Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
nebeneinander parken, als würden sie aus einem Trog trinken.
Spijker ist einen Kopf größer als die anderen Kommissare. Er trägt einen dunklen Anzug und polierte Schuhe, wirkt jedoch trotzdem wie eine Fehlbesetzung im Leben, als würde er mit den Sachen seines Vaters Verkleiden spielen.
Eine Holzrampe führt ins Wasser. Auf halber Höhe liegt ein Schlauchboot aus schwerem gummierten Gewebe mit einem Holzboden. Im Wasser wartet ein weiteres Boot mit vier Männern an Bord.
Spijker gibt mir ein Paar Gummistiefel und eine Öljacke. Dann stattet er Dave mit einer ähnlichen Ausrüstung aus und zieht seine eigenen Gummistiefel über.
Mit einer fließenden Bewegung wird das Schlauchboot zu Wasser gelassen. Spijker reicht mir eine Hand und hilft mir an Bord. Er dreht das Gas auf, und wir legen ab. Der Himmel ist von einem undurchdringlichen Grau ohne jede Tiefe. Ein paar hundert Meter entfernt taucht ein Kanute sein Paddel rhythmisch ins Wasser, als er am Ufer entlanggleitet. Ein Stück weiter hinaus bläst eine Fähre mit stumpfer Schnauze schwarzen Qualm in die Luft.
Ich versuche, mich zu orientieren. Knapp zehn Kilometer weiter westlich liegt die Nordsee. Offenbar fahren wir an einem der westlichen Docks entlang. Die Luft riecht süß – nach Schokolade. Vielleicht ist irgendwo in der Nähe eine Fabrik. Dave sitzt neben mir. Ich spüre, wie sein linker Arm meine Brust streift, wenn das Boot hin und her schwankt.
Spijker scheint sich am Steuer des Bootes wohl zu fühlen. Vielleicht färbt es ab, wenn man unterhalb des Meeresspiegels lebt, geschützt von Deichen und Sperrwerken.
»Wie viel wissen Sie über das Meer, DC Barba?«
Was gibt es da zu wissen? Es ist kalt, es ist feucht, es ist salzig …
»Mein Vater war bei der Handelsmarine«, erklärt er, ohne meine Antwort abzuwarten. »Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich sieben war, aber ich habe die Ferien immer bei ihm verbracht. Er fuhr nicht mehr zur See, und an Land war er nicht mehr derselbe. Er wirkte kleiner.«
Dave hat kaum etwas gesagt, seit ich ihn vorgestellt habe, aber jetzt erwähnt er, dass er eine Segelschule kaufen will. Bald sind die beiden in ein Gespräch über Boote und Segelgebiete vertieft. Ich kann mir Dave gut in einem Aran Sweater vorstellen, wie er sich unter dem Baum duckt. Er scheint in die freie Natur zu passen, in weite Räume voller Wind, Himmel und Wasser.
Fünfhundert Meter vor uns liegt ein Containerschiff. Der Amsterdamer Hafen hat Millionen investiert in dem Glauben, man könne Rotterdam als Drehscheibe des internationalen Handels Konkurrenz machen, erklärt Spijker. Verschwendetes Geld.
Hinter dem Schiff kommen wir zu einem Holzpier, der sich getragen von Stützmasten knapp sieben Meter über das Wasser erhebt. Daran ist eine schwimmende Plattform festgemacht.
Spijker lässt den Gashebel los, und der Motor tuckert im Leerlauf. Er bremst das Schlauchboot, wirft ein Seil um eine verrostete Klampe und zieht uns an die Plattform. Im selben Augenblick wird ein Scheinwerfer eingeschaltet und schwenkt suchend über das im Schatten liegende graue Holz unter dem Pier. Dann taucht ein weißer Fetzen auf. Eine Gestalt hängt über dem Wasser und blickt auf mich herab. Um ihren Hals liegt eine Schlinge. Ein weiteres, offenbar beschwertes Seil ist um ihre Hüften gewickelt.
Wie von einer unsichtbaren Hand bewegt, pendelt die Leiche sanft hin und her, sodass ihre Zehen Pirouetten auf dem Wasser drehen.
»Ist das das taube Mädchen?«, fragt Spijker.
Zalas Augen sind offen. Zwei dunkelrote Kreise. Die Netzhäute
sind stark blutunterlaufen, die Pupillen beinahe verschwunden. Sie trägt dieselbe rosa Jacke und den Rock, in denen ich sie zuletzt gesehen habe. Die salzige Luft hat den Stoff hart werden lassen.
Das Schlauchboot bewegt sich bei der kleinsten Welle auf und ab. Spijker hilft mir, auf die Plattform zu steigen. Eine an den Pylon genietete Metallleiter führt auf den Pier. Möwen auf Navigationsbojen und einer Barke in der Nähe beobachten das Geschehen. Das andere Schlauchboot ist angekommen, mit Seilen und einem Transportkorb an Bord.
Spijker klettert die Leiter hinauf, und ich folge ihm. Dave ist direkt hinter mir. Die Planken des Piers sind alt und von tiefen Rissen durchzogen, mit Lücken, breit genug, dass ich Zalas Kopf und ihre Schultern sehen kann.
Das Seil um ihren Hals ist an einem Metallpoller festgebunden, an dem sonst Schiffe festmachen.
Ein Polizeibeamter in Kletterausrüstung seilt sich vom
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