Todeskind: Thriller (German Edition)
denen man in der Wildnis überleben konnte, aber er war nur süchtig nach seinem Gameboy gewesen.
Er zog Schubladen auf und suchte nach Schlüsseln, Messern, irgendwas. Aha! Schachteln mit Munition. Das könnte nützlich sein. Er holte eine nach der anderen heraus, öffnete sie, runzelte die Stirn. Leer. Alle leer.
Den Rücken der offenen Tür zugekehrt, spürte Ford, wie plötzlich der Boden schwang. Er wirbelte herum und sah den alten Mann durch die Tür taumeln. Mit beiden Händen hielt er den Stil der Axt umklammert. Eine Sekunde lang starrten sie einander an, dann fiel Ford ein, dass er das Gewehr besaß. Ohne die Augen abzuwenden, hob Ford den Lauf.
Wenigstens habe ich bei Grans Schießlektionen aufgepasst. Was ihm unter Gleichaltrigen einen erstklassigen Vorteil verschafft und ihn zur lebenden Legende bei Medal Of Honor auf der Xbox gemacht hatte.
»Wo ist das Mädchen?«, fragte Ford ruhig.
Der alte Mann zögerte, dann schüttelte er den Kopf. »Keine Ahnung, von wem du sprichst.« Aber ein Flackern in seinen Augen verriet sein Unbehagen.
Du lügst doch. »Das Mädchen, das gestern Abend bei mir war. Was hast du mit ihm gemacht?«
Das Unbehagen wurde zur Erleichterung und ging in vorgetäuschte Verwirrung über. »Da war kein Mädchen. Nur du.«
»Da war ein Mädchen. Wo ist es?«
»Du hast nicht alle Tassen im Schrank«, sagte der Alte. Zögernd trat er einen Schritt vor, dann noch einen.
Ford wich zurück, blieb dann aber stehen. »Das reicht, stopp. Ich bring dich um, wenn es sein muss.«
»Nein, tust du nicht.« Der Alte trat einen weiteren Schritt vor, und seine Zuversicht wuchs sichtlich. »Gib mir das …«
Jetzt war er nur noch einen Meter davon entfernt, den Lauf packen zu können. Tu es. Schieß schon. Ford wappnete sich gegen den Rückstoß und das ohrenbetäubende Krachen und zog den Hahn durch.
Nichts passierte. Kein Rückstoß. Kein Krachen. Ford zog den Hahn erneut durch. Nichts.
Das Ding ist gar nicht geladen. Ford hätte nicht sagen können, wer verdutzter war – er oder der Alte. Doch der fasste sich schnell und holte mit der Axt aus.
Ford sprang zur Seite. Der Mann stürmte vor und ließ die Axt hinabsausen, doch Ford stieß ihm den Gewehrschaft in die Seite und brachte ihn aus dem Gleichgewicht, dann schwang er das Gewehr am Lauf herum und schlug es ihm gegen den Schädel. Der Alte ging zu Boden. Sogleich war Ford über ihm und rammte ihm sein Knie in die Nieren. Hoffentlich tut’s weh, du Mistkerl.
Er entwand dem Mann die Axt und drückte ihm die Klinge unter den grauen Kiefer. »Wo. Ist. Das. Mädchen?«
»Ich. Weiß. Es. Nicht.«
»Du musst es wissen! Du hast mir doch mit diesem verdammten Taser in den Rücken geschossen. Sie war dabei. Was hast du ihr angetan?«
»Ich hab nicht geschossen. Ich bin nur dein Babysitter, das ist alles.«
Ford zog die Brauen zusammen. Ich bin wieder da. Hast du mich vermisst? Das war nicht derselbe Mann, der mit ihm gesprochen hatte. Die Stimme war eine andere gewesen. »Und wer ist der andere?«
»Keine Ahnung.«
Er übte mehr Druck auf die Klinge aus, bis eine feine Linie aus Blut erschien. »Mach mich nicht wütend, Kumpel. Wer ist der andere?«
Der Alte zögerte, dann fiel er in sich zusammen, als wollte er klein beigeben, was Ford ihm keinen Augenblick lang abkaufte. »Archie Leach.«
Der Name kam Ford tatsächlich bekannt vor. »Warum hat er mich gekidnappt?«
»Geld. Deine Eltern haben Kohle.«
»Wie heißt du?«
»Marion Morrison«, sagte der Alte gedehnt.
Den Namen kannte Ford. Zorn kochte in ihm auf. Arschloch. Morrison war John Waynes echter Name gewesen. Wer wusste schon, wer »Archie Leach« in Wirklichkeit war? »Wo ist ›Archie‹ jetzt?«
»In der Stadt, um das Lösegeld einzutreiben.«
»Das er dann mit dir teilt?« Fords Stimme triefte vor Sarkasmus.
»Marion« war still geworden. Er sagte nichts.
Ford lachte bitter. »Du weißt doch schon, dass jemand dein Gewehr entladen hat. Hat dein museumsreifes Telefon je funktioniert?«
Das überraschte Zucken der Schultern verriet ihm, dass es das bisher wohl tatsächlich getan hatte.
»Tja, nun tut es das nicht mehr«, sagte Ford tonlos. »Dein Partner hat dich also sitzengelassen, ohne eine Möglichkeit, dich zu verteidigen, ohne eine Verbindung nach draußen. Er holt sich die Beute und lässt dich hier vergammeln. Selbst wenn du mir das Gewehr wieder abnimmst, wird es dir nichts nützen, weil auch deine ganze Munition verschwunden ist. O ja«, setzte er
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