Todeskind: Thriller (German Edition)
Und ich will dir nicht mit der Plattitüde kommen, dass du dir keine Sorgen um dein Kind machen musst. Die machen wir uns alle. Aber atmen ist wichtig. Wir hatten ein solches Gespräch vor acht Jahren, und wir hatten ein solches Gespräch in deiner Kindheit jedes Mal, wenn du etwas Schlimmes geträumt hast. Wenn wir uns also bei diesem Thema heute auf Joseph konzentrieren, was würde dir deine Angst nehmen?«
Weise Taktik, dachte Daphne. Aber so war Maggie schon immer gewesen. »Wenn ich es hinter mir hätte. Am liebsten würde ich mir die Perücke runterreißen und splitterfasernackt vor ihm auf und ab stolzieren, nur damit ich es hinter mir habe. Dann kann er gehen und ich zu meinem Leben in der wahren Welt zurückkehren.«
»Du glaubst also, dass ihm nicht gefallen wird, was er sieht?«
»Ich glaube, dass er es wollen würde. Und er wird bestimmt lieb sein.«
»Was nur bedeutet, dass du letztlich nicht wissen wirst, ob er es aufrichtig meint, wenn er behauptet, dich zu begehren.«
»Oder ob ihm nicht irgendwann eine andere über den Weg laufen wird, die er noch mehr begehrt.«
»Travis war ein Arschloch, Daphne.«
»Das weiß ich. Ich habe ihn auch nie geliebt. Aber Joseph ist kein Arschloch. Und ich glaube, dass er sich verpflichtet fühlen wird zu bleiben, wenn er sich einmal für mich entschieden hat. Genau diese Bindung wird dann dazu führen, dass er mich irgendwann nicht mehr leiden kann.«
»Du hast das alles bis ins Kleinste durchgespielt, nicht wahr?«
»Ja. Weil er mich dazu bringt, mir Dinge zu wünschen, die ich niemals haben kann.«
»Quatsch mit Soße«, verkündete Maggie. Sie stand auf und hielt Daphne ihre Hand hin. »Du hast zu viel Zeit zum Nachdenken, Kind. Müßiggang zahlt sich nie aus.« Als Daphne sich nicht rührte, zerrte Maggie sie auf die Füße. »Los, zieh dir deine Stallklamotten an. Wir müssen die Tiere füttern.« Sie stieß einen Pfiff aus. »Tasha.«
Der Hund sprang um eine Ecke und kam schlitternd vor Maggie zum Sitzen. Die ältere Frau bedachte Daphne mit einem ungeduldigen Blick. »Komm schon.«
»Ich kann nicht in den Stall«, protestierte Daphne. »Ich habe Leibwächter. Und Arbeit.« Ein lautes Poltern auf der Treppe ließ beide herumfahren. Daphne riss verdattert die Augen auf. »Kate?«
Coppola sprang die letzten beiden Stufen herunter, drehte sich um die eigene Achse und präsentierte sich mit ausgebreiteten Armen. »Na, sehe ich nicht pferdemäßig aus?«
»Das tun Sie wirklich.« Und es pikte sie ein wenig. Meine Sachen stehen ihr besser als mir. Daphne stand auf und trat näher. »Sind das meine Jeans?«
»Ich habe sie ihr gegeben«, erklärte Maggie, was übersetzt bedeutete: Platz, Mädchen. Sie war nicht an deinem Schrank. »Genau wie die Stiefel.«
»Die Stiefel sind etwas eng, aber die Hose hat am Hintern ordentlich Platz.« Coppola zog unschuldig eine Braue hoch. »Und ich kann Falten schlagen.« Sie nahm die Jeans am Oberschenkel zwischen zwei Finger und kniff, um zu zeigen, wie locker das Material saß.
Daphne lachte. »Miststück«, sagte sie herzlich.
Coppola grinste. »So bleibt viel Platz für meine Waffen.«
»Macht es Ihnen wirklich nichts aus, zur Farm rüberzufahren?«
»Keinesfalls. Hector und ich bleiben in Ihrer Nähe. Jetzt gehen Sie sich umziehen.«
»Und wer bleibt bei meiner Mutter?«
»Paige ist unterwegs«, sagte Maggie. »Sie wird in fünf Minuten hier sein, also spute dich.«
»Bin schon weg.«
16. Kapitel
Hunt Valley, Maryland
Mittwoch, 4. Dezember, 7.20 Uhr
Es war mehr eine Ranch als eine Farm, dachte Joseph, als er auf der schmalen Landstraße an den Weiden entlangfuhr. Als er bei Daphne zu Hause angekommen war, hatte man ihn informiert, dass sie bereits unterwegs sei.
Clay hatte gesagt, die Anlage sei ein Alptraum für Sicherheitsmaßnahmen, und er hatte nicht übertrieben. Joseph zählte acht Wirtschaftsgebäude verschiedener Größe. Alle schienen in ordentlichem Zustand, in allen konnte sich ein durchgeknallter Psychopath mit Sturmgewehr verstecken. Was hatten Kate und Hector sich bloß dabei gedacht?
Als er schließlich seinen SUV vor dem größten Außengebäude parkte, war er so weit, den beiden Detectives eine Standpauke zu halten.
»Sagen Sie mal, was zum …« Er brach wieder ab, als er Hectors Miene sah. »Was ist passiert?«
»Mit ihr nichts«, sagte Hector. »Aber …« Er deutete auf die Seitenwand des Stalls.
»Oh, mein Gott«, sagte Joseph leise. Es handelte sich um eine Botschaft, die
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