Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
wieder in mein Versteck zurück, lausche auf Schritte auf der Treppe und behalte die Tür im Auge. Ich muss die Polizei alarmieren. Wenn ich mein Handy aufklappe, wird eine Neonschrift aufleuchten: »Hier bin ich! Komm und hol mich!«
Ich schirme mit beiden Händen das Display ab und tippe die Nummer des Notrufs ein. Eine Telefonistin nimmt ab.
»Beamter in Gefahr. Hauseinbruch.«
Ich flüstere die Adresse und meine Dienstnummer. Ich kann nicht dranbleiben. Das Telefon geht aus, das Display erlischt. Jetzt höre ich nur noch meinen Atem, und Schritte …
Die Tür geht auf. Der Strahl einer Taschenlampe schweift durch den Raum. Die Gestalt dahinter kann ich nicht erkennen. Er kann mich nicht sehen. Er stolpert über eine Kiste, und Christbaumkugeln kullern über den Boden. Eine von ihnen rollt in der Nähe meines Fußes aus und spiegelt das schwache Licht.
Er legt die Taschenlampe auf das Bett, den Strahl auf sich gerichtet. Das Licht spiegelt sich auf seiner Stirn. Brendan Pearl. Ich habe mein ganzes Gewicht auf meine Fußballen verlagert, ich bin kampfbereit. Aber was macht er?
Er hat etwas in der Hand. Es sieht aus wie eine eckige Dose, und er drückt auf den Deckel. Aus einer Tülle strömt Flüssigkeit, die in dem matten Licht silbrig glänzt. Ein paar Tropfen spritzen mir auf die Stirn und sickern in meine Augen.
Rote glühende Drähte stechen mir ins Gehirn, und der Geruch bleibt mir im Hals stecken. Benzol. Brandbeschleuniger. Feuer!
Die Schmerzen sind unerträglich, aber ich darf mich nicht rühren. Er wird das Haus anzünden. Ich muss hier raus. Ich kann nichts sehen. Schwingungen auf der Treppe. Er ist weg. Ich krieche aus meinem Versteck, erreiche die Tür und presse mein Ohr dagegen.
Meine Augen sind völlig nutzlos. Ich muss sie mit Wasser ausspülen. Im ersten Stock gibt es ein Badezimmer, und das große Schlafzimmer verfügt über ein eigenes Bad. Ich kann beide finden, aber nur wenn Pearl weg ist. Andererseits kann ich es mir nicht leisten zu warten.
Irgendetwas bricht knackend zusammen und stürzt die Treppe hinunter. Meine Sicht ist immer noch verschwommen, aber ich sehe ein Licht. Nein, kein Licht. Feuer!
Das Erdgeschoss steht in Flammen, und Rauch steigt auf. Ich klammere mich ans Geländer und schaffe es bis zum Treppenabsatz. Ich taste mich an der Wand entlang, finde das Bad hinter dem Schlafzimmer und spritze mir Wasser ins Gesicht. Statt klarer Details sehe ich nur verschwommene Umrisse und Schatten.
Der Qualm wird dichter. Auf allen vieren krieche ich durch das Schlafzimmer und rieche den Brandbeschleuniger auf dem Teppich. Wenn das Feuer den ersten Stock erreicht, wird es an Wucht und Geschwindigkeit zunehmen. Das Fenster im Arbeitszimmer ist immer noch offen. Ich krieche über den Flur und stoße mir an irgendwas den Kopf. Meine Finger ertasten die Fußleiste. Ich kann die Hitze spüren.
Am Fenster angekommen lehne ich mich hinaus und atme spuckend und hustend tief ein. In meinem Rücken höre ich ein eigenartiges Rauschen. Flammen schießen an der offenen Tür vorbei, gespeist von dem Beschleuniger.
Ich klettere auf das Fenstersims und blicke nach unten. Ich
kann den Garten nicht sehen. Der Fall muss gut fünf Meter tief sein. Ich werde mir beide Beine brechen. Ich wende den Kopf zu dem an die Wand genieteten Fallrohr. Meine Augen sind nach wie vor nutzlos. Wie weit war es entfernt? 1,20 Meter. Vielleicht ein bisschen mehr.
Auf der Rückseite meiner Beine spüre ich die Hitze des Feuers. Unter mir birst ein Fenster. Scherben regnen auf das Gebüsch.
Ich muss an mich glauben, um es zu schaffen. Ich muss mich auf mein Gedächtnis und meinen Instinkt verlassen. Ich lasse mich seitwärts fallen und strecke die Arme aus.
Meine linke Hand streift das Rohr nur im Fallen, aber mit der rechten finde ich Halt. Mein Schwung wird entweder das Rohr aus der Wand reißen oder meine Schulter auskugeln. Jetzt habe ich es mit beiden Händen gepackt. Meine Hüfte knallt gegen die Backsteinmauer, aber ich klammere mich fest.
Während ich mich rutschend nach unten hangele, höre ich näher kommendes Sirenengeheul. Als meine Füße den weichen Boden berühren, fahre ich herum und stolpere ein Dutzend Schritte vorwärts, bevor ich über ein Beet strauchele und flach auf der Nase lande.
Alle Fenster auf der Rückseite des Hauses sind erleuchtet. Mit tränenden Augen und rauschenden Ohren fühle ich mich an eine Fete zu Uni-Zeiten erinnert. Die ultimative Semesterabschluss-Party.
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Zwei
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