Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
würden die Leute nicht mehr lachen, dachte er. Also nahm er ein Tigerfell und breitete es über den Rücken des Esels. Der Esel kehrte in sein Dorf zurück, und mit einem Mal war alles verändert. Frauen und Kinder rannten schreiend davon. Männer duckten sich hinter Ecken. Bald war der Esel allein auf dem Markt und hielt einen Festschmaus aus köstlichen Äpfeln und Möhren.
Die Dorfbewohner lebten in schrecklicher Angst vor dem gefährlichen »Tiger« und überlegten, wie sie ihn loswerden könnten. Man hielt eine Versammlung ab und beschloss, den Tiger zurück in den Dschungel zu treiben. Trommelschläge hallten über den ganzen Markt, und der arme, verwirrte Esel wandte sich hierhin und dorthin, bis er zuletzt in den Wald flüchtete. Aber die Jäger spürten ihn auf.
»Das ist gar kein Tiger«, rief einer von ihnen. »Das ist doch nur der Esel vom Markt.«
Der Guru erschien und lüftete das Tigerfell vom Rücken des verängstigten Tieres. »Denkt immer an dieses Tier«, sagte er
zu den Menschen. »Es hat das Fell eines Tigers, aber die Seele eines Esels.«
So komme ich mir auch vor – kein Tiger, sondern ein Esel.
Als ich am Smithfield Market vorbeilaufe, kommt mir eine Erleuchtung. Zunächst ist es nur ein kleiner Funken, eine vage Ahnung. Ich frage mich, wie solche Reaktionen zustande kommen. Vielleicht ist es ein Schrittmuster, ein Geräusch am falschen Ort oder eine Bewegung, die einen Gedanken auslöst. Jedenfalls weiß ich plötzlich, wie ich die Zwillinge finden kann!
Bisher hat Forbes sich auf die Paare konzentriert, die durch eine genetische Leihmutterschaft ein Kind bekommen haben. Sie können nicht gegen Shawcroft aussagen, ohne sich selbst zu beschuldigen. Und warum sollten sie? Die Wissenschaft gibt ihnen Recht. Niemand kann beweisen, dass sie nicht die leiblichen Eltern sind.
Aber wer immer die Zwillinge hat, verfügt nicht über diese genetische Absicherung. Er hatte keine Zeit, eine Schwangerschaft vorzutäuschen und eine ausgeklügelte Legende zu stricken. Im Moment muss er sich ziemlich verwundbar fühlen.
Um diese Tageszeit ist es kein Problem, in Kensington einen Parkplatz in der Nähe von Forbes’ Büro zu finden. Die meisten Detectives fangen um neun Uhr an, deshalb ist der Ermittlungsraum um diese Uhrzeit bis auf einen Detective Constable von der Nachtschicht menschenleer. Er ist ungefähr so alt wie ich und auf eine mürrische Art recht attraktiv. Vielleicht habe ich ihn geweckt.
»Forbes hat gesagt, ich soll vorbeikommen«, lüge ich.
Er mustert mich skeptisch. »Der Boss hat heute Morgen einen Termin im Innenministerium. Er kommt erst später ins Büro.«
»Er möchte, dass ich einer Spur nachgehe.«
»Was für einer Spur denn?«
»Es ist nur eine Idee, mehr nicht.«
Er glaubt mir nicht. Ich rufe Forbes an, um seine Genehmigung zu bekommen.
»Ich hoffe für Sie, dass es wichtig ist«, knurrt er.
»Guten Morgen, Sir.«
»Wer ist da?«
»DC Barba.«
»Kommen Sie mir nicht mit ›Guten Morgen‹.«
»Verzeihung, Sir.«
Im Hintergrund höre ich, wie Mrs. Forbes ihrem Mann erklärt, er solle leise sein. Bettgeflüster.
»Ich brauche Zugang zu Shawcrofts Telefonunterlagen.«
»Es ist sechs Uhr morgens.«
»Ja, Sir.«
Er will Nein sagen. Er misstraut mir. Ich bringe schlechte Nachrichten oder schlechtes Karma. Alles, was ich bisher angefasst habe, hat sich in Scheiße verwandelt. Aber ich spüre noch etwas anderes. Er ist nervös. Seit der Freilassung von Shawcroft ist der DI auf dem Rückzug und wimmelt mich unter Vorwänden ab. Er hat sicher ein bisschen Druck gekriegt, aber das gehört zur Stellenbeschreibung.
»Ich möchte, dass Sie nach Hause gehen, DC Barba.«
»Ich habe eine Spur.«
»Hinterlegen Sie den Hinweis bei dem Detective von der Nachtschicht. Sie nehmen nicht aktiv an dieser Ermittlung teil.« Sein Ton wird versöhnlicher. »Wie geht es Samira?«
Warum ist er so negativ? Und was hat der Termin im Innenministerium zu bedeuten? Es muss um Shawcroft gehen.
»Wie geht es Ihrer Frau, Sir?«, frage ich.
Forbes zögert. Sie liegt neben ihm. Was soll er sagen?
Es entsteht eine lange Pause. »Wir sind auf derselben Seite, Sir. Sie haben mich an dem Abend nicht gefickt, also tun Sie es jetzt auch nicht.«
»Gut. Ja, also ich sehe da kein Problem«, antwortet er. Ich reiche dem Detective von der Nachtschicht den Hörer und höre
seinem Ja-Sir-Nein-Sir zu, bevor er mir den Hörer zurückgibt. Forbes möchte mich noch einmal sprechen.
»Wenn Sie
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