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Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Titel: Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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leicht verärgert über meine Pedanterie.
    Sie will die Frage gerade verneinen, als ihr etwas einfällt. »Er
hatte ein blaues Taschentuch. Er hat es wie ein Zauberkünstler in seiner Faust verschwinden lassen.«
    Wie hat er Zala gefunden? Niemand außer den Nonnen wusste, dass sie in dem Konvent war. Schwester Vogel hätte sie nie verraten. De Walletjes ist ein kleines Viertel. Und wie hat die Anwältin neulich zu mir gesagt: »In den Wänden finden sich Mäuse, und die Mäuse haben Ohren.«
    Mrs. Caspar hört sich geduldig meine Vermutungen über die Geschehnisse an. Zala betrifft sie nicht. Auf ihrer Agenda stehen vierhundert Asylbewerber.
    »Was wird jetzt mit Samira geschehen?«, frage ich.
    »Sie wird nach Afghanistan zurückgeschickt werden, was meiner Ansicht nach auf jeden Fall besser ist, als Yanus zu heiraten. «
    »Er wird sie nicht heiraten.«
    » Nein.«
    »Er wird sie finden und ihr ihre Babys wegnehmen.«
    Sie zuckt die Achseln. Wie kann sie diesen Ausgang unbekümmert hinnehmen? Sie lehnt sich an die Fensterbank und blickt auf den Hof hinab, wo Tauben an dem Stamm eines einzelnen Baumes picken.
    »Manche Menschen sind zum Leiden geboren«, sagt sie nachdenklich. »Für sie hört es nie auf, keine Sekunde lang. Schauen Sie sich die Palästinenser an. Oder die Afghanen und Sudanesen, Äthiopier und Bangladescher. Krieg, Hunger, Dürre, Überschwemmungen, das Leiden hört nie auf. Sie sind dafür geschaffen – es erhält sie am Leben. Wir im Westen möchten gern glauben, dass es anders sein könnte; dass wir diese Länder und Leute verändern können, weil wir uns dann besser fühlen, wenn wir unsere Kinder wohlgenährt in ihre warmen Betten bringen, uns anschließend ein Glas Wein eingießen und auf CNN die Tragödien der anderen verfolgen.«
    Sie starrt auf ihre Hände, als würde sie sie verachten. »Solange wir nicht wahrhaftig begriffen haben, wie es ist, in ihrer
Haut zu stecken, sollten wir Menschen wie Samira nicht verurteilen. Sie versucht das zu retten, was ihr geblieben ist.«
    In ihrer Stimme schwingt noch etwas anderes mit. Resignation. Fatalismus. Warum gibt sie so bereitwillig auf? In diesem Moment begreife ich, dass es etwas gibt, was sie mir nicht erzählt. Entweder bringt sie es nicht über sich, oder Spijker hat es ihr verboten. Aber mit ihrem natürlichen Sinn für Ehrlichkeit und Gerechtigkeit wird sie mir nicht ins Gesicht lügen.
    »Was ist mit Samira geschehen?«
    »Sie ist gestern Abend aus dem Abschiebungszentrum am Flughafen Schiphol verschwunden.«

8
    Es gibt eine wissenschaftliche Theorie, die sich Unschärferelation nennt und besagt, dass es unmöglich ist, etwas genau zu beobachten, ohne es dabei zu verändern. Ich habe nicht nur beobachtet. Indem ich Samira gefunden habe, habe ich den Lauf der Ereignisse beeinflusst.
    Auf der Taxifahrt ins Polizeipräsidium balle ich die Fäuste, bis sich meine Fingernägel in die weiche Haut meiner Hand graben. Ich will schreien. Ich habe Spijker gewarnt, dass genau das passieren würde. Ich habe ihm gesagt, dass Samira fliehen oder Yanus sie finden würde.
    Ich erwarte nicht, dass er mich empfängt. Er wird sich hinter seinem Arbeitspensum und dem Vorwand verstecken, dass ich schon genug seiner Zeit verschwendet hätte. Wieder warte ich in der Halle. Aber diesmal lässt er mich nach oben kommen. Vielleicht hat er doch ein Gewissen.
    Die Flure sind mit grauem Teppich ausgelegt und von Topfpalmen gesäumt. Das Ganze erinnert mehr an eine Handelsbank als an eine Polizeistation.

    Spijker trägt keine Jacke und hat die Hemdsärmel hochgekrempelt. Die Haare auf seinen Unterarmen haben die gleiche Farbe wie seine Sommersprossen. Die Tür fällt zu. Sein Jackett hängt an einem Bügel an der Innenseite.
    »Wie lange wollen Sie noch in Amsterdam bleiben?«, fragt er.
    »Warum, Sir?«
    »Ihr Aufenthalt dauert schon länger als allgemein üblich. Die meisten Besucher sind nur für ein oder zwei Tage hier.«
    »Raten Sie mir abzureisen?«
    »Dazu bin ich nicht befugt.« Er dreht sich mit seinem Drehstuhl und blickt aus dem Fenster. Aus seinem Büro blickt man nach Osten auf den Theaterbezirk und die neugotischen Türme des Rijksmuseum. Auf der Fensterbank reihen sich winzige Kakteen in bemalten Tontöpfen. Das ist sein Garten – fleischig, knollig und stachelig. Und im Laufe der Jahre ist er seinen Pflanzen immer ähnlicher geworden.
    Auf der Taxifahrt habe ich eine Rede vorbereitet und meiner schlechten Laune Luft gemacht, bis der Taxifahrer

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