Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
es ein Café für LKW-Fahrer. Forbes wählt einen Tisch und bestellt Kaffee und eine Flasche Wasser.
In der nächsten Stunde nimmt er mein Privatleben, meine Freundinnen und Bekannten unter die Lupe. Ich antworte immer das Gleiche. Ich habe keine Ahnung, wie mein Name und meine Adresse auf einem Zettel gelandet sind, der in die Kleider von Hasan Khan genäht wurde.
»Ist es meine Hautfarbe?«, frage ich irgendwann.
Für einen Moment verliert er die Contenance. »Warum sagen die Leute das immer ? Warum spielen sie die Rassenkarte aus? Jedes Mal, wenn jemand aus einer ethnischen Minderheit vernommen wird, kommt das garantiert irgendwann. Dies hier hat nichts mit Ihrer Hautfarbe oder Ihrem Geburtsort zu tun. Ihr Name und Ihre Adresse waren in die Kleider eines toten Jungen eingenäht. Eines illegalen Einwanderers. Das allein macht Sie für uns interessant.«
Ich wünschte, ich könnte meine Frage zurücknehmen.
Er zieht eine halbvolle Schachtel aus der Tasche und zählt die
restlichen Zigaretten, als würde er sie sich einteilen. »Haben Sie eine Ahnung, wie rege Menschenhandel inzwischen ist?« Er steckt die Zigarettenschachtel wieder ein und klickt mit der Zunge, als wollte er sich selbst ermahnen.
»Im vergangenen Jahr wurden 40000 Menschen nach Westeuropa geschmuggelt. Die italienische Mafia, die Russen, die Albaner, die japanische Yakuza, die chinesischen Schlangenköpfe – alle sind sie beteiligt. Unterhalb der Ebene der großen Syndikate gibt es Tausende kleinerer selbstständiger Banden, die mit nicht viel mehr als ein paar Mobiltelefonen, einem Schnellboot und einem Transit-Van operieren. Sie korrumpieren den Grenzschutz, Politiker, Polizisten und Zollbeamte. Sie sind Abschaum, der sich von Abschaum nährt und Profit aus menschlichem Leid schlägt. Ich hasse sie. Aus tiefstem Herzen.«
Er sieht mir fest in die Augen. Wieder macht er dieses Geräusch mit der Zunge. Mir fällt plötzlich ein, woran es mich erinnert – an Road Runner. Wile E. Coyote hat immer versucht, diesen arroganten, piependen Vogel mit allen möglichen lächerlichen Sprengladungen und Fallen zu erwischen. Und ich wollte, dass der Kojote wenigstens einmal gewinnt. Ich wünschte mir, dass die 100-Pfund-Hantel, das Bündel Dynamitstangen oder die Steinschleuder funktionierten, damit er dem hageren Vogel den Hals umdrehen konnte.
Wie auf Stichwort piepst Forbes’ Funkrufempfänger zwei Mal. Er führt das Telefonat auf der anderen Seite des Cafés. Irgendetwas muss dabei besprochen worden sein, denn als er zurückkommt, ist sein Verhalten verändert.
»Es tut mir leid, dass ich Sie so lange aufgehalten habe, Detective Constable Barba.«
»Das heißt, ich kann gehen?«
»Ja, selbstverständlich, aber es ist schon sehr spät. Wir haben eine Unterkunft in der Stadt arrangiert. Der Pub sieht recht nett aus. Ich kann Sie morgen früh nach London zurückbringen lassen.«
Er zupft nervös an den Ärmeln seiner Jacke, als hätte er Angst, sie könnten schrumpfen. Ich frage mich, wer angerufen hat. Sikh-Mädchen haben keine hochgestellten Freunde.
Der Pub ist gemütlich und »rustikal«, obwohl ich mir nie ganz sicher war, was »rustikal« eigentlich bedeutet. Das angrenzende Restaurant hat niedrige Decken, Fischernetze hängen von den Balken, und über der Bar ist eine Harpune an die Wand montiert.
Forbes lädt mich zum Essen ein. »Ich bin zwar Detective Inspector, aber das ist kein Befehl«, sagt er in dem Versuch, charmant zu sein.
Ich rieche die Düfte aus der Küche. Mein Magen knurrt. Vielleicht kann ich noch ein wenig mehr über Hasan Khan in Erfahrung bringen.
Forbes entledigt sich seiner grauen Jacke, streckt die Beine unter dem Tisch aus und macht ein großes Theater um die Bestellung und Verkostung des Weines.
»Der ist sehr gut«, bemerkt er und hält das Glas gegen das Licht. »Sind Sie sicher, dass Sie nicht einen kleinen Schluck probieren wollen?« Ohne meine Antwort abzuwarten, gießt er sich sein Glas noch einmal voll.
Ich nenne ihn Mr. Forbes und Sir. Er sagt, ich solle Robert zu ihm sagen. Er nennt mich Alisha, auch ohne dass ich es ihm erlaube. Er fragt, ob ich verheiratet sei.
»Das wissen Sie doch schon.«
» Ja, natürlich.«
Er hat nordische Augen, und seine untere Zahnreihe ist schief, aber er hat ein angenehmes Lächeln und lacht gerne. Das Klicken scheint zu verschwinden, wenn er sich entspannt. Vielleicht ist es ein nervöser Tick wie Stottern.
»Und was ist mit Ihrer Familie?«, fragt er. »Wann ist
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