacht«, wandte Nate ein. »Kann das wirklich nicht bis morgen warten?«
Quinns einzige Antwort war ein starrer Blick.
»Ich weiß, was du denkst«, sagte Orlando zu Quinn. »Aber das ist keine gute Idee.«
Quinn drehte sich zu ihr um.
»Ich denke, wir haben keine andere Wahl. Markoff ist gestorben, als er versuchte, uns etwas mitzuteilen.«
»Es könnte eine Falle sein. Hast du schon einmal daran gedacht?«, fragte sie. »Vielleicht hat nicht Markoff die Nummer an die Wand im Container geschrieben.«
»Aber wenn er es getan hat, kann ich es nicht ignorieren.«
»Entschuldigung«, sagte Nate. »Was genau tun wir hier eigentlich?«
»Dunkle Kleidung«, sagte Quinn zu seinem Assistenten. »Wir treffen uns in zehn Minuten in der Lobby.«
Nachdem Quinn sich umgezogen hatte, ging er zurück ins
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