Todeskind: Thriller (German Edition)
gedacht, wenn er sie erst beide in seine Gewalt gebracht hätte. Doch im Augenblick hielt sich eine andere Person in einer davon auf.
Kimberly MacGregor schaute hasserfüllt auf, als er die Tür aufschloss. Er hatte sie gefesselt und geknebelt, so dass sie nicht sprechen konnte, aber ihre Augen drückten alles Wesentliche aus. Sie verabscheute ihn von Herzen. Damit konnte er leben.
Sie saß auf der Pritsche mit dem Rücken an der Wand und zitterte, obwohl sie in eine Decke gewickelt war.
»Hi, Kimberly. Wollte nur mal sehen, ob du noch lebst.« Er entfernte den Knebel, dann trat er zurück. Er hatte ihr am Abend zuvor ins Bein stechen müssen, damit sie nicht zu ihrem Wagen rennen konnte, aber sie hatte ihm ein paar anständige Tritte verpasst. »Lass es ruhig raus«, sagte er.
»Wo ist meine Schwester?«
»In Sicherheit. Im Augenblick wenigstens. Aber nah genug, dass ich bei ihr bin, bevor mein Zorn abebbt, also mach mich nicht wütend, Kim.«
In ihren Augen glomm es noch immer, aber sie beherrschte sich. »Du hast gesagt, du wolltest mit Ford reden. Nur reden!«
»Und du hast es glauben wollen, damit du rechtfertigen konntest, dass du ihn verrätst.«
Sie schluckte. »Ist er am Leben?«
»Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, war er es, ja.« Er betrachtete sie eingehend. »Wer war der Cop?«
»Weiß ich nicht.« Kim wandte den Blick ab.
Sie lügt. »Du hast gesehen, was ich gestern Abend mit dem Cop gemacht habe. Wenn du deiner Schwester ein ähnliches Schicksal ersparen willst, sagst du mir, was ich wissen will. Wer war er?«
»Ich kenne seinen Namen nicht, aber ich glaube nicht, dass er ein Cop war. Eher ein Bodyguard.«
»Ford hat einen Bodyguard engagiert?«
»Nein, seine Mutter. Sie hatte Angst um ihn. Er wusste nichts von dem Kerl.«
»Aber du?«, fragte er mit samtiger Stimme. »Und du hast mir nichts gesagt?«
»Ich wusste nichts von ihm, bis er plötzlich da war und du ihm die Elektroschocks verpasst hast. Seine Mutter muss ihn eingestellt haben, ohne Ford etwas zu sagen.«
»Du hast mich verraten«, stellte er ruhig fest. Wenn er nur einen Sekundenbruchteil langsamer gewesen wäre, wenn er nicht alles so genau vorbereitet hätte, dann wäre die Geschichte ganz anders ausgegangen.
»Das war nicht meine Absicht. Du hast mich überrascht. Ich habe Ford in diese Straße gelotst, genau wie du es wolltest.«
»Aber nur wegen deiner Schwester. Und dann hast du kalte Füße bekommen und fast alles verdorben. Du hast mich wirklich enttäuscht, Kim. Für feige hätte ich dich nicht gehalten.« Er musterte ihr Gesicht. »Aber vielleicht hattest du ja gar keine Angst. Vielleicht hast du für Ford Elkhart Gefühle entwickelt.«
Kims Wangen färbten sich dunkel. »Nein. Nicht so. Er ist … er ist einfach ein netter Bursche. Ich will nicht, dass ihm was passiert.«
»Tja, aber besser Ford als Pamela, oder? Du hast Glück, dass man mich nicht erwischt hat. Dann würde niemand wissen, wo deine kleine Schwester ist, und irgendwann bliebe ihr keine Luft mehr. Wäre doch schade.«
Als sie jetzt wieder zu ihm aufsah, stand Angst in ihren Augen. Ah. Jetzt verstehst du, wovon ich rede.
»Ich habe getan, was du wolltest. Lass Pamela gehen. Sie ist doch noch ein Kind. Sie hat niemandem etwas getan.«
Er steckte ihr den Knebel wieder in den Mund. »Haben Alter oder Unschuld jemals eine Rolle gespielt? Theoretisch hat auch Ford nichts Böses getan, außer dir zu vertrauen. Wenn du lieb bist und dich benimmst, darfst du deine Schwester nachher sehen. Wenn du mich aber noch mal ärgerst, dann reiß ich ihr die Eingeweide raus, und du guckst zu.«
Er verschloss die Tür und überprüfte den leeren Raum, der bald Daphne Montgomery gehören würde. Er hatte nicht gewusst, dass sie dieselbe Person wie Daphne Elkhart war, bis ihr Sohn irgendein schwachsinniges Springturnier gewonnen hatte und eine Meldung in der Zeitung gestanden hatte.
Daphne würde ihr neues Zuhause nicht mögen. Sie war nicht gerne in unterirdischen Räumen. Kann ich ihr nicht verübeln. Er hatte einen CD-Player an der Wand befestigt. Auf der CD befand sich größtenteils weißes Rauschen, aber in gewissen Abständen sagte eine Stimme: »Ich bin wieder da. Hast du mich vermisst?«
Dank den peniblen Aufzeichnungen seines Stiefvaters wusste Mitch ganz genau, welche Bedeutung diese Worte für sie hatten. Als er ihre Geschichte gelesen hatte, hatte er zunächst unwillkürlich Mitleid mit dem kleinen Mädchen aus den Bergen gehabt, das
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