Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
die Klinge und versuchte, Johnnys Eingeweide zu häckseln, aber ich konnte ihn schließlich überwältigen. Er hatte Augen wie Untertassen. High wie ein Jumbojet. Ich wollte Johnny zum Wagen bringen, aber vor der Wohnung standen zweihundert Leute, die meisten aus der Karibik, kreischten Missbrauch und Übergriff und bewarfen uns mit allem möglichen Scheiß. Ich dachte, wir kommen da nicht lebend raus.«
»Warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Du musstest dich mit deinem eigenen Mist rumschlagen.«
»Wie geht es Johnny jetzt?«
»Ein Teil seines Darms musste entfernt werden, und er ist jetzt im vorzeitigen Ruhestand. Der Dealer ist in Brixton gelandet, der Junge zu einer Pflegefamilie gekommen. Ich glaube, seine Mutter lebte nicht mehr.«
Dave senkt den Blick. »Ich weiß, ich hör mich an wie ein Feigling, wenn ich das sage, aber ich muss immer daran denken, dass ich es hätte sein können, der da auf dem schmutzigen Fußboden blutet – oder noch schlimmer: du.«
»Deswegen bist du doch kein Feigling. Das ist nur menschlich. «
»Na ja, da hab ich jedenfalls angefangen, über Alternativen nachzudenken.«
»Vielleicht musst du nur ein neues Leben anfangen.«
»Möglicherweise.«
»Vielleicht willst du mich eigentlich gar nicht heiraten.«
»Doch, das will ich.«
»Würdest du mich auch heiraten wollen, wenn wir keine Kinder haben würden?«
»Wie meinst du das?«
»Ich habe zuerst gefragt.«
»Aber du willst doch Kinder, oder?«
»Was, wenn ich keine Kinder bekommen könnte?«
Er richtet sich kerzengerade auf. Er versteht nicht.
Ich versuche zu erklären. »Manchmal kommen Kinder nicht einfach so. Nimm nur Cate. Sie konnte nicht schwanger werden, und es hat sie innerlich so mitgenommen, dass sie eine Dummheit begangen hat. Findest du nicht, dass es reichen sollte, wenn zwei Menschen sich lieben?«
» Ja, vermutlich schon.«
Er hat immer noch nicht begriffen, worauf ich hinauswill. Nun bleibt mir nichts anderes mehr übrig, als ihm die Wahrheit direkt ins Gesicht zu sagen. Die Worte purzeln aus meinem Mund, und ich bin selbst überrascht, wie wohl gesetzt sie klingen. Beinahe perfekte Sätze.
»Wenn ein Baby im Bauch einer Frau heranwächst, sollte sich ihr Becken dehnen und nach vorn neigen. Das kann mein Becken nicht. Meine Wirbelsäule wird von Platten und Stäben zusammengehalten. Eine Schwangerschaft würde eine enorme Belastung für die Bandscheiben und Wirbel meiner unteren Lendenwirbelsäule bedeuten. Ich würde das Risiko einer Querschnittslähmung eingehen und müsste mein Baby schlimmstenfalls aus dem Rollstuhl versorgen.«
Er wirkt verdattert. Verzweifelt. Es spielt keine Rolle, was er jetzt sagt, denn ich habe in seine Seele gesehen. Er möchte ein
Kind großziehen. Und zum ersten Mal in meinem Leben wird mir bewusst, dass ich das auch möchte. Ich will Mutter werden.
In den folgenden Stunden werden alle Möglichkeiten in Betracht gezogen. Auf der Taxifahrt zurück ins Hotel, beim Abendessen und danach im Bett spricht David von Zweitdiagnosen, Alternativen und Operationen. Wir verbrauchen so viel Sauerstoff, dass ich in unserem Zimmer kaum noch atmen kann. Aber meine ursprüngliche Frage hat er nicht beantwortet. Die wichtigste. Er hat nicht gesagt, ob es eine Rolle spielt.
Und weil wir gerade bei Geständnissen sind, erzähle ich ihm auch noch, dass ich mit Barnaby geschlafen und wie ich mich mit Cate zerstritten habe. Manchmal sehe ich ihn zusammenzucken, aber er muss das anhören. Ich bin nicht die, für die er mich hält.
Meine Mutter sagt, in der Liebe wäre die Wahrheit unwichtig. Bei einer arrangierten Ehe komme es nur auf die fiktiven Geschichten an, die eine Familie der anderen erzählt. Vielleicht hat sie Recht. Vielleicht bedeutet Sichverlieben, eine Geschichte zu erfinden und sie als wahr zu akzeptieren.
10
Am frühen Morgen wache ich auf. Dave hat einen Arm um mich gelegt, und sein Herz schlägt an meinem Rücken. Ein Teil von mir will so liegen bleiben, sich nicht bewegen, kaum atmen. Ein anderer Teil will den Hotelkorridor, die Treppe, die Straße hinunterlaufen, aus der Stadt, weg!
Ich schlüpfe aus dem Bett, schleiche mich ins Bad, ziehe meine Jeans und eine Bluse an und stopfe mir Bargeld und mein Handy in die Tasche. Ich bücke mich, um meine Schuhe zuzubinden und akzeptiere den dumpfen Schmerz in meiner Wirbelsäule als das, was er nun ist: Etwas, was zu mir gehört.
Das Tageslicht kriecht über die Dächer, und die Straßen beginnen sich mit Leben
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