Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
wenn sie junge Hunde bekommt, ist mir scheißegal. Du musst sie auf die Welt bringen.«
»Ich weiß nicht, wie man ein Baby auf die Welt bringt!«
»Dann lernst du es besser schnell.«
»Seien Sie nicht albern – «
Der Stock seines Spiekers trifft mein Kinn. Als der Schmerz nachlässt, taste ich mit der Zunge, ob noch alle Zähne an ihrem Platz sind. »Warum sollte ich Ihnen helfen?«
»Weil ich dich sonst umbringe.«
»Sie bringen mich doch sowieso um.«
»Das weißt du sicher, was?«
Samira packt mein Handgelenk, ihre Fingerknöchel sind ganz weiß. Der Schmerz steht ihr ins Gesicht geschrieben. Sie will Hilfe. Sie will nur, dass der Schmerz weggeht. Ich sehe Pearl an und nicke.
»Prächtig. Wirklich prächtig«, findet er und lässt den Spieker in seiner Hand kreisen.
»Hier können wir es nicht machen«, sage ich. »Wir müssen sie in eine Kabine bringen. Ich brauche Licht. Saubere Laken. Wasser.«
»Nein.«
»Schauen Sie sich doch mal um!«
»Sie bleibt hier.«
»Dann wird sie sterben! Und ihre Babys auch! Und wer immer Sie dafür bezahlt, kriegt gar nichts.«
Ich fürchte, dass Pearl mich wieder schlägt, aber er wiegt den Spieker in beiden Händen, lässt dann den Metallhaken zu Boden sinken und stützt sich darauf wie auf einen Gehstock. Flüsternd berät er sich mit Yanus. Entscheidungen müssen getroffen werden. Ihr Plan franst an allen Enden aus.
»Du musst durchhalten«, erkläre ich Samira. »Alles wird gut.«
Sie nickt, weitaus ruhiger als ich selbst.
Warum sucht noch niemand nach mir? Mittlerweile müssen sie Forbes doch benachrichtigt haben. Er wird ihnen sagen, was zu tun ist.
Pearl kommt zurück.
»Okay, wir bringen sie hoch.« Er hebt den Saum seines Hemdes, um mir die Pistole zu zeigen, die in seinem Hosenbund steckt. »Und keine beschissenen Tricks. Wenn du abhaust, schneidet Yanus ihr die Babys aus dem Leib. Er ist ein verdammter verhinderter Chirurg.«
Der Ire sammelt Samiras Sachen zusammen – einen kleinen Baumwollbeutel und eine zusätzliche Decke. Dann hilft er ihr auf die Beine. Sie legt die Hände unter ihren Bauch, als wollte sie ihn abstützen. Ich lege ihr die Decke über die Schultern. Ihr feuchter Rock klebt an ihren Schenkeln.
Yanus ist vorausgegangen, um das Treppenhaus zu kontrollieren. Ich male mir aus, dass Mitglieder der Mannschaft ihn erwarten. Sie werden ihn überwältigen, und Pearl wird keine andere Wahl haben, als sich zu ergeben.
Er hebt Samira aus dem Container. Ich folge ihm und stolpere leicht, als ich auf dem Boden lande. Pearl schubst mich beiseite, schlägt die Hecktüren zu und verriegelt sie mit dem Bolzen. Irgendetwas an dem LKW ist anders. Die Farbe. Es ist ein anderer Wagen.
Mein Magen dreht sich um. Es gibt zwei LKW. Yanus und Pearl müssen jeder einen an Bord gefahren haben. Über dem nächsten Treppenhaus leuchtet ein Schild. Wir sind auf einem anderen Deck. Niemand weiß, wo man nach mir suchen soll.
Samira geht voraus. Sie hat ihr Kinn auf das Schlüsselbein gedrückt und scheint ein Gebet zu flüstern. Eine weitere Wehe lässt sie abrupt stehen bleiben, ihre Knie geben nach. Pearl legt einen Arm um ihre Hüften. Obwohl er schon Ende vierzig ist, ist sein Oberkörper muskulös und gedrungen wie der eines Menschen, der sich in einem Knast-Kraftraum fit gehalten hat.
Wenn man in einem normalen Beruf arbeitet, kriegt man so einen Körperbau nicht.
Wir steigen eilig die Treppen hinauf und hasten einen leeren Gang hinunter. Yanus hat eine Kabine auf Deck neun gefunden, auf dem weniger Passagiere untergebracht sind. Als er Samira von Pearl übernimmt, werfe ich einen verstohlenen Seitenblick auf die beiden. Sie können doch nicht glauben, damit durchzukommen.
Die Zwei-Bett-Kabine ist bedrückend ordentlich. Eine schmale Pritsche ist etwa dreißig Zentimeter über dem Fußboden, die andere ziemlich direkt darüber flach an die Wand geklappt. Es gibt ein quadratisches Bullauge mit abgerundeten Ecken. Dahinter ist es dunkel. Das Land hat aufgehört zu existieren, und ich kann mir nur die einsamen Weiten der Nordsee ausmalen. Ich blicke auf die Uhr. Halb eins. Harwich liegt noch dreieinhalb Stunden entfernt. Wenn Samira ruhig bleibt – und die Wehen einigermaßen regelmäßig sind –, erreichen wir England vielleicht noch rechtzeitig. Rechtzeitig wofür?
Samira hat die Augen aufgerissen, und auf ihrer Stirn stehen Schweißtropfen. Gleichzeitig zittert sie. Ich sitze mit dem Rücken zum Bullauge auf der Pritsche und drücke sie mit
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