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Todeskind: Thriller (German Edition)

Todeskind: Thriller (German Edition)

Titel: Todeskind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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Knasterfahrung musste Mitch seinem Stiefvater danken, aber wahrscheinlich gebührte auch seinem alten Zellengenossen, Crazy Earl, ein wenig Dank. Earl war überzeugt gewesen, dass die Wachen in den Lüftungen Kameras installiert hatten, so dass sie die Insassen rund um die Uhr bespitzeln konnten.
    Wochenlang hatte Mitch versucht, Earl klarzumachen, dass die Wachen keine versteckten Kameras brauchten – wo immer man hinsah, blickten ganz offen installierte Kameralinsen auf sie herab! Aber Crazy Earl ließ sich nicht von seiner Meinung abbringen. Ja, er hatte wirklich nicht alle Tassen im Schrank.
    Später, als die guten Menschen von der Gefängnisdirektion es ihm ermöglichten, eine Ausbildung zum Heizungsinstallateur zu machen, fiel ihm wieder Crazy Earl ein, und er fragte sich, ob es wirklich machbar war. Zuerst hatten seine Überlegungen rein sexuelle Beweggründe: Nach Monaten erzwungener Enthaltsamkeit hatte er Lust, wenigstens aus zweiter Hand ein bisschen prickelnde Action zu erleben, doch dann machte er sich klar, dass er zu engstirnig dachte. Andere Leute auszuspionieren konnte auch kommerziell lukrativ sein.
    Und das war es gewesen.
    Mitch probierte es zunächst in dem kleinen Haus, das er in Miami gemietet hatte. Während der Monate, die er dort lebte, experimentierte er mit Kameras verschiedener Hersteller – nicht alle funktionierten gleich gut – und übte das Einsetzen in die Lüftungen. Zu dicht am Gitter, und man würde die Kamera sehen. Zu tief verborgen, und die Abdeckung behinderte die Übertragung. Er trainierte so lange, bis er eine Kamera in unter fünf Sekunden plazieren konnte.
    Und als er nach Maryland zurückkehrte, war er so weit, dass er seine neu erworbenen Fähigkeiten in der Wirklichkeit erproben wollte.
    Sein erstes Opfer? Natürlich sein Stiefvater. In seinen Augen hatte das etwas von nahezu poetischer Gerechtigkeit, immerhin hatte der alte Herr ihn ins Gefängnis wandern lassen. Und wenn der Mann die Kamera entdeckte – na und? Sollte er etwa zur Polizei gehen?
    Das Gerät einzusetzen war lächerlich einfach gewesen. In der Nacht, in der er seinen Stiefbruder betrunken gemacht hatte, um ihm den Zugangscode für seine Passwortdatei abzunehmen, hatte er außerdem seinen Hausschlüssel genommen und ein Duplikat angefertigt. Die Alarmanlage auszuschalten war nicht wesentlich schwieriger gewesen. Mutt hatte den Zugangscode plus Kontonummer und alle anderen Passwörter in ein und derselben iPhone-App gespeichert.
    Mitch brauchte also nur zu warten, bis Mutt und sein Daddy an einem Wochenende zu irgendeiner öden Messe fuhren, um in aller Seelenruhe seine Kamera zu installieren. Schwieriger war es gewesen, die Geduld aufzubringen, bis sein Stiefvater endlich seinen Safe öffnete. Er hatte erwartet, dass der Alte es jeden Tag tat, doch dann musste er sich tatsächlich ganze drei Wochen gedulden.
    Aber letztlich hatte es sich gelohnt. Mitch war davon ausgegangen, Schuldscheine zu finden, vielleicht ein paar Wertpapiere und etwas Bargeld. Und das hatte er auch. Aber noch besser war der braune Umschlag gewesen, auf dem die Buchstaben D.E. standen.
    Die Initialen hatten ihn förmlich angesprungen – er hatte nur wenige Wochen zuvor das Tagebuch seiner Mutter gefunden und erfahren, welche Frau es gewesen war, die seiner Mutter so gründlich das Herz gebrochen hatte, dass sie sich nie wieder davon erholt hatte: D.E.
    Daphne Elkhart. Mitch war versucht gewesen, den Umschlag sofort aufzureißen, aber er hatte sich beherrscht, bis er zu Hause gewesen war. Und was er gefunden hatte, kam einer Goldmine gleich, einer Schatzkammer voller Einzelheiten aus Daphnes Leben.
    Irgendwie war es verdammt unheimlich. Dass sein Vater besessen war, offenbarte sich im Detail. In der Masse der Details. Mitch wusste nun alles, was es über Daphne zu wissen gab, vom Geburtstag über die Sozialversicherungsnummer bis hin zur Unterwäschegröße. Die Aufzeichnungen hörten ungefähr zur Zeit ihrer Scheidung auf, aber das war nicht weiter schlimm. Das Wichtigste – das Kindheitstrauma, das ihr auf ewig Angst vor unterirdischen Räumlichkeiten und vier kleinen Worten eingepflanzt hatte – war in aller Ausführlichkeit dokumentiert.
    Mit etwas altmodischem Einfallsreichtum, ein bisschen Knasthandwerk und Google fand Mitch im Wald von West Virginia Wilson Beckett und seine Hütte. Und alles, was darunterlag.
    Und weil Mitch seine Hausaufgaben gründlich gemacht hatte, war es ein Kinderspiel, Becketts Vertrauen

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